Nachdem wir in den vergangenen Tagen mit dem ehemaligen DLV-Präsidenten Dr. Clemens Prokop ein Fazit seiner 17-jährigen Amtszeit an der Spitze des DLV gezogen haben, schauen wir heute noch einmal explizit auf seine Arbeit im Anti-Doping-Kampf. Gleichzeitig möchten wir wieder in die Zukunft schauen und diskutieren, wie die Reise weiter geht und welche Rolle der Sport dabei spielt – Stichwort Glaubwürdigkeit, Sportförderung, duale Karriere.
Wir teilen das Motto: Alles geben, nichts nehmen! Aber wo fängt die Kontrolle an und wo trifft die Selbstüberzeugung auf Grenzen?
LaRaSch: Auf welche Erfolge blicken Sie im Anti-Doping-Kampf zurück? Was wurde konkret um- und durchgesetzt?
Dr. Clemens Prokop: Die Dopingbekämpfung wurde neu strukturiert, indem die Kontrollen und Verfolgung von Verstößen auf die NADA – und damit auf eine externe Organisation – übertragen wurden und das Deutsche Sportschiedsgericht eingerichtet wurde, das als unabhängiges Gericht die Sanktionierung vornimmt. Außerdem wurden die Kontrollmöglichkeiten von Sport und NADA durch das Anti-Doping-Gesetz erweitert, weil hierdurch nun auch stattliche Ermittlungsorgane in den Kampf gegen Doping eingebunden werden.
LaRaSch: Wie muss in Zukunft weiter vorgegangen werden? Stichwort Anonyme Befragungen, vermehrte Kontrollen im Training (aktuell 1500 im Jahr) und Wettkampf. Welche Chancen hat der Sport, sich aus der Dopingfalle zu befreien?
Dr. Clemens Prokop: Die nun drängendste Aufgabe ist die Schaffung international vergleichbarer Rahmenbedingungen, weil ansonsten die Glaubwürdigkeit der sportlichen Leistungen fehlt. Hier sind jetzt die internationalen Organisationen des Sports gefordert.
LaRaSch: Wie möchten Sie selbst in Zukunft weiterhin in dem Thema mitwirken?
Dr. Clemens Prokop: Ich werde mich zumindest an der Diskussion beteiligen.
LaRaSch: Alles geben, nichts nehmen und dafür auf den internationalen Vergleich verzichten? In Qualifikationswettkämpfen müssen oft harte Normen erfüllt werden, die an internationalen Leistungen gemessen sind. Diese aber müssten zuweilen erst Rechenschaft ablegen. Trotzdem hält der DLV in Absprache mit dem DOSB an hohen nationalen Normen fest – wo ist die faire und zumutbare Mitte?
Dr. Clemens Prokop: Zunächst werden die Qualifikationsnormen von dem jeweiligen Verband festgelegt, der die jeweilige internationale Meisterschaften ausrichtet. Bei Olympischen Spielen wurde in manchen Disziplinen über diese Normen hinausgegangen, weil nach Vorgabe des DOSB zumindest Finalchancen bestehen müssen und dabei alle Sportarten gleich bewertet werden sollen.
LaRaSch: Sie selbst kritisieren schließlich die Fixierung auf Medaillen. Welche Chancen bleiben dem Sport aus dieser gesellschaftlichen Schleife herauszutreten?
Dr. Clemens Prokop: Indem wir die sportliche Leistung an sich würdigen. Ein hohes Maß an Verantwortung tragen hier die Medien, die sehr rasch schon bei medaillenlosen Platzierungen von Enttäuschungen sprechen und die öffentliche Meinung hiermit sehr stark prägen.
LaRaSch: Wie schaffen wir es, dass sich die Athleten nicht entmutigen lassen (insbesondere auch der Nachwuchs) und ehrliche Leistungen entsprechend honoriert bzw. die verdiente Wertschätzung erhalten? Stichwort Sportförderung/duale Karriere, Medienpräsenz. Sie selbst sprechen sich dafür aus, dass auf keinem Sportler der existenzielle Druck des sportlichen Erfolgs lasten sollte. Wie sehen hier konkret die Bemühungen aus?
Dr. Clemens Prokop: Wir fördern die duale Karriere, d.h., wir wollen, dass Athleten nicht existentiell vom sportlichen Erfolg abhängig sind, sondern mit der beruflichen Qualifizierung ein zweites Standbein für das Leben haben.
LaRaSch: Wie sie selbst sagen, steckt der Sport in einer Glaubwürdigkeitskrise. Was wären die wesentlichen Punkte, die passieren müssten, um die verloren gegangene Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen?
Dr. Clemens Prokop: Konsequente und glaubwürdige Bekämpfung von Doping und Korruption.
LaRaSch: Welchen Sport wünschen Sie sich und welchen halten Sie für realistisch?
Dr. Clemens Prokop: Ich wünsche mir einen Sport, der sich nicht als Unterhaltung, sondern als Kulturgut versteht und der Fehlentwicklungen wie Doping glaubwürdig bekämpft.
LaRaSch: Welcher Spitzensport wollen wir und brauchen wir eigentlich? Muss es weiter um Höchstleistungen gehen oder zukünftig Spaß an der Bewegung mit Gleichgesinnten? Ist das Motto Citius, altius, fortius auch zukünftig noch sinnvoll?
Dr. Clemens Prokop: Leistungssport ist der Traum seine Leistungsgrenzen zu verschieben, er kann Vorbild für eine ideale Leistungsgesellschaft sein. Insofern brauchen wir einen Leistungssport, der Vorbild ist für eine auf Chancengleichheit und fairen Wettbewerb beruhende Gesellschaft.
Wir bedanken uns bei Ihnen, Herrn Dr. Clemens Prokop für Ihre Zeit, uns beide Male Rede und Antwort zu stehen. Wir wünschen Ihnen für Ihr weiteres Mitwirken im DLV und natürlich auch persönlich alles Gute.