Sebastian Paddags fuhr in seiner aktiven Zeit bis zur U23 in verschiedenen Teams unter anderem mit Tony Martin, Andre Greipel oder Robert Wagner und hat deshalb wie kaum ein anderer Journalist und Blogger Einblick in die Szene und enge Verbindungen. Großes Aufsehen erregte er 2016 und 2017 im gemeinsam mit Robert Wagner verfassten Blog auf radsport-news.com während der Tour de France – Wochen. Der Blog wurde nicht nur von eingefleischten Fans, sondern auch von den Aktiven sehr wohlwollend gelesen. Schließlich entstand daraus ein Buch mit dem Titel „DNF – Dienstreise nach Frankreich“, in dem nicht nur das Universum Tour de France beschrieben wird, sondern auch gleichzeitig vom Erlös jeden Buches 5 € als Spende an das Projekt radsport.land gehen. Lest im Interview, wie er seine aktive Zeit als Rennfahrer erlebte und wie er schließlich 10 Jahre später zum Buchprojekt kam. Neben dem Bloggen verdient Sebastian seine „Brötchen“ als Sport- und Streckensprecher.
Larasch: Sebastian, zunächst vielen Dank, dass es mit dem Interview klappt und du dir hierfür Zeit genommen hast. Zeit ist auch gleich ein wunderbares Stichwort. Deine Karriere als „Renner“ liegt schon eine Weile zurück. Dennoch ist dir die Leidenschaft für den Radsport nie abhandengekommen. Wie kannst du dir das erklären?
Sebastian: Tja, rückblickend kann ich das inzwischen recht gut nachvollziehen… Als ich selbst noch „aktiv“ war, habe ich darüber niemals nachgedacht, aber inzwischen ist mir klar: Radsport ist einfach eine geile Sportart! Sie nimmt Dich entweder komplett ein und brennt sich in Dir ein, oder sie juckt Dich gar nicht. Wenn Du auf dem Rad sitzt, erlebst Du alles um Dich herum auf eine besondere Weise intensiver und natürlich auch schneller. Meistens bist Du an der frischen Luft und genießt das Draußensein, selbst wenn es anstrengend ist. Hinzu kommt, dass Du beim Radfahren meistens von Freunden und ähnlich Verrückten umgeben bist und dass Du mit dem Sport verdammt viel in der Weltgeschichte herumkommst. Ich war zu meiner aktiven Zeit in ganz Europa unterwegs und habe es sogar mal bis in die Karibik geschafft. Und egal, wo Du bist, bist Du mit anderen Radsportlern oder Rennern auf einer Ebene. Wenn Du mitten im Regenwald jemanden triffst, der genauso unterwegs ist, grüßt Du ihn oder ihr fahrt ein Stück zusammen. Das ist für mich etwas ganz Einmaliges. Hinzu kommt, dass auch die Zuschauer beim Radsport einfach sehr nah dran sind und das Gesamterlebnis noch mal intensiver machen. Und seit ich selbst bei Rennen ja nur noch an der Strecke stehe, kann ich diese Begeisterung absolut teilen. Wer einmal die Chance hat oder hatte, sich bei der Tour de France oder einem ähnlichen Ereignis unter die Massen zu mischen, der wird wissen, was den Reiz ausmacht…
Larasch: Zwischen deinem Karriereende und heute liegen bereits ein paar Jahre. Wie hast du diese Zeit verbracht? So weit ich informiert bin, war das Schreiben schon immer Thema, oder?
Sebastian: Nachdem ich 2006 meine Radkarriere beendet hatte, stand für mich die Frage im Raum, wie es nun weitergehen soll. Eigentlich wollte ich studieren, wusste aber noch nicht genau, was es werden sollte, da die vorangegangenen 12 Jahre im Radsport mich nicht in all zu viele Bereiche haben blicken lassen. Auf der anderen Seite fand ich die Option, sich noch etwas die Welt anzuschauen, auch sehr reizvoll… Denn im Sport war ich zwar viel unterwegs, hatte aber nicht die Zeit, Dinge abseits der Rennstrecke kennenzulernen. Wichtig war für mich nur, dass es mich unbedingt weiterbringt…
Durch einen Freund kam ich dann rein zufällig auf das Thema „Arbeiten an Bord eines Kreuzfahrtschiffes“ und mir wurde klar, dass das vielleicht eine gute Mischung aus Lebenserfahrung, Horizonterweiterung und Reisen sein könnte. Gesagt, getan… 2 Monate nach meinem „Karriereende“ ging ich an Bord und aus einem ursprünglich geplanten halben Jahr bis Jahr wurden am Ende dreieinhalb Jahre auf den Weltmeeren und vor allem an Land. Mein Job war es, mit den Gästen geführte Radtouren in den einzelnen Destinationen durchzuführen und dabei als Reiseleiter, Motivator, Geschichtenerzähler und Bikeguide für alles rund um die Touren zuständig zu sein. Insgesamt sah ich auf diese Weise 35 Länder und war in rund 90 Häfen dieser Welt zugegen. Von Norwegen bis zur Karibik – von der Stadtrundfahrt in Rom bis zum Dschungelabenteuer am Panamakanal war so ziemlich alles dabei… Dass der Job wahnsinnig spaßig und interessant war, muss ich sicherlich nicht extra erklären 🙂
Nach der sehr intensiven Zeit an Bord habe ich dann ein duales Studium absolviert. „BWL – Dienstleistungsmanagement“ bzw. „Sportmanagement und Eventmarketing“ war der Titel. Den praktischen Teil des Studiums absolvierte ich innerhalb einer Fitnessstudiokette im Management, wo ich bis vor kurzem noch arbeitete.
Innerhalb der Studienzeit habe ich dann die ersten Erfahrungen als Streckensprecher sammeln können und im Laufe der Zeit das Thema immer weiter ausgebaut.
Larasch: Du bist selbst bis zur U23 gefahren, hast aber den Sprung zum Profi nicht geschafft. Was waren rückblickend die Gründe dafür und gibt es Dinge die du heute anders machen würdest? Bereust du eventuell Entscheidungen von damals, auch solche, die nichts Direktes mit dir zu tun haben?
Sebastian: Darüber habe ich tatsächlich damals und auch später noch viel nachgedacht. Grundlegend kann man sicher sagen: Wäre ich besser gewesen, hätte ich einen Vertrag bei einem Profiteam bekommen und hätte nicht aufgehört… Aber hätte hätte Fahrradkette… dafür kann man sich ja nichts kaufen. Ich habe nach der Saison 2006 aufgehört und wer sich erinnert, der wird wissen, dass das das „böse“ Jahr mit Dr. Fuentes usw. war. Alle Pro-Teams hatten damals mit den Auswirkungen zu kämpfen und es war sicherlich auch eines der am wenigsten optimalen Jahre, um danach U23-Profi zu werden. Viele Sponsoren sprangen ab, viele Fahrer brauchten neue Teams und standen auf der Straße… Wenn man es also rational betrachtet, standen in dem Jahr einfach auch weniger Plätze für junge Rennfahrer zur Verfügung und da hat es möglicherweise Typen wie mich erwischt. Ich war gut, aber eben leider nicht überragend und auch wenn da hin und wieder sogar Pech mit hineinspielte, so war auch das unterm Strich egal, denn da zählen eben die Ergebnisse. Und wenn Du keine hast, haste keine. Punkt. Alternativ hätte ich natürlich auch in einem kleinen Team der 3. Kategorie oder so weiterfahren können, aber das wollte ich nicht. Ich wollte gerne weiterkommen und nicht irgendwo drittklassig festhängen. Und die Gefahr, nicht noch einmal den Sprung nach oben zu schaffen, war definitiv da. Wenn Du nach der U23 noch 3 Jahre für ein paar Euro weiterfährst und dann spät doch aufhörst, hast Du aus meiner Sicht einfach gar nichts gekonnt – so hart wie das vielleicht auch klingt. Glücklicherweise haben bei mir schon immer alle gesagt, dass ich neben schnellen Beinen auch noch „ein bisschen was in der Birne“ hätte und so habe ich mich dann eben entschieden, mein Rad nach der Saison an den Nagel zu hängen – auch wenn das echt eine sehr schwere Entscheidung war. Ich kann mich erinnern, dass ich nach meinem allerletzten Rennen (DM Berg) bitterlich geweint habe. Sehr emotional war das für mich nach 12 Jahren! Rückblickend bereue ich aus heutiger Sicht aber nichts. Alles was danach kam, war ebenfalls toll und spannend und am Ende hatte es immer etwas mit den Jahren als Rennfahrer zu tun. Das einzige, was ich vielleicht mit heutigem Blick anders machen würde, wären ein paar Sachen hinsichtlich der Ernährung und im Training. Allerdings
hatte ich damals einfach noch zu wenig Wissen, was das anging… Und ob es dann besser gewesen wäre, weiß man ja auch nicht.
Larasch: Du hast es bereits angesprochen, dass „böse“ Jahr oder auch ein weiteres Jahr der Enthüllungen. Wie waren die Reaktionen unter euch jungen Fahren?
Sebastian: Die Reaktionen unter uns Jungs waren recht eindeutig: sehr geschockt und auch enttäuscht. Immerhin bröckelte mit dem ganzen Thema ein Stück unserer Zukunft weg… aber auch ein Teil unserer Idole und Motivation wurden marode.
Larasch: Hattest du vorher schon eine gewisse „Skepsis“ zu manchen Leistungen bei den Profis entwickelt, oder warst du als angehender „Jungprofi“ mit über 25.000 Kilometer Jahrespensum in einer Art Tunnel und hast die Geschichten abseits des Sports nicht verfolgt?
Sebastian: Naja – doch… teilweise haben wir uns schon gefragt, was bei einigen Jungs so abgeht. Wie Du richtig sagst – ich bin alleine in meiner letzten Saison 27000 Kilometer Rad gefahren. Und wenn Du da irgendwo in Spanien bei einer zweitklassigen Rundfahrt am Start stehst und der Typ im gelben Trikot schon so komisch aussieht und dich später mit Nasenatmung am Berg stehen lässt… dann wird es schwierig, an alles zu glauben, was unter „normal“ läuft. ABER auf der anderen Seite kannst Du eben auch nicht jedes Mal, wenn Du abgehangen wirst, denken „Na, der ist doch nicht sauber unterwegs!“… Dann kommst Du ganz schnell dahin, dass alles schlecht ist. Und dass es auch ohne Beschiss geht, hat man ja selber auch oft genug miterlebt. Ob nun persönlich oder im Team – und aus diesen Erlebnissen zieht man eben seine Motivation.
Larasch: Hättest du gedacht, dass du irgendwann ein Buch zur Tour veröffentlichst? Wie bist du auf die Buchidee gekommen und das ganze mit der Spende für den Nachwuchs zu verknüpfen? Welche Zielstellung habt ihr euch beim Verkauf gestellt?
Sebastian: Das mit dem Buch hätte ich damals nicht gedacht – obwohl ich früher (da gab es noch kein Facebook oder Ähnliches) eine recht witzige Homepage mit dem Namen „www.paddi-mit-i.de“ hatte. Da haben immer schon alle gesagt, dass ich ein gewisses Talent zum Schreiben hätte… Allerdings habe ich nach dem Radsport mit der Schreiberei recht lange aufgehört und dann immer nur mal sporadisch irgendwas geschrieben. Mit meinem Job bei der Tour de France 2016 kam dann die Idee, die Erlebnisse vielleicht doch mal tagesaktuell zu bloggen und das ganze Thema kam in Fahrt. Da ich tatsächlich sehr viel erlebte, erfreute sich der Blog sehr großer Beliebtheit und im Nachgang kamen dann verschiedene Leute und meinten, dass man daraus eigentlich ein Buch machen müsse… Es dauerte dann etliche Monate und irgendwie haben wir es dann tatsächlich in die Tat umgesetzt. Mein (Radsport-)Kumpel Jan von den „Lieblingsdruckern“ aus Berlin hat mich mit seiner Firma wahnsinnig großartig
unterstützt und am Ende kam ein sehr schönes Buch dabei heraus. Da wir das alles natürlich ohne einen Verlag bewerkstelligt haben, war die Idee, das ganze Thema durch einen Mehrwert noch interessanter zu machen. Und da Henning Bommel, der Initiator der „radsport.land“-Kampagne, einer meiner engsten Freunde ist, lag es sehr nahe, dass wir das miteinander verknüpfen. Am Ende verdient man mit einem solchen Buch ja kein Geld – und darum ging es auch nicht. Mir ging es primär darum, mit dem Buch ein wenig Bekanntheit in der Szene zu bekommen und das Thema Radsport (speziell im Jahr des Tourstarts in Düsseldorf) auch noch mal aus meiner Sicht zu beleuchten. Unsere Auflage liegt bei knapp 600 Exemplaren und wenn wir die alle verkauft bekämen, wären das knapp 3000€ für den Radsportnachwuchs. Ein paar Bücher haben wir noch…
Larasch: Durch den Verkauf des Buches fließt ein Betrag von 5 € dem Nachwuchs zu. Wo siehst du gegenwärtig die größte Schwäche in der Nachwuchsarbeit? Welche direkten Auswirkungen hat die viel diskutierte Leistungssportreform auf die jungen Radsportler und Radsportlerinnen?
Sebastian: Wenn ich diese Frage in 3 Sätzen beantworten könnte, hätten wir wahrscheinlich die Lösung… Es ist einfach in der heutigen Zeit insgesamt schwieriger geworden, überhaupt die Kids für eine so tolle Sportart wie den Radsport zu begeistern. Da spielte natürlich die Dopingproblematik der letzten Jahre eine Rolle, aber auch das riesige Alternativangebot auf dem „Freizeitmarkt“. Es gibt dermaßen viele Möglichkeiten, die Du heute als junger Mensch hast… da haben es generell verschiedene Sportarten schwer. Hinzu kommt, dass Du heute eben auch gewisse Sportarten und Wettkämpfe ausüben kannst, ohne überhaupt in einem Sportverein sein zu müssen oder eine Lizenz zu besitzen. Das Thema „Jedermann- Veranstaltung“ wäre dabei zu nennen. Der Radsport stellt natürlich insgesamt auch noch einmal finanziell recht hohe Ansprüche an Eltern, Vereine und die Kids. Du musst zu Wettkämpfen fahren, Du brauchst Material und auch für das Training ist neben Zeit auch Betreuung gefragt. Am Ende ist vieles vom lieben Geld abhängig und davon ist offensichtlich nicht immer genügend vorhanden. Private Investoren finde ich daher definitiv nicht falsch. Unterm Strich funktioniert das doch in anderen Sportarten auch.
Larasch: Hast du Ideen odere Vorschläge, wie eine erfolgreiche Nachwuchsarbeit in Deutschland gestaltet sein kann?
Sebastian: Es muss die Attraktivität des Sports und auch des Engagements in diesem Bereich einfach wieder größer werden. Auch das Thema Würdigung ist enrom wichtig. Das alles könnte schon ganz einfach damit beginnen, dass sich die Berichterstattung in den großen Medien inhaltlich wieder mehr der Schönheit des Sports zuwendet und dass sie vor allem stattfindet. Wenn man im Fußball auch Spielen aus kleineren Ligen eine Reportage widmen kann – wieso dann nicht auch z.B. im Radsport? Ich habe kein Problem damit, dass es in unserer Medienlandschaft viel Fußball gibt – aber ich finde es bedauerlich, dass andere Sportarten dabei komplett hinten runterfallen.
Larasch: Du berichtest in deinem sehr toll und amüsant geschriebenen Blog auch in kleinen Videos von Radsportereignissen. Siehst du darin eine passende Alternative zu der vergleichsweise recht einseitigen Berichterstattung der „klassischen“ Medien? Was fehlt die hier am meisten?
Sebastian: Ja, klar – genau darum mache ich das. Ich versuche zu zeigen, dass die Sportler und der Sport Spaß machen und will Begeisterung wecken. Das bloße Berichten über Fakten und Ergebnisse ist natürlich essentiell – aber das machen schon mehr als genug Formate. Auch fällt mir immer wieder auf, dass zu wenig erklärt wird. Wenn die Zuschauer gar nicht verstehen, worum es überhaupt geht, dann kannst Du sie auch nicht mit Deinem Bericht abholen… Es gab beispielsweise in diesem Jahr eine TV-Talkshow, bei der Tony Martin und Marcel Kittel eingeladen waren. Alleine der Fakt, dass die beiden da waren, ist schon mal super. Aber: Dass dann auf die Aussage der Jungs, dass die Tour de France knapp 3000 Kilometer lang ist, aber die ernstgemeinte Frage von der Moderatorenseite kommt, ob die Jungs das am Stück fahren oder auch mal schlafen, zeigt doch, dass da irgendwas nicht hinhaut…
Larasch: Wie gefiel dir die diesjährige Berichterstattung der Tour bei Eurosport? Hier hat sich in den letzten 2 Jahren einiges an neuen Formaten entwickelt.
Sebastian: Das geht definitiv schon mal in die richtige Richtung und es ist schön, dass sich da sehr viel bewegt! Auch die Quantität der Berichterstattung ist toll! Allerdings ist es sicherlich auch sehr schwer für Eurosport, da sie für alle senden und somit nicht den Fokus auf beispielsweise die deutschen Rennfahrer legen können, wie das zum Beispiel in Belgien oder Frankreich passiert.
Larasch: Neben dem Schreiben moderierst du auch verschiedene Events. Was macht dir hier besonders Spaß? Worin liegt für dich jeweils der Reiz des Mediums?
Sebastian: Ich mag beides – allerdings ist es beim Sprechen natürlich noch mal cooler, weil Du von den Zuhörern / Zuschauern ein sehr direktes Feedback bekommst und merkst, ob das, was Du da von Dir gibst, auch ankommt. Beim Schreiben kannst Du auch mal länger überlegen – mit dem Mikro in der Hand geht das nicht… Es hat also
beides seine Reize. Es ist schön, dass man ja auch beides machen kann 🙂
Larasch: Von der diesjährigen Tour haben du und dein guter Freund Robert Wagner den Blog ähnlich erfolgreich betrieben wie im letzten Jahr auch. Wie lief im Hintergrund das Prozedere, bis ein solcher Beitrag fertig war?
Sebastian: Der Blog in diesem Jahr war sogar noch erfolgreicher als im letzten Jahr, weil es ja quasi Wagi´s Tourblog war. Und er war ja live im Rennen dabei… Wir haben jeden Abend telefoniert und dann den Tag ausgewertet – auch wenn das teilweise erst spät abends war, da Wagi natürlich seinen Tagesablauf hatte…
rennen… Essen… Massage… Presse… Essen… und dann noch ich… Und dann gab es eben immer meine Nachtschicht, damit der Tag am nächsten Morgen fertig war. Ich war also nach 3 Wochen auch verdammt froh, dass das Thema dann rum war 🙂
Larasch: Ein prägendes Ereignis dieser Tour war der Ausschluss von Peter Sagan. Den Verlauf des Zielsprintes hast du sehr treffend und schön im Blog beschrieben. Als Ex-Sprinter hast du sicher auch eine klare Meinung dazu. Wie sieht diese aus?
Sebastian: Die sollen nicht jammern. Klar ist es sehr unschön, wenn einer oder mehrere Fahrer stürzen und erst recht in einer solchen Situation. Ich habe für mich sofort gesagt, dass Sagan das nicht bewusst gemacht hat. Dass am Ende auch die meisten Kritiker wieder zurückgerudert haben, zeigt wohl, dass da was dran ist. Der Ausschluss ist für mich also nicht gerechtfertigt und war sehr schade. Auf der anderen Seite hat das vielleicht auch dafür gesorgt, dass alle doch etwas mehr aufpassen – wobei das speziell im Finale sicherlich nicht zur Debatte steht. Es ist ja
kein Damenballett.
Larasch: Stichwort Sprint und das „richtige“ Hinterrad… Wie weiß man, an welches Hinterrad man sich hängen muss, um am Ende die Nase vorn zu haben? Ist es nur Gespür oder ausgeklügelte Taktik? Gibt es taktische Raffinessen?
Sebastian: Da kommt vieles zusammen – und vor allem Erfahrung. Ein gutes Hinterrad zu haben ist das Ziel aller, daher geht es hinter einem vermeintlichen Favoriten auch schon mal heiß zur Sache… Jeder Fahrer hat da seine eigene Art und Weise, die ihn zum Erfolg bringen soll. Am Ende zählt aber nach wie vor die alte Radsport-Weisheit: Auch das beste Hinterrad nützt Dir nichts, wenn Du nicht als erster Dein Vorderrad über den Strich schiebst 🙂
Larasch: Welche Fahrer und Fahrerinnen faszinieren dich im aktuellen Peloton am meisten?
Sebastian: Sicherlich ist Sagan jemand, an dem man nicht vorbeikommt und der auch neben der Strecke einiges zu bieten hat. Aber es gibt so viele Rennfahrer, die begeistern können. Nehmen wir beispielsweise Nikias Arndt oder auch Jasha Sütterlin – die Jungs haben wahnsinnig viel Potential! Wer mich bei der Tour dieses Jahr wirklich beeindruckt hat, war allerdings Thomas de Gendt – dass sie ihm nicht den Preis für den kämpferischsten Fahrer gegeben haben, ist für mich ein Skandal!
Larasch: Kleiner Themenwechsel. Was sind für dich deine nächsten Stationen? Wie wird der Herbst gestaltet sein bei dir?
Sebastian: Bei mir wird es ab Oktober spannend, da ich mich dann tatsächlich mit dem Thema Radport und Berichterstattung freiberuflich verselbstständige. Ich habe noch ein paar schöne Termine – unter anderem bin ich bei einer schönen Rennradkreuzfahrt im Mittelmeer dabei, bin im November beim Crossrennen in Kleinmachnow und dann im Januar beim Berliner 6-Tagerennen….
Larasch: Abschließende Frage: Hast du einen Lieblingsberg oder Strecke, die du jedem Hobbysportler dringend empfiehlst einmal zu fahren? Warum ausgerechnet diese?
Sebastian: Sollte es Euch mal nach Madeira verschlagen, fahrt unbedingt mal auf den Pico do Arieiro. Der ist mit 1818m der dritthöchste Punkt der Insel und man kommt da komplett asphaltiert nach oben. Der Ausblick haut euch um! Ansonsten kann ich die Brandenburger Landstraßen im Herbst sehr empfehlen. Ohne große Anstiege, aber mit unzählbaren Farbfacetten und einer Umgebung, die einem unweit der Hauptstadt ein angenehmes Gefühl der Ruhe gibt.
Lieber Sebastian, vielen Dank für dieses Gespräch! Wir wünschen dir weiterhin viel Erfolg und Hingabe für die Dinge, die dir wichtig sind.