Mich zog es mal wieder recht spontan zu diesem Laufevent. Wie auch schon das letzte Mal bei meiner semi-bewussten Teilnahme am KKH-Lauf entlang der Alster, bei dem die Startgebühren ebenfalls für einen guten Zweck investiert wurden. Außerdem geht #alstern immer und wenn obendrein solche Rahmenbedingungen locken, überlegt man nicht lang und meldet sich an.
Stichwort Rahmenbedingungen: Der in mehr als zehn Städten organisierte Benefizlauf setzt sich unter dem Motto „Laufen, Begegnen, Helfen“ nicht nur für hilfsbedürftige Kinder ein, sondern macht sich die Gunst einer solchen Laufveranstaltung zu Nutze und bringt die Menschen nicht nur dazu, Sport zu treiben, sondern auch zusammen.
Wer an offiziellen Läufen teilnimmt, der weiß, dass in Mitten all der anderer Teilnehmer Laufen zu einem gemeinsamen Erlebnis wird – obwohl es ja als Individualsport gilt.
Egal wer, egal woher, egal wie alt und trainiert – sie alle finden sich an der Startlinie ein und laufen los.
Ich hatte mich im Vorwege nicht groß über die Veranstaltung geschweige denn den Veranstalter informiert. Als ich mich am Sonntag kurz nach 11 Uhr dem Start-Ziel-Bereich an der Alster näherte (Auguststraße, Höhe ‚Schöne Aussicht‘) und meine Startunterlagen sicherte, fiel mir auf, dass jeder, der im offiziellen Charity Walk & Run-Laufshirt die Stellung hielt, ein junger Ausländer war. Der Mann am Mikro, der uns über den ganzen (Vor-)mittag begleitete, klärte mich dann auf:
„Veranstalter des Benefizlauf ist die Jugendorganisation der Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland KdöR (AMJ).“
Er betonte während seiner Ansprachen immer wieder, worum es ihnen bei dem Lauf ging: Menschen in Bewegung zu bringen und den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu fördern. Zu zeigen, dass man sich fern ab jeglicher Gewalt für ein ein menschliches Miteinander stark macht.
Selten habe ich eine so gut organisierte Veranstaltung miterleben dürfen. Besonders überrascht war ich über das warme Essen, was im Ziel auf mich wartete. Die Riegel, Bananen und Iso-Drinks kann man irgendwann sowieso nicht mehr sehen und gerade etwas Warmes kann nach einem anstrengenden Wettkampf wirklich wohltuend sein. Für mich war das zwar sehr ungewohnt, aber ein solches Angebot wollte ich einfach dankend annehmen.
Allerdings brauche ich nach Zieleinlauf immer zuerst einen Moment, um überhaupt etwas zu mir nehmen zu können. Bis der Puls sich wieder beruhigt, das Rest-Adrenalin verflüchtigt und besonders das Blut aus den Beinen wieder in alle Körperteile zurück findet, bekomme ich erst einmal nur Wasser runter.
Besonders mein Magen-Darm-Trakt braucht seine Zeit, um aus dem Standby-Modus wieder online zu gehen. Während des Laufens hält er sich unbeteiligt zurück und lässt die Beine machen. Bedeutet aber auch, dass sobald die Anspannung abfällt und sich eine zufriedene Entspannung breit macht, beginnt der Darm zu nörgeln und ist mit der Situation ein wenig überfordert. Es braucht also seine Zeit, bis sich schließlich auch meine gastrointestinalen Verwinkelungen sortiert haben.
Das ungewohnt warme Essen tat schließlich aber überraschend gut und gefühlt wanderten die Kohlenhydrate aus dem Reis (entweder mit vegetarischer oder Fleisch bestückter Beilage) direkt in die entleerten Speicher.
Während wir also auf die Siegerehrung warteten (ich konnte erneut einen Sieg erlaufen und mir sogar den zweiten Platz unter den Männern sichern → meine Zielzeit: 28:09min), saßen meine Mutter und ich auf der Bank, schauten auf die Alster und löffelten das warme Reisgericht.
So konnte ich den großen Schritt aufs Treppchen auch Kräftemäßig wieder bewältigen und glücklich den Pokal entgegen nehmen, der gefühlt doppelt so groß war wie ich.
Pünktlich nach der Siegerehrung gönnte sich auch die Sonne ihre Mittagspause und das plötzlich eintreffende Gewitter übernahm das Schlusswort.
Dabei wollte ich eigentlich das Auslaufen auf einen Spaziergang mit meiner Mutter entlang der Alster vertrösten. Bis zu nächsten U-Bahn-Station waren es schon noch ein paar Meter. Genauer gesagt knappe 2,5 Kilometer bis ‚Mundsburg‘ oder gut vier Kilometer bis ‚Jungfernstieg‘.
Ein Blick in den Himmel ließ aber vermuten, dass die Wolken langsam wegziehen. Der mutwillige Entschluss, doch nicht Richtung Mundsburg abzubiegen, führte uns letztlich allerdings direkt unter die sich entladene Wolke.
Auch der Abstand zwischen den sichtbaren Blitzen und das dröhnende Donnern wurde immer kürzer. Am Wasser unter Bäumen hatten wir da nicht den sichersten Weg gewählt, allerdings war es der einzige und schnellste Richtung Jungfernstieg.
Ungewollt stieg das Adrenalin wieder an und die Beine nahmen erneut Tempo auf. Das kam für den Magen-Darm-Trakt heute das zweite Mal unerwartet. Alles war mittlerweile in einem angenehmen Snooze-Modus angekommen und wurden plötzlich aufs Neue gestresst. Aus dem wohlig warmen Gefühl wurde Unwohlsein und am liebsten hätte ich mich einfach auf den Boden gelegt und die Glieder nach allen Seiten ausgestreckt. Meine Mutter schraubte die Pace aber nicht sonderlich runter und wir hetzten weiter Richtung U-Bahn.
Nach gut 40 Minuten fanden wir uns sicher unter der Überdachung im Hauptbahnhof ein. Der war augenscheinlich dann doch näher als die U-Station am Jungfernstieg. Meine Garmin zeigte mittlerweile 18km an.
Die, die mich kennen, wissen, dass das durchaus nichts Überraschendes ist, aber am Wettkampftag muss das selbst bei der rasenden Reporterin nicht sein.
Da wären wir auch bei der einzigen Sache, die ich kritisieren würde: Der Start-Ziel-Bereich war leider schwer zu erreichen und führte zwangsläufig zu einigen Extra-Schritten.
Am Ende war ich nur froh, mich auf die Sitze in der Bahn fallen zu lassen. Auch das ist für mich eher untypisch, denn normalerweise ziehe ich mich stehend in die hinterste Ecke des Wagons zurück, schalte um mich herum alles aus und schreibe bereits an einem nächsten Artikel.
Dieses Mal genoss ich aber einfach nur vor mich hin bzw. aus dem Fenster zu schauen. Ich setzte die Kopfhörer auf und folgte den Regentropfen, die sich passend zum Rhythmus der Musik ihren Weg entlang der Fensterscheibe suchten.