Nur wenige Wochen ist es her, dass Fabienne Amrhein ein ganz besonderes Marathon-Debut miterleben durfte: Ihr Freund Karsten absolvierte in Frankfurt zum ersten Mal die Königsdistanz im Langstreckenlauf mit einer respektablen Leistung. Die EM-Teilnehmerin von Berlin und Deutsche Meisterin im Marathon 2018 war nun an der Strecke unterwegs statt mittendrin im Läuferfeld und unterstützte ihren Freund trotz windiger Kälte tatkräftig auf dem Rad. Was sie dabei erlebt hat und wie es für sie selbst nun sportlich weitergeht, erzählt sie uns im Interview…
Larasch.de: Fabienne, wie ist es für Karsten gelaufen? Wie war es, den Marathon nun einmal aus der anderen Perspektive mitzuerleben?
Fabienne: Nach 35 Kilometern war ich mir nicht mehr sicher, ob ich ihn im Ziel sehe (lacht), aber er hat es geschafft. Witzigerweise war ich viel aufgeregter als bei meinem eigenen Marathondebut. Er wiederum war so locker, wie sonst nie, wenn ich laufe – scheint also auch andersrum zu funktionieren (lacht).
Was war anders im Hinblick auf Nervosität, Organisation und Verpflegung?
Ich habe versucht, an vielen Stellen des Kurses zu stehen, um Karsten und die anderen Läufer anzufeuern. Im Vorfeld hatte diesmal ich die organisatorischen Aufgaben zu erledigen: Ich habe mich um das Hotel gekümmert, geschaut, dass mein „Topathlet“ alles hat, was er braucht, habe an das Fahrrad gedacht… Da bekommt man als Athletin doch vieles abgenommen. Dennoch habe ich es genossen, so ein tolles Event einmal aus der Zuschauerperspektive zu erleben und nicht selbst permanent im Mittelpunkt zu stehen.
Hat Karsten in der Vorbereitung etwas anders gemacht als Du? Was unterscheidet euch als Wettkampftypen?
Er hat viel weniger trainiert (lacht). Man muss an einen Marathon natürlich etwas anders herangehen, wenn man neben dem Training auch noch eine ganz normale 45-Stunden-Arbeitswoche hat. Aber im Grunde war sein Training ähnlich aufgebaut: Ein langer gesteigerter Dauerlauf pro Woche von 28 bis 35 Kilometern, eine Tempoeinheit und dann noch zwei bis drei lockere Dauerläufe und ein bisschen Krafttraining.
Du hast Karsten ja mit Deinen bisher nun schon drei erfolgreich absolvierten Marathon-Rennen einiges vorausgehabt. Eigentlich ist ja er der Coach – konntest Du ihm trotzdem ein paar gute Ratschläge mit auf den Weg geben? Mit welchen Tipps hast Du ihn auf die „Reise“ geschickt?
Im Grunde war es eigentlich so wie immer: Mein Trainer Christian Stang, Karsten und ich haben immer einen intensiven Austausch über das Training und die anstehenden Wettkämpfe, der oftmals erst die optimale Lösung ermöglicht. Diesmal ging es dabei eben mehr um sein Training. Das war schon interessant, denn sonst denke ich ja irgendwie immer nur über mich nach. Jetzt musste ich mich auch mal in eine andere Person versetzen – und hatte natürlich 1000 Ratschläge (grinst).
…hat er sich diese auch zu Herzen genommen?
Zu Herzen genommen ja, aber manchmal zeigt sich doch der typische Individualsportler mit seinem ganz eigenen Kopf.
Möchtest Du Deine Erfahrungen auch an andere Athleten weitergeben? Wie kann man davon profitieren?
Meine Erfahrungen gebe ich immer sehr gerne weiter. Ich denke, das ist sehr wichtig, denn ein junger Athlet hat so viel zu lernen, da kann man immer die Hilfe und Tipps der Älteren gebrauchen. Allerdings sehe ich mich noch nicht als alten Haudegen. Meine Marathonkarriere hat auch gerade erst begonnen, da wird sich der Erfahrungsschatz in den nächsten Jahren hoffentlich noch sehr vergrößern.
Tom Gröschel hat gerade seine A-Trainerlizenz gemacht, kommt so etwas für Dich auch infrage? Bist Du ein Trainertyp?
Aktuell bin ich einfach noch zu sehr mit meiner eigenen Entwicklung und studentischen Ausbildung ausgelastet. Grundsätzlich kann ich mir das allerdings gut vorstellen, nach meiner aktiven Karriere einmal junge motivierte Nachwuchsläufer/-innen durch die Gegend zu treiben.
Nun beginnt das harte, mitunter auch zähe Wintertraining. Wo wirst Du die nächsten Monate verbringen? Zuhause, zieht es Dich so wie viele andere Athleten ins (Höhen- bzw. Klima-) Trainingslager oder hast Du andere Pläne?
Bis zur Cross-EM Anfang Dezember habe ich sicher keine Motivationsschwierigkeiten, denn dafür macht mir das Crosslaufen zu viel Spaß. Im Januar werde ich dann aber trotzdem dem Winter entfliehen und in Kenia trainieren. Es wird mein erstes Mal im Läufermekka Iten. Darauf freue ich mich sehr – und danach müssen wir einmal schauen, wie es weitergeht…
Welche Ziele steckst Du Dir für das immer näher rückende Jahr 2019? Ist die WM in Doha im Wettkampfplan berücksichtigt?
2019 möchte ich mich vor allem weiter verbessern und möglichst viele persönliche Bestzeiten laufen. Die WM in Doha werde ich nicht laufen. Zwar würde ich unheimlich gerne dort starten, denn es wäre meine WM-Premiere, allerdings wäre es im Hinblick auf die Olympiaqualifikation nicht sinnvoll.
Was steht für Dich wettkampftechnisch als Allernächstes an? Du wirst sicherlich hauptsächlich im Cross wieder angreifen, oder…?
Wie schon gesagt: ich möchte unbedingt zur Cross-EM. Mit Elena Burkard, Cathi Granz, Jana Sussman und vielleicht sogar Hanna Klein haben wir zurzeit einige Frauen, die ich im Cross sehr stark einschätze. Ich hoffe, dass wir ein tolles Team zusammenbekommen, mit dem wir in Tilburg (Austragungsort der Cross-EM, Anm. d. Red.) eine Medaille gewinnen können.
Momentan sind die Trainingsbedingungen durch den milden Spätherbst ja noch mehr als optimal. Welches Wetter magst Du persönlich am liebsten zum Trainieren?
So, wie es aktuell ist, mag ich es sehr gerne, aber ich bin eigentlich recht anpassungsfähig. Klar fällt es bei Regen und Schnee etwas schwerer, sich aufzuraffen. Aber ich liebe das Laufen, da kann mich kein Wetter daran hindern.
Bisher hattest Du bei Deinen Marathonrennen ja mit Nieselregen in Berlin 2017, regnerischer Kälte in Düsseldorf 2018 und einer Hitzeschlacht bei der diesjährigen EM schon einige „Extreme“ erlebt. Härtet das ab? Was ist Dir am leichtesten gefallen?
Das stimmt: Eigentlich hatte ich bisher noch keinen Marathon mit optimalen Wetterbedingungen. Berlin 2017 war sehr feucht, es hat die erste Stunde nur geregnet und danach genieselt. Daran, dass die Bedingungen ein Jahr später bei der EM dem exakten Gegenteil entsprachen, können sich die meisten bestimmt noch erinnern. Ich denke man muss sich einfach mit den Bedingungen arrangieren und das Beste daraus machen, aussuchen kann man es sich ja nicht. Und eines Tages kommt der perfekte Tag…
Liebe Fabienne, vielen Dank für deine Zeit und eine gelungene Vorbereitung auf die anstehende Cross-Saison, wir drücken die Daumen!