In der letzten Zeit wurde das Thema Kohlenhydrate in der Sporternährung viel erforscht und kontrovers diskutiert.
Wie sollte die Basis-Ernährung, also die Ernährung während des normalen Trainingsalltags, eines Ausdauer-Sportlers aussehen? Lange Zeit wurde eine kohlenhydratbasierte Ernährungsweise empfohlen. Rund 60 % der aufgenommenen Kalorien sollten aus Kohlenhydraten kommen, ca. 15 % aus Eiweiß und 25 % aus Fett. Hierzu sollte man wissen, dass ein Gramm Kohlenhydrate sowie ein Gramm Eiweiß jeweils ca. 4 Kilokalorien (kcal) liefern, während es bei einem Gramm Fett ca. 9 kcal sind.
Wenn man als Beispiel eine Tageszufuhr von 3.000 kcal heranzieht, sollten also ca. 1.800 kcal aus Kohlenhydraten stammen, 450 kcal aus Eiweiß und 750 kcal aus Fett. Hierfür würde man also 450 g Kohlenhydrate, 112 g Eiweiß und 83 g Fett konsumieren.
Als Kohlenhydratquellen eignen sich in erster Linie (Vollkorn-) Getreideprodukte, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Gemüse und Obst. Der Vorteil der Vollkorn-Getreideprodukte ist, dass sie neben vielen Kohlenhydraten in Form von Stärke auch gesundheitsfördernde Ballaststoffe, Proteine und viele wichtige Vitamine und Mineralstoffe in beträchtlicher Menge liefern. Hinzu kommt bei den meisten Getreiden ein sehr geringer Fettgehalt von zumeist 1 bis 2%. Nur Haferflocken enthalten ca. 7% Fett. Zu den wertvollen Vitalstoffen zählen unter anderem Vitamin B1, Magnesium, Kalium und Eisen. Auch Kartoffeln liefern viele wichtige Mikronährstoffe; gleiches gilt für Hülsenfrüchte (Bohnen, Linsen), die einen relativ niedrigen glykämischen Index aufweisen, das heißt, dass der Blutzuckerspiegel nicht so schnell ansteigt. Außerdem enthalten sie Proteine und Kohlenhydrate in Form von Oligo-Sacchariden, die positive Effekte auf den Darm haben.
In der Basis-Kost sollte der glykämische Index eher niedrig sein, für eine lang anhaltende Sättigung und damit „Blutzuckerspitzen“, gefolgt von einem Insulin-bedingten starken Abfall desselben, vermieden werden. Somit sind die erwähnten Vollkorn-Getreideprodukte als Lieferanten der komplexen Kohlenhydrate, also Stärkelieferanten in Verbindung mit weiteren wichtigen Nährstoffen, gut geeignet. Gering ausgemahlene Getreideprodukte, sogenannte Weißmehlprodukte, sollten hingegen eher kurz vor einem Wettkampf oder auch kurz vor dem Training als leicht verdauliche Kohlenhydratquelle gewählt werden. Die meisten süß schmeckenden Lebensmittel enthalten hingegen Mono- und Disaccharide, wie Haushalts- oder Traubenzucker, die sehr schnell verdaut werden und somit schnell als Energiequelle zur Verfügung stehen; wonach der Blutzuckerspiegel jedoch auch wieder rasch absinkt. Beim Obst handelt es sich hierbei allerdings um empfehlenswerte Lebensmittel, die neben dem fruchteigenen Zucker viele wertvolle Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe wie beispielsweise Polyphenole liefern, die erwiesener Maßen gesundheitsfördernde Effekte haben. Außerdem haben Obst und Gemüse zumeist einen basischen Effekt auf den Organismus, nachdem die Fruchtsäuren zusammen mit dem enthaltenen Kalium verstoffwechselt wurden. Hingegen haben viele Süßigkeiten und Limonaden einen acidierenden, also Säure-lastigen Effekt auf den Organismus, was negative Auswirkungen unter anderem auf das Bindegewebe haben kann. Außerdem enthalten diese Lebensmittel häufig sehr wenig Vitamine und Mineralstoffe. Sie sollten also nur in geringen Maßen konsumiert werden.
Die Haupt-Eiweißquellen in der Nahrung sind Milchprodukte, Eier, Soja-Produkte, Hülsenfrüchte sowie Fisch und Fleisch. Letzteres hat zumeist ebenso wie die Süßigkeiten einen Säure-lastigen Effekt; außerdem ist das Fettsäure-Muster im Fleisch aus ernährungsphysiologischer Sicht suboptimal. Andererseits stellt rotes Fleisch die qualitativ beste Eisenquelle in der Nahrung dar. Empfehlenswert ist hier also ein moderater Verzehr. Gute Fettquellen sind in erster Linie Avocado, Oliven, Nüsse und hochwertige Pflanzenöle wie beispielsweise aus Raps oder Oliven, sowie fetter Seefisch (Thunfisch, Makrele, Lachs, Aal oder Hering). So ist eine Versorgung mit den essenziellen Omega-6- sowie Omega-3-Fettsäuren gewährleistet. Die im fetten Seefisch vorkommenden Omega-3-Fettsäuren Eicosa-Pentaensäure und Docosa-Hexaensäure können übrigens auch im Körper aus Linolensäure, welche reichlich in Nüssen vorkommt, hergestellt werden. Bei den Milchprodukten sollten hingegen eher die fettärmeren Varianten bevorzugt werden, damit die gesamte Fettaufnahme nicht zu hoch ist.
Die Kenianer beispielsweise, aus deren Reihen bekanntlich die besten Langstreckenläufer der Welt stammen, ernähren sich zumeist sehr kohlenhydratlastig. Laut Untersuchungen in einem Trainingscamp in Kenia werden hier ca. 75 % der Kalorien aus Kohlenhydraten aufgenommen. Die Kenianer essen sehr viel Ugali (Maisbrei); des Weiteren Chapati (Fladen) und Bohnen, sowie anderes Gemüse, vitaminreiches Obst und nur wenig Fleisch. Außerdem trinken sie Chai, den Tee, der mit Wasser und Milch aufgezogen und mit viel Zucker gesüßt wird. Von manchen Leuten wird diese Ernährungsweise als einer der Gründe für die guten Laufleistungen der Kenianer genannt; schließlich haben sie fast immer gut gefüllte Glykogenspeicher, die ein Training auf hohem Niveau ermöglichen.
Andere Stimmen hingegen sehen bei den Kenianern im Bereich der Ernährung noch ein gewisses Potenzial. So empfiehlt beispielsweise der Nährstoffexperte Dr. Wolfgang Feil eine deutlich kohlenhydratärmere Basiskost. So sollten nicht nur zuckerreiche Lebensmittel, sondern auch die stärkereichen Getreideprodukte nur in Maßen konsumiert werden. In erster Linie sollten Weizenprodukte gemieden werden, da durch die enthaltenen Lektine Entzündungsreaktionen hervorgerufen würden. Manche Studien zeigten, dass eine kohlenhydratarme Ernährung im Vergleich zu einer fettarmen Ernährung zu weniger Entzündungsreaktionen im Körper führen, vor allem in der Regenerationsphase (Miles et al, 2010; Forsythe et al, 2008). Die Mitochondrien-Neubildung, die für die aerobe Ausdauerleistungsfähigkeit wichtig ist, sei durch Kohlenhydrate gestört, was ebenfalls für die Empfehlung einer geringen Kohlenhydratzufuhr unmittelbar nach dem Training spricht. So sollen laut Dr. Feil in den ersten zwei Stunden nach (extensivem) Training möglichst keine Kohlenhydrate, sondern eher ein reines Eiweiß-Getränk zugeführt werden.
Dr. Feil empfiehlt das Konzept „train low – compete high“. Dies bezieht sich auf die Glykogenspeicher. Die Athleten sollten mit niedrig gefüllten Speichern trainieren und sie erst in den letzten 3 bis 5 Tagen vor dem Ausdauer-Wettkampf richtig auffüllen. Durch Training mit wenig Kohlenhydraten kann die oxidative Kapazität verbessert werden (Cochran et al, 2010). Nur beim intensiven Tempotraining sollten kohlenhydratreiche Snacks verzehrt werden, damit diese auf dem gewünschten Niveau durchgeführt werden können. Ansonsten solle man wenig Nudeln, Brot etc. essen und stattdessen auf gute Fett- und Eiweiß-Quellen in jeder Mahlzeit setzen. So soll auf effiziente Art und Weise der Fettstoffwechsel trainiert werden und der Körper wird an Belastungen mit wenig „Brennstoff“ gewöhnt. Nach einer fettreichen Kost werden deutlich mehr Fettsäuren zur Energiebereitstellung herangezogen (Van Proeyen et al, 2011). Der deutsche Rekordhalter im Marathon Arne Gabius beispielsweise ernährt sich speziell in der Marathon-Vorbereitung kohlenhydratarm und hatte nun bereits zweimal großen Erfolg damit.
Ob nun eher „high carb“ oder „low carb“ – einige Empfehlungen sind für die Basis-Ernährung von Ausdauersportlern unbestritten. So sollte auf eine ausreichende Kalorienzufuhr geachtet werden. Schließlich benötigt der Athlet für das tägliche Training und den restlichen Alltag genügend Energie. Ein gewisses Mindestmaß an Kohlenhydraten sollte verzehrt werden. Bei niedriger Kohlenhydratzufuhr sollte unbedingt auf eine adäquate Zufuhr mit Eiweiß bzw. Aminosäuren geachtet werden, damit nicht zu viel Muskelprotein zur Energiegewinnung abgebaut wird. Um die glucoseabhängigen Gewebe und Organe zu versorgen, erfolgt in der Leber die Gluconeogenese, also die Neubildung von Glucose, vorwiegend aus Aminosäuren, die unter anderem aus dem Muskeleiweiß stammen. Außerdem besteht nach besonders langen, intensiven oder ungewohnten Trainingsbelastungen ein erhöhter Proteinbedarf, der zeitnah gedeckt werden sollte. Nach intensiven Belastungen möglichst in Kombination mit Kohlenhydraten, während nach weniger intensiven Belastungen die Kohlenhydrate zu Gunsten der Mitochondrien-Neugebildung weggelassen werden können (siehe oben).
Es sollten generell frische und nicht zu stark verarbeitete Lebensmittel vorgezogen werden. So ist die Kartoffel ein sehr gesundes Lebensmittel, während Pommes Frites wegen des Frittierfettes und den gebildeten Trans-Fettsäuren nicht empfehlenswert sind. Des Weiteren sollten Nahrungsmittel mit wichtigen sekundären Pflanzenstoffen täglich konsumiert werden. So empfiehlt Dr. Feil viele frische Gewürze wie Ingwer, Chili oder Zimt. Letzteres soll zu einem konstanteren Blutzuckerspiegel beitragen. Außerdem sollten Trockenfrüchte, Nüsse, Magerquark und dunkle Schokolade (ab 70 % Kakao-Anteil) regelmäßig verzehrt werden, während beispielsweise Nuss-Nougat-Creme, die große Mengen an gehärtetem Palmfett und Zucker enthält, nur in geringen Maßen konsumiert werden sollte.
Wichtig ist zudem die individuelle Magenverträglichkeit. So dauert die Fettverdauung generell länger als die Kohlenhydratverdauung, sadass es manchen Läufern schwer fallen dürfte, vor dem Training auf eine Fett-Eiweiß-Kost zu setzen. Um den Fettstoffwechsel effektiv zu trainieren, kann auch morgens nüchtern oder eventuell nur mit einem leicht gesüßten Kaffe oder Tee trainiert werden. Dies bringt nachweislich positive Effekte für den Fettstoffwechsel, auch wenn die generelle Ernährung kohlenhydratbetont ist (Van Proeyen et al, 2010). Wenn den restlichen Tag über ausreichend Kalorien zugeführt werden, dann spricht nichts dagegen. So sollte jeder Sportler unter Berücksichtigung einiger allgemeiner Tipps seine eigenen Erfahrungen machen und die für sich geeignete Ernährungsweise finden.
Quellen:
http://www.dr-feil.com/lebensmittel/schokolade-gesund.html
http://www.dr-feil.com/sport/kohlenhydratarme-ernahrung-macht-schnell.html
http://www.germanroadraces.de/24-0-35942-kohlenhydrate-die-schnelle-energie-dr.html
Van Proeyen, K., K. Szlufcik, et al. (2011). „Beneficial metabolic adaptations due to endurance exercise training in the fasted state.“ Journal of Applied Physiology 110(1): 236-245.
Van Proeyen K, Szlufcik K, Nielens H, Deldicque L, Van Dyck R, Ramaekers M, Hespel P: „High fat diet overrules the effects of training on fiber-specific intramyocellular lipid utilization during exercise.“ J Appl Physiol (1985) 2011 Jul;111(1):108-16. doi: 10.1152/japplphysiol.01459.2010. Epub 2011 May 5.
Cochran, A. J. R., J. P. Little, et al. (2010). „Carbohydrate feeding during recovery alters the skeletal muscle metabolic response to repeated sessions of high-intensity interval exercise in humans.“ Journal of Applied Physiology 108(3): 628-636.
Helge JW: „Long-term fat diet adaptation effects on performance, training capacity, and fat utilization.“ Med Sci Sports Exerc 2002 Sep;34(9):1499-504.
Depner CM, RD Kirwan, SJ Frederickson, and MP Miles. „Enhanced inflammation with high carbohydrate intake during recovery from eccentric exercise.“ European Journal of Applied Physiology, 109:1067-1076, 2010.