Larasch: Aaron, seit 2017 bist du in den Vereinigten Staaten und konntest dort gleich im ersten Jahr deine Zeiten über die 5000m und die 10000m weiter verbessern. Entspricht das Leben am Campus deinen Vorstellungen, oder wurden diese sogar übertroffen?
Aaron Bienenfeld: Es ist ungewohnt, alles in Reichweite zu haben. Sowohl die Bahn, als auch alle anderen Einrichtungen sind zu Fuß gut erreichbar. Auch das Studieren ist einfacher als in Deutschland, weil ich durch Online-Klassen etwas flexibler bin und mehr Zeit fürs Training habe. Vorab kann ich natürlich sagen, dass ich plane, meine Zeiten aus dem Vorjahr zu steigern.
2017 hast du zunächst dein Studium an der Goethe-Universität in Frankfurt begonnen, was hat dich dann dazu bewegt, doch den Schritt in die USA zu wagen?
Ich hatte damals schnell gemerkt, wie schwer das Studium mit meinen sportlichen Zielen vereinbar ist. Oft hat mir die Motivation gefehlt, nach einem ganzen Tag an der Uni und der Bücherei noch eine Runde alleine im Dunkeln laufen zu gehen. Den Plan, in die Staaten zu gehen, hatte ich schon länger, letztlich hatte ich aber nie die Initiative ergriffen. Zudem waren meine Zeiten nach dem Abi auch nicht gut genug für ein Vollstipendium. Als mich Simon Stützel von Scholarbook bei einem Wettkampf 2017 auf seine Organisation ansprach, war ich von der Idee sehr schnell überzeugt gewesen.
14:13min bist du letztes Jahr schon in der Halle über die 5000m gelaufen und konntest diese Zeit auch Draußen bestätigen, über die 10000m ging es dann unter die 30min-Marke. Im Juni bist du dann zu den Meisterschaften nach Deutschland zurückgekehrt. Wie schwer war es dann für dich, die Saison noch weiter mit solch einer Qualität durchzuziehen?
Es was um einiges schwerer, als ich erwartet hatte. Ich hatte die doppelte Belastung wirklich sehr unterschätzt. Als die meisten Athleten ihre Saison hier in Deutschland begannen, hatte ich schon 7 Rennen und dazu unzählige Reisekilometer in den Beinen. Sowohl Form als auch Motivation waren dann im Sommer leider nicht mehr auf ihrem Höchstpunkt, was ich auch besonders bei den Deutschen U23-Meisterschaften in Heilbronn gemerkt habe, wo ich leider nur den vierten Platz im 5000m Rennen belegen konnte.
In diesem Jahr steht die U23-EM in Schweden an, die Normen über die 5000m liegt bei 14:02min, über 10 000m bei 29:30min. Sind diese Zeiten dein großes Ziel für dieses Jahr?
Die U23-EM ist natürlich ein großes Ziel dieses Jahr. Durch den Start bei der Cross EM habe ich Blut geleckt und würde sehr gerne nochmal das Nationaltrikot tragen. Die Zeiten traue ich mir zu, auch wenn es nicht einfach werden wird!
Eben hast du deinen ersten Start für Deutschland bei der Cross-EM in Tilburg angesprochen. Was war das für ein Gefühl, im DLV-Dress an den Start zu gehen, vor allem nachdem du die Quali im Jahr zuvor nur denkbar knapp verpasst hast?
Ich hatte mich dieses Jahr bereit gefühlt, hab gesehen, dass ich mit meinen damaligen Leistungen definitiv die Möglichkeit habe, bei den Europameisterschaften mitzulaufen. Aus den USA alles in die Wege zu leiten, war nicht ganz einfach, da das Semester während des Qualifikationsrennens in Darmstadt und auch noch während der EM lief. Aber letztendlich hat es sich gelohnt und hoffe sehr, dass ich bald wieder die Möglichkeit bekomme!
Über Weihnachten warst du ja zuhause in Deutschland, man hat dich gesehen in Frankfurt, Berlin oder auch in Leipzig. Auf Strava bist du schon gefürchtet als Segment-Jäger, was ist für dich der Reiz an der virtuellen Bestzeiten-Jagd?
Seitdem ich einen Trainingsplan habe, habe ich das mit den Segmenten schon ziemlich reduziert! Mein Ziel ist, in jeder Stadt in die ich reise mir ein Segment zu holen! Da ich sowohl in den USA als auch in Deutschland gut rumkomme, kann ich eine lange Liste von Segmenten vorweisen! Und die versuche ich im Sommer in besagten Städten auch noch zu erweitern! 😉
Dein Verein, der SSC Hanau Rodenbach hat einige weitere Jugendathleten, die in Deutschland weit vorne mitmischen. Stehst du während deinem Aufenthalt in den Staaten in Kontakt mit deinem Trainer in Deutschland?
Ich stehe immer mal wieder im Austausch, auch wegen Wettkämpfen die ich dann in Deutschland bestreiten will. Aber an sich trainiere ich komplett nach dem Plan aus den USA, der individualisierter ist!
Bei einem Blick auf deinen Strava-Account wird schnell klar, dass langsame Dauerläufe nicht so dein Ding sind. Bei welcher Trainingseinheit fühlst du dich denn am wohlsten?
Aaron Bienenfeld: Ich laufe längere Dauerläufe gerne mal schneller, wenn ich mal die Möglichkeit habe! Das Trainingsareal um den Campus ist sehr hügelig und es gibt viel Verkehr. Deswegen bin ich umso glücklicher, wenn wir mal den Campus verlassen und auf den örtlichen Fahrradwegen laufen gehen!
Abseits der Laufbahn: Auf was könntest du in deinem Alltag nicht verzichten, was nicht mit dem Laufen zu tun hat?
Aaron Bienenfeld: Das Laufen nimmt natürlich schon einen Großteil meines Tages ein! Ich gehe gerne mal mit Freunden aus, um ein bisschen Abwechslung vom strikten Trainingsalltag zu bekommen. Für weitere sportliche Aktivitäten hab ich leider wenig Zeit und manchmal auch keine Motivation.
Wagen wir einen Blick in die Zukunft. Deine Dauerlaufgeschwindigkeiten sind hoch, auch Distanzen über 20km scheinst du spielend zu absolvieren auch wenn es unter 3:30min/km geht. Wo siehst du dich in 4 Jahren, immer noch auf der Bahn oder schon auf der Straße über die 42,195km unter dem Brandenburger Tor?
Aaron Bienenfeld: Das ist eine interessante Frage. Ich könnte mir durchaus vorstellen, schon in ein paar Jahren die Marathon Distanz zu laufen! Als Ort für mein erstes Rennen würde ich auch Berlin wählen. Die Frankfurter Strecke kenne ich mittlerweile zu gut, weswegen sie mich weniger reizt. Jedoch gibt es vorher einige Ziele auf der Bahn, die ich erreichen möchte! Vielleicht werde ich auch beides noch parallel machen!
Vielen Dank Aaron und weiterhin eine erfolgreiche Saison 2019! (Aaron ist in der Halle am 09.02. bereits 14:08min gelaufen)