Noch hat sie es noch nicht ganz geschafft, die 24jährige Anaïs Sabrié (LAV Stadtwerke Tübingen). Den Streckenrekord beim Tübinger Nikolauslauf brachte sie zwar ins Wanken, aber gefallen ist er nicht. Gerold Knisel, Gesamtleiter des Nikolauslaufes, brachte jedoch zum Ausdruck, was Anaïs im zarten Alter von 24 Jahren bereits gelungen ist – sie ist zu den ganz Großen des Nikolauslaufes aufgestiegen und hat mit vier Gesamtsiegen den Tübinger Olympiasieger Dieter Baumann (seines Zeichens auch Streckenrekordhalter) eingeholt. Die Medizinstudentin legte nicht nur einen Start-Ziel-Sieg hin, der ihr einen unangefochtenen Triumph in 1:20:15 h bescherte und hatte damit beinahe sechs Minuten Vorsprung vor der Zweitplatzierten, Stefanie Kuhnert (VfL Pfullingen; 1:26:01 h). Tabea Haug von Intersport Räpple Running komplettierte das Podium bei den Damen in 1:27:04 h.
Die Französin konnte dem knapp verpassten Streckenrekord aber durchaus etwas Positives abgewinnen: „Lieber 15 Sekunden drüber, als nur eine!“ Auch zu den diesjährigen Gegebenheiten fand sie die passenden Worte, so habe sie „das erste Mal nicht gefroren beim Nikolauslauf“ und hinsichtlich der von ihr gewählten Taktik merkte sie an, sie habe „mal was riskiert“ und sei „schnell losgelaufen, ich dachte, ich probier es einfach mal“. Ausgezahlt hat es sich, auch wenn sie zum Schluss nichts mehr zuzusetzen hatte und den vierten Sieg zwar problemlos unter Dach und Fach brachte, aber den Angriff auf den Streckenrekord von Sabrina Mockenhaupt noch um ein weiteres Jahr verschieben muss.
Auch die Triathletin Stefanie Kuhnert, die sich vorwiegend auf der Mitteldistanz tummelt, war äußerst zufrieden mit sich und erst recht mit dem zweiten Platz. „Damit hätte ich nicht gerechnet, dass eine 1:26 h für Platz zwei reicht, das ist schon cool.“ 2019 plant sie die Teilnahme an einem Ironman, doch die gelegentliche Teilnahme an Laufwettbewerben, speziell im Herbst und Winter, wenn es keine Triathlonwettbewerbe gibt, steht weiterhin auf ihrer Agenda.
Auch Tabea Haug, immer noch Mitglied beim Post-SV Tübingen und quasi zurückgekehrt zur früheren (Lauf)Wirkungsstätte, war angesichts des dritten Platzes bei ihrer Nikolauslaufpremiere sehr angetan. „Das ist natürlich schon echt schön, hier gleich auf dem Treppchen zu landen. Die Strecke kenne ich ja von Trainingsläufen und wusste genau, was mich da erwartet.“
Das verhielt sich beim Sieger Thorben Dietz (Intersport Räpple Running) etwas anders. Er hatte nur vom Hörensagen Kenntnis von den Schwierigkeiten der Tübinger Strecke. Im Trainingslager war es, als die Rede auf Laufveranstaltungen kam, die in keiner Läufervita fehlen dürfen. „Dieses Jahr hat es einfach auch reingepasst, und da habe ich mir gesagt: „Warum nicht?“ Es war echt ein cooler Tag und hat unheimlich Spaß gemacht, hier zu laufen.“
Bei Kilometer neun war es ungefähr, als er sich vom späteren Zweitplatzierten Daniel Noll und dem Dritten Lorenz Baum lösen konnte und einen ungefährdeten Sieg in 1:10:36 h herauslief. Noll (TSV Glems run2gether), bereits mehrfach in den vergangenen Jahren mit vorderen Platzierungen in Tübingen in Erscheinung getreten, kam mit genau einer Minute Rückstand auf Platz zwei ins Ziel nahe der Geschwister-Scholl-Schule. Noll hatte sich aufgrund seiner Erfahrungen beim Nikolauslauf vorgenommen, in der ersten, neun Kilometer langen Runde, etwas schonender mit seinen Kräften umzugehen. „Das ist immer ein Lauf auf Messers Schneide hier“, offenbarte er Einblicke in seine Gedanken. „Deshalb bin ich im Vergleich zu sonst vorsichtiger angegangen, um in der zweiten Runde noch etwas zusetzen zu können. Das hat auch gut geklappt, nur gegen Thorben war echt kein Kraut gewachsen.“ Ganz ähnlich erging es Lorenz Baum, dem schnellsten der LAV-Läufer. Noch bei Kilometer zehn gemeinsam mit Daniel Noll auf Platz zwei gelegen, musste er diesen ziehen lassen und konstatierte hinterher nüchtern: „Nach dem Bergabstück wusste ich schon, dass ich maximal Dritter werden kann, ich kam heute nicht so gut die Berge hoch.“ Zufrieden war er aber dennoch, seine Saison war schließlich bereits mit dem in 2:21 Stunden absolvierten Frankfurt-Marathon eine wahrlich erfolgreiche.
Erfolgreich, das könnte auch das Prädikat für den Nikolauslauf als solchen gelten. „Einzigartige 21“, wie es auf den wieder für alle Teilnehmer ausgegebenen Laufshirts rückseitig aufgedruckt war, trifft den Kern der Veranstaltung aber auch ziemlich genau. Gut 3000 Startplätze wurden vergeben, wie immer war der Nikolauslauf nach wenigen Tagen ausgebucht. Letztlich gingen beinahe 2700 Sportlerinnen und Sportler an den Start und in der Ergebnisliste sind 2627 Eintragungen. Stolze Zahlen, genauso wie die auf der Seite der Organisation. Ein vielköpfiges Helfer- und Ärzteteam (allein 32 Helfer des DRK waren neben sieben Streckenärzten im Einsatz, hatten glücklicherweise aber keine ernsthaften Verletzungen zu beklagen) sorgte für einen reibungslosen Ablauf. Angesichts der milden Temperaturen um die acht Grad mit leichtem Regen, etwas böig auffrischendem Wind konnte durchaus von guten Laufbedingungen gesprochen werden. Winterlich war es jedenfalls nicht, und doch tat das der Atmosphäre keinerlei Abbruch. Diverse kostümierte Nikoläuse auf und neben der Strecke, Stimmungspunkte mit Musik und Anfeuerung am Heuberger Tor und einigen anderen Stellen sowie unermüdlich anfeuernde Streckenposten sind nur ein paar der Merkmale, die in Tübingen so wohltuend ins Auge (und ins Ohr) stechen.
Außer den Sportlern konnten sich auch die Vertreter des „Naturpark Schönbuch“ freuen. Im Rahmen der Pressekonferenz übergab ihnen Gerold Knisel einen Scheck in Höhe von 2.200 Euro, der alleine durch zusätzlich zum Startgeld gespendete Beträge der Teilnehmer zustande kam. Das zeigt, dass die Sportlerinnen und Sportler nicht nur die Strecke, Organisation und Atmosphäre zu schätzen wissen, sondern auch das Naturerlebnis, das der Lauf im Naturpark Schönbuch aller Teilnehmerflut zum Trotz nach wie vor bietet.
Link zur Veranstaltung und zu den Ergebnissen: www.nikolauslauf-tuebingen.de
1