Liebe LaRaSch-Fans, jetzt gibt es einen Leckerbissen! Wir trafen Biathlon-Olympiasieger, Michael Rösch in Altenberg/Erzgebirge und können euch nun ein exklusives Interview auf die Monitore zaubern! Das heißt: Hinsetzen und genießen!
Lieber Michael, vielen Dank, dass du dich bereit erklärt hast, für LaRaSch.de Frage und Antwort zu stehen. Es ist nichts Alltägliches einen VIP des Wintersports für ein Interview zu gewinnen! Aus diesem Grund freuen wir uns umso mehr und sind stolz, unseren Lesern deine Antworten präsentieren zu können!
Larasch: Vor einigen Wochen haben wir mit Tim Tscharnke ein Interview geführt. Inwieweit beobachtest du die Langlaufszene? Schaust du dir im technischen oder auch trainingsmethodischen Bereich gelegentlich von den „Spezialisten“ etwas ab?
Michael: Auf alle Fälle!!! Ich liebe Langlauf anzuschauen! Da ich seit ein paar Jahren in Norwegen bzw. mit Norwegern trainiere, habe ich viel über Training und Planung gelernt. Da muss ich sagen: Die sind uns um vieles voraus. Aber bekanntlich führen viele Wege nach Rom ;). Mein Idol ist Petter Northug. Ich „liebe“ diesen Typ!! Er ist mein Vorbild, er ist ein echter Charakter!
Larasch: Als Wintersportfans sind wir jedes Jahr fasziniert von der Stimmung beim norwegischen Blinkfestival, das live im norwegischen Fernsehen übertragen wird. Du hast im letzten Jahr daran teilgenommen. Welche Eindrücke sind dir dabei besonders in Erinnerung geblieben? Wie ist die Stimmung speziell beim Anstiegsrennen „Lysebotn Opp“?
Michael: Ich mache beim Blinkfestival ja schon seit ein paar Jahren mit und konnte da auch schon mal gewinnen. Die Stimmung ist einzigartig! Die Fans sitzen quasi nur einen Hauch von uns Sportlern entfernt und müssen nicht einmal Eintritt bezahlen. Der Mix aus Langlauf-und Biathlonrennen über mehrere Stunden verteilt ist einzigartig. Ich liebe dieses Rennen und anhand des guten Starterfeldes ist ja auch zu sehen, dass es ein angesagtes Rennen ist! Auch die Organisation ist hervorragend!
Das Anstiegsrennen hingegen mag ich nicht, dafür bin ich zu schwer ;). Aber die Zuschauer und die Atmosphäre sind einzigartig. Da ist der Schmerz schnell vergessen. Es ist immer ein super Erlebnis und ein wahnsinnig gutes und hartes Training!!!
Larasch: Als Biathlet musst du zwei Disziplinen, das Schießen und den Skilanglauf, miteinander kombinieren. Wie ist die prozentuale Verteilung des Trainingsumfanges? Wie gestaltet sich dabei speziell das Sommertraining im Langlauf?
Michael: Der Aufwand für das Ausdauertraining ist deutlich höher. Es ist nicht so einfach, das Training gut zu kombinieren, denn beide Disziplinen sind enorm wichtig. Aber in den letzten Jahren ist das Niveau extrem gestiegen. Daher gewinnt auch das Schießen immer mehr an Bedeutung, denn im Laufbereich sind viele auf einem Niveau! Der Trainingsumfang liegt bei ca. 800 Stunden im Jahr. Der Trainingsaufwand ist enorm. Das Sommertraining ist zum Glück sehr abwechslungsreich: Rad fahren, Rollerski, Schwimmen, Crossläufe, Krafttraining, Kajak… einfach alles, was Ausdauer bringt, ist angebracht. Aber vorwiegend trainiert man die meisten Einheiten natürlich wettkampforientiert auf Rollerskiern!
Larasch: Gibt es neben dem Skiroller noch alternative Trainingsmittel? Bist du dabei ein Fan von schnellen oder langsamen Rollern?
Michael: Wie gesagt, es gibt viele Arten von gutem Training. Egal, was man macht, es kann förderlich sein! Der Skitunnel in Oberhof ist auch eine gute ganzzeitliche Abwechslung. Ich trainiere auf normalen Rollern, die das Geschwindigkeitsgefühl des Skis wiedergeben. Aber auch schnelle Roller sind gut für Hochgeschwindigkeitstraining!
LaRaSch.de: Die Kraftpotentiale spielen eine immer wesentlichere Rolle im Biathlon. Wie baust du das Krafttraining in deinen Trainingsalltag ein? Haben sich in diesem Bereich neue Trainingsformen entwickelt?
Michael: Ich trainiere fast ausschließlich mit eigenem Körpergewicht. Das „Eisen“ biegen war noch nie meins und ist auch nicht so förderlich für mich, da ich zu viel Muskelmasse aufbaue. Ich mache seit einigen Jahren TRX und Freeletics. Das reicht vollkommen aus. Und wenn man das beherrscht, werden echt alle Muskelgruppen verlangt.
Larasch: Absolvierst du bestimmte Leistungstests und wenn ja, wie viele?
Michael: Ich habe früher viele Laufbandtests gemacht, mit Laktat- und VO2 Max-Messungen. Ich vertraue in letzter Zeit mehr meinem Körpergefühl. Ich habe aber natürlich Vergleichswerte und ich arbeite mit Puls und Laktatwerten.
Larasch: In der letzten Saison konntest du endlich wieder ins Weltcupgeschehen eingreifen. Auch bei der Biathlon-WM in Kontiolahti war der Anschluss an die Weltspitze auf „Tuchfühlung“. Nun hast du dich im Frühjahr verletzt. Auch der Heilungsprozess gestaltet sich gerade recht schwierig. Wie gehst du aktuell mit dieser alles andere als idealen Situation um? Ist schon abzusehen, wann du wieder komplett ins Training einsteigen kannst?
Michael: Ich war in 16! Jahren Hochleistungssport noch nie verletzt! Und dann gleich der Achillessehnenriss. Eine schlimme Verletzung, vor allem für den Kopf. Das war und ist mental sehr schwer. Dann wurde auch noch Pfeiffersches Drüsenfieber diagnostiziert. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist es sogar schon im Winter (Januar /Februar) ausgebrochen, was zur Folge hat, dass die Nachwirkungen durch die Wettkämpfe noch stärker ausgeprägt sind! Geschwollene Leber und Milz machten mir in letzter Zeit das Leben extrem schwer!
Ich war in den letzten Wochen, glaube ich, zwanzigmal in der Uniklinik in Dresden, um alles (Achillessehne und Drüsenfieber ) überwachen zu lassen.
Aber ich bleibe optimistisch, dass alles ein gutes Ende nimmt!
Larasch: Hast du dennoch Ziele für die kommende Saison? Im März 2016 findet die Biathlon-WM in Oslo statt. Können wir dort mit dir rechnen?
Michael: Das große Ziel ist Oslo. Und darüber hinaus die WM in Hochfilzen und dann Olympische Spiele 2018! Es ist schwer, einen Plan zu machen, weil ich nicht genau weiß, wann und wo ich in das Renngeschehen einsteigen kann!
Larasch: Nun die abschließende Frage: Wie ist der belgische Biathlonverband organisiert? Bekommst du aktuell eine Förderung aus Belgien? Wie können sich die Leser die Kombination Michael Rösch und Belgien vorstellen?
Michael: Seit fast nun drei Jahren zahle ich alles aus eigener Tasche. Die letzte Saison hat mich rund 60 000€ gekostet! Dank lokaler Sponsoren aus Sachsen konnte ich die letzte Saison stemmen, auch wenn es nicht einfach war. Auch mein Preisgeld der Sommer-WM und Püttlingen war somit verbraucht. Ich habe also damit noch keinen Cent verdient, aber ich mache es gern und man muss immer investieren, wenn man etwas wirklich will!!
Der belgische Skiverband ist kein professionell aufgestellter Verband. Alle Funktionäre sind freiwillig, aber mit Herz und Seele dabei.
Leider ist die Förderung nach wie vor dünn. Dieses Jahr habe ich eine Unterstützung der deutschsprachigen Gemeinschaft bekommen, was mich sehr gefreut hat und mir auch hilft!
Es ist noch viel Arbeit im Bereich Biathlon (Infrastruktur, Jugendförderung) zu tun!
Trotz aller Hindernisse, denke ich, war die letzte Saison ein guter Einstieg.
Larasch: Lieber Michael, wir danken dir außerordentlich für das Gespräch. Wir wünschen dir eine gute Genesung. Bis zur nächsten Saison, wir sitzen definitiv vorm Fernseher und fiebern mit!