Nachdem im letzten Ernährungsbeitrag an dieser Stelle auf die Vor-Wettkampf- und Wettkampfernährung eingegangen wurde, wird nun die Ernährung direkt nach Wettkämpfen und harten Trainingseinheiten unter die Lupe genommen. Was gilt es hierbei zu beachten und welche Nährstoffe sind besonders wichtig, um die Regeneration optimal einzuleiten?
Während eines Ausdauer-Wettkampfs werden viele Kalorien verbrannt, vor allem in Form von Kohlenhydraten und Fettsäuren. Darüber hinaus wird auch immer ein kleiner Teil an Aminosäuren, also Eiweiß-Bausteinen, zur Energie-Gewinnung herangezogen. Außerdem kommt es insbesondere beim Laufen zu Strukturschäden in der Muskulatur, es werden also Muskel-Proteine zerstört. Schließlich gehen über den Schweiß neben Flüssigkeit auch mehrere Mineralstoffe wie Natrium, Calcium und Magnesium verloren. Auch Eisen wird über den Schweiß ausgeschieden, darüber hinaus kann es durch den immer wiederkehrenden Aufprall zu leichten Magen-Darm-Blutungen sowie zu einer Zerstörung roter Blutkörperchen in den Füßen (sogenannte „Marsch-Hämolyse“) kommen, wodurch weiteres Eisen verloren geht. Es werden also viele Nährstoffe in beträchtlichen Mengen verstoffwechselt oder ausgeschieden, die in der Folge dem Körper wieder zugeführt werden sollten, damit die Regeneration möglichst rasch und effizient abläuft.
Kohlenhydrate und Eiweiß direkt nach dem Sport
Nachdem die Wettkampfbelastung für den Körper eine katabole (abbauende) Stoffwechsellage darstellt, ist direkt danach der Zeitraum für wiederaufbauende Prozesse im Körper. Man spricht in diesem Zusammenhang vom „anabolen Fenster“, das ca. zwei Stunden nach der intensiven Belastung andauert und das es auszunutzen gilt, um den Körper mit den nötigen Nährstoffen in ausreichender Menge zu versorgen. In dieser Zeit (vor allem in den ersten 30 Minuten nach Belastungsende) werden die Nährstoffe wie Kohlenhydrate und Proteine vermehrt und beschleunigt in die Muskulatur aufgenommen. Dass die Eiweißzufuhr für eine gute Regeneration sehr wichtig ist, wird auch von vielen Athleten subjektiv empfunden. So sagte die US-amerikanische Marathonläuferin Kara Goucher, dass sie sich, seitdem sie nach den harten Belastungen sofort einen Proteindrink konsumiert, in den folgenden Stunden und am folgenden Tag nicht mehr so sehr erschöpft fühle und die Regeneration deutlich schneller ablaufe.
Aus dem Englischsprachigen gibt es die „4-R-Regel“ zur Regeneration: rest, rehydrate, repair, refuel. Man sollte sich also ausruhen und vor allem versuchen, in den nächsten Nächten gut zu schlafen, da im Schlaf die wichtigsten Erholungsprozesse im Körper vonstatten gehen. Die weiteren drei „R“ beziehen sich auf die Ernährung direkt nach dem Wettkampf: der Sportler sollte sich rehydrieren, die Reparatur zerstörter Muskelstrukturen unterstützen sowie seine Energiespeicher wieder auffüllen, also vor allem die Glykogenspeicher. Flüssigkeit, Eiweiß und Kohlenhydrate werden also direkt nach einer sehr intensiven Ausdauerbelastung benötigt, wenn man in der Lage sein möchte, bald wieder gute Leistungen in Training und Wettkampf zu bringen. So sollte in der ersten halben Stunde nach dem Rennen möglichst zu einem Regenerationsgetränk gegriffen werden, das diesen Anforderungen gerecht wird. Das Getränk kann durch feste Nahrung wie einen Riegel oder Brot mit Käse/Ei oder auch spezielle Kuchen und Snacks ergänzt werden. Die Flüssignahrung hat jedoch den Vorteil, dass sie von den meisten Sportlern direkt nach der harten Belastung besser vertragen wird, schneller aufgenommen wird und neben der Kohlenhydrat- und Eiweißversorgung auch zur Rehydrierung beiträgt. Außerdem ist das Getränk häufig praktikabler mitzunehmen.
Empfohlen werden etwas mehr als 1 g Kohlenhydrate pro kg Körpergewicht direkt nach dem Wettkampf. So sorgt eine Menge von 1,2 g in einer Studie nach einer zweistündigen Fahrrad-Belastung für eine optimale Glykogen-Resynthese (Howarth et al, 2009). Übrigens wird laut der Autoren die Glykogensynthese durch Proteine verbessert, wenn die Kohlenhydratzufuhr geringer ausfällt. Bei einem 60 kg schweren Läufer entsprechen 1,2 g pro kg 72 g Kohlenhydrate. Dazu sollten ca. 20 g Eiweiß konsumiert werden, um die Reparatur-Prozesse in der Muskulatur effizient einzuleiten, also die Muskel-Protein-Synthese anzukurbeln. Dies entspricht einem Kohlenhydrat-Eiweiß-Verhältnis von 3:1 bis 4:1, so wie es in vielen speziell angefertigten Regenerationsgetränken vorkommt. Empfehlenswert wäre auch ein Milch- oder Sojamilchgetränk, das ca. 10% Kohlenhydrate und 3,5% Eiweiß enthält. Wenn man hiervon 300-400 ml trinkt und dazu einen kleinen kohlenhydrat- und eiweißhaltigen Snack verzehrt, sollte man auf die empfohlene Menge kommen. Manche Experten wie Dr. Wolfgang Feil empfehlen eine niedrigere Kohlenhydrat- und höhere Proteinzufuhr; so hat er mit seiner Forschungsgruppe ein Regenerationsgetränk auf den Markt gebracht, das pro 500 ml ca. 25 g Kohlenhydrate und 16 g Eiweiß liefert. Das enthaltene Protein ist hier Molkeneiweiß, was eine hohe biologische Wertigkeit hat und gut vom Körper aufgenommen wird. Allerdings gibt es Menschen, die gegen Molkeneiweiß allergisch sind. Für diese Leute und für Veganer bilden Soja- oder Reisprotein gute Alternativen. Sojaeiweiß gilt als eines der hochwertigsten pflanzlichen Proteine und auch ein spezielles Reisprotein-Getränkepulver befindet sich mittlereile auf dem Markt, das vor allem den Vorteil mit sich bringt, dass es hypoallergen ist.
Um das beschriebene „anabole Fenster“ gut auszunutzen, empfehlen sich Kohlenhydrate, mit einem hohen glykämischen Index (GI), die also schnell vom Körper aufgenommen werden. Durch die Insulinausschüttung kommt es hier nicht nur zum Blutzucker-Anstieg, sondern vor allem auch zum Wiederauffüllen der Glykogenspeicher in der Muskulatur, was ja gewünscht ist, vor allem wenn bald wieder eine hohe Leistung gebracht werden soll wie beispielsweise bei Etappenrennen oder in harten Trainingsphasen. So eignen sich beispielsweise Maltodextrin und auch Saccharose, also normaler Haushaltszucker, und sind auch häufig in Sportgetränken anzufinden. Bei der ersten größeren Mahlzeit ein bis drei Stunden nach der intensiven Belastung empfiehlt es sich, zur Basis-Ernährung mit komplexen Kohlenhydraten (mit etwas niedrigerem GI) und ausgewogenen Anteilen an Proteinen, Fett und wichtigen Mikronährstoffen überzugehen. Die Fettzufuhr direkt nach dem Wettkampf sollte eher gering gehalten werden, damit die Verdauung nicht verzögert wird und die Kohlenhydrate und Proteine somit schnell aufgenommen werden können.
Spezielle Aminosäuren und weitere Nährstoffe
Neben der Empfehlung, ausreichend Eiweiß nach dem Wettkampf oder der harten Trainingsbelastung zu sich zu nehmen, spielen einige Aminosäuren eine wichtige Rolle. So gelten Arginin, Leucin, Glutamin, Asparaginsäure und Lysin als regenerationsfördernd. Aus Arginin wird im Körper Stickstoff-Monoxid (NO) gebildet, das einen gefäßerweiternden Effekt hat und damit den Blutfluss und die Nährstoffversorgung der Muskulatur verbessert. Außerdem sorgen die eben genannten Aminosäuren für eine hormonelle Erholung, das Ermüdungsmolekül Ammoniak wird abtransportiert und die Muskelproteinsynthese wird angekurbelt. Letzteres geschieht vor allem durch die verzweigtkettige Aminosäure Leucin (Layman, 2002), die auch als Signal-Aminosäure für die Regeneration bezeichnet wird. Eine Anreicherung eines Getränks mit 6g Arginin sollte einen positiven Effekt auf die Regeneration haben.
Weitere Nährstoffe, die nach intensiven Ausdauer-Belastungen eine wichtige Rolle spielen, sind die Mineralstoffe und Spurenelemente Natrium, Magnesium, Zink, Bor und Chrom, die für sehr viele Stoffwechselprozesse sowie die Kohlenhydrateinlagerung in die Muskulatur benötigt werden. Das Regenerationsgetränk sollte also möglichst auch Natrium und Magnesium enthalten, außerdem eventuell Vitam E und Selen für das Immunsystem.
Praktische Tipps
Prinzipiell stellt sich die Frage, was am praktikabelsten ist, also was der Sportler am unkompliziertesten zum Wettkampf mitnehmen kann bzw. was vor Ort verfügbar ist. Wird eine spezielle Ernährungsweise wie vegetarisch, glutenfrei oder vegan praktiziert oder liegt eine Laktose-Unverträglichkeit vor, ist der Athlet häufig besser beraten, wenn er sich seinen Regenerationsdrink und -snack selbst mitnimmt. Neben speziell angefertigten Sportgetränken und -riegeln eignen sich wie bereits erwähnt Milch- oder Sojagetränke, eventuell dazu ein Kohlenhydrat-Eiweiß-Riegel. Oder ein reines Kohlenhydratgetränk plus ein sehr eiweißreicher Riegel. Natürlich eignet sich anstelle des Riegels auch beispielsweise eine Brezel oder ein Brötchen mit fettarmem Käse. Hiermit wird auch Natrium aufgenommen. Außerdem stellt ein eiweißreicher Kuchen, bspw. Bananen- oder anderer Obstkuchen, gebacken unter anderem mit Soja- oder Mandelmehl, Eiern und eventuell Eiweißpulver, einen adäquaten Regenerations-Snack dar, den man gut in der Sporttasche verstauen kann.
Für die erste richtige Mahlzeit, die ein bis drei Stunden nach der Belastung eingenommen werden sollte, empfiehlt sich eine gute Kohlenhydratquelle wie Kartoffeln oder (Vollkorn-) Getreide, in Kombination mit hochwertigem Eiweiß wie Käse, Ei oder Soja. Auch Hülsenfrüchte, Champignons und viele Gemüsesorten liefern nun viele wichtige Mikronährstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Walnüsse, weitere Nüsse sowie dunkle Schokolade liefern neben Vitaminen und Mineralstoffen auch gesunde Fettsäuren und sind somit weitere empfehlenswerte Lebensmittel für die erste vollwertige „After-Race“-Mahlzeit. Lasst es euch also schmecken und sammelt neue Kräfte für die nächsten Aufgaben!
Quellen:
http://www.bbcgoodfood.com/howto/guide/how-recover-after-your-run, besucht am 16.04.2016
Krista R. Howarth, Natalie A. Moreau, Stuart M. Phillips, Martin J. Gibala: Coingestion of protein with carbohydrate during recovery from endurance exercise stimulates skeletal muscle protein synthesis in humans. Journal of Applied Physiology Published 1 April 2009 Vol. 106 no. 4
http://www.runnersworld.com/nutrition-for-runners/post-run-recovery-starts-with-protein , besucht am 17.4.2016
http://www.trainingsworld.com/training/ernaehrung-sti46666/regenerieren-richtig-ernaehrung-2339496.html, besucht am 17.4.2016
http://www.laufexperten.de/laufen-mit-lex/gesundheit-und-ernaehrung/regeneration.html, besucht am 17.04.2016 (Regenerationstipps von Dr. Wolfgang Feil von Ende 2011)
Layman, D.K. (2002). Role of leucine in protein metabolism during exercise and recovery. Can. J. Appi. Physioi. 27(6): 646-662. ©2002 Canadian Society for Exercise Pbysiology.
„Lauf dich gesund“, Dr. Wolfgang Feil, Wolfgang Grandjean und Friederike Feil