Auf sein Körpergefühl hören!
…die Quintessenz vieler meiner Beiträge. Aber wie so oft halten wir etwas theoretisch fest, setzen es aber praktisch nicht um. In uns nagt nicht selten der Übereifer, der gierige Erfolgshunger, die Ungeduld. Oft müssen wir erst auf die Nase fallen, um die Stolperfalle das nächste Mal gekonnt zu überspringen.
Zuweilen manövrieren wir uns auf Umwegen, damit wir einsehen, dass Geduld nicht immer „mehr Zeit“ bedeutet. Letzten Endes kommt es auf das Gleiche hinaus. Denn wer verletzungsbedingt kürzer treten muss oder antriebslos im Übertraining vor sich hin schlürft – kurz um, über das Ziel hinaus geschossen ist -, der braucht erneut Zeit, um wieder auf die Erfolgsspur zu gelangen.
Nur wo liegt die Grenze? Zu viel? Zu wenig?
Ein schmaler Grad zwischen Ignoranz und Kämpfergeist.
Das „über den Schmerz hinweg trainieren“ kann zuweilen genau richtig sein und den notwendigen Reiz setzen, aber gleichsam auch zu viel des Guten sein und somit schlecht ausgehen.
Janine: „Probieren geht über studieren…“ Der 25-Jährigen ist ihr Körpergefühl wichtiger als die Anzeige auf der Pulsuhr.
Es ist diese gesunde Mitte aus Fordern, aber nicht Überfordern.
Nicht immer so einfach, wenn der ausschweifende Ehrgeiz einen einzureden versucht: „Da geht noch was!“
Ich kenne es von mir… lange läuft es gut, der Umfang und die Intensität wird zur Routine und man setzt immer weiter einen drauf. Der Körper wächst zwar mit jeder Herausforderung und härtet ab, allerdings laufen wir häufig Gefahr, nur noch zu funktionieren – weil es ja funktioniert.
Noch…
Manchmal überhören wir die Warnsignale des eigenen Körpers gar nicht mehr bewusst. Der Kopf hat bekanntlich die größte Überzeugungs- und Willenskraft.
Früher oder später meldet sich der Körper aber zurück. Lautstark. Mit Schmerzen!
Aber genau diese Erfahrungen helfen uns, wieder zur Mitte zurückzufinden.
„Erfahrung ist gleich Körpergefühl!“ sagt auch Sebastian Hallmann. Seit 25 Jahren hat er in irgendeiner Form mit dem Laufen zu tun – ob selbst als aktiver Läufer oder Trainer.
Man tastet sich langsam heran, läuft dabei aber manchmal trotzdem gegen die Wand. Hauptsache wir lernen daraus und verstehen, dass es da bzw. so nicht weiter geht.
Während die einen ihren inneren Schweinehund nicht abwimmeln können, bedarf es bei den anderen fast schon mehr Überwindung, einen Tag mal NICHTS zu tun. Im Training etwas kürzer zu treten. Sich die notwendigen Pausen zu gönnen, die erst voran bringen anstatt zurückzuwerfen.
Es bringt nichts, wenn man nur an seine Grenzen geht. Das weiß auch Jan Diederichsen: „Trainiert hat nicht nur der, der es danach auch merkt.“ Der 37 Jahre ist als Field Service Engineer unter der Woche in Deutschland und Europa unterwegs hat seine Laufschuhe aber immer im Handgepäck (bevor der Koffer mal nicht ankommt!)
Die wohl wichtigste Einheit bleibt die Regeneration.
Das weiß auch Thomas Sambale. Der Chemiemeister legt neben dem Ehrgeiz auch den ehrlichen Spaß an vorderste Stelle. Und auch wenn ‚Nichts tun‘ nicht immer Spaß bringt, gehört der geplante Ruhetag dazu!
„Außerdem ist dieser mental wertvoller als ein fetter Strich im Trainingsplan. Und wenn das Geschrei des Körpers zu penetrant wird, bekommt man ihn vielleicht durch die Geheimwaffe ‚Alternativ-Training‘ besänftigt. Wenn demnach Schwimmen oder Radfahren geht, kann man mit seinem Körper eine WIN-Win-Situation erreichen, ohne dass einer der beiden sein Gesicht verliert.“
Solange es aber „läuft“, verfallen wir schnell der Gutgläubigkeit. Vergessen, was wir uns während der Zwangspause geschworen haben.
Thomas: „Die Erfahrung hat gezeigt, dass es manchmal besser wäre, auch mal nachzugeben. Oft bleibt es aber beim guten alten Konjunktiv: ‚Hätte ich doch nur…‘ „
Aber dann ist es meist zu spät…
Thomas: „In der nächsten Eskalationsstufe kommt dann der Doc ins Spiel. Sein böser Blick mit unverständlichem Kopfschütteln über die Verletzung spielt dem geschundenen Körper die besseren Karten zu. Und ab dann gebe ich klein bei. Füge mich meinem Schicksal und sitze beobachtend neben mir und schaue ungeduldig der Genesung zu!“
Und da wären wir wieder bei der Notwendigkeit so mancher Trainingseinheiten, die wir uns zusätzlich aufhalsen.
Sinnlose Laufkilometer, nur für unser ‚Soll‘ im Kopf, der für unseren Körper längst ein ‚Muss‘ wurde und das ‚Dürfen‘ im Herzen vergraulte.
Fazit: Nicht jede Einheit macht Spaß und muss durchaus auch mal weh tun. Wer aber ständig gegen sein Gefühl angeht, nicht mit, sondern nur gegen seinen Körper kämpft, der geht am Ende leer aus – wortwörtlich! Denn dann sind wir ausgelaugt, ausgebrannt. Körperlich und besonders auch neuronal.
Unser Training kann nur Früchte tragen, sofern die Basis (ein gesundes Maß an Trainingsreizen, Regeneration, Ernährung) stimmt.
In diesem Sinne: Lieber auf halbem Wege umkehren, als auf dem falschen zu bleiben.