Holger Freudenberger ist Mathelehrer. Aber seine gelaufenen Kilometer kennt er nicht, die sind ihm “total schnuppe”. Er kann nichts damit anfangen, wenn jemand aufzählt, wie oft er schon in Laufschuhen die Welt umrundet hat. Eine andere Zahlenseite des Laufens aber kennt er ganz genau: seine Wettkampfzeiten. Und nicht nur seine eigenen. Aber natürlich weiß er laufend schon, wie viel er trainiert. Auf jeden Fall in guten Zeiten bis zu sieben Mal pro Woche. Und er gehört zu denen, die in der Marathonvorbereitung regelmäßig über die 30 km-Grenze hinausgehen. Bis zu 37 km umfasst bei ihm eine Trainingseinheit. Ein Mal pro Woche geht er auch auf die Bahn, aber so manche Tempospritze holt er sich auch im Wald auf seiner profilierten Hausrunde.
Seine Schüler am Gymnasium in Eppingen, die er außer in Mathe auch noch in Gemeinschafts- und Wirtschafslehre unterrichtet, lassen sich schon mal was von seinen lokalen Erfolgen erzählen, denn dann ist sein Konterfei natürlich auch in der lokalen Presse zu sehen. Finden Rennen, die ihm wirklich etwas bedeuten, fern der Heimat statt, werden die, auch außerhalb der Schule viel weniger wahrgenommen.
Zum Volkslauf kam der heute 34jährige ganz klassisch über die Laufbahn. 1992 kam er übers Fußballtraining mit einer schnellen Laufeinheit pro Woche zum Heilbronner Stadtlauf. Und lief auf Anhieb 38:20 min. Wohlgemerkt: als 15jähriger. Da hatte er Blut geleckt und wie es sich für Jugendliche gehört, ging’s erstmal auf die kürzeren Strecken auf dem Stadionoval. Noch heute sind die 3.000 m seine Lieblingsstrecke, auch wenn er sie gar nicht mehr in Angriff nimmt, schon von Alters wegen nicht mehr in Angriff nehmen könnte. Die Marathondistanz mag er auch, findet aber, daß die 42,195 km definitiv nicht die Krönung eines Läuferlebens sind.
Dennoch wollte dieses Jahr in Hamburg versuchen, seine Marathonbestzeit von 2:26 h auf unter 2:23 h zu drücken. Wie vielen anderen auch, machte ihm der Hamburger Hochsommer einen Strich durch die Bestzeitenrechnung. Er selbst meint dazu “Letztendlich bin ich zufrieden, weiß, dass 2:23 h realistisch waren und werde irgendwo im Herbst einen neuen Versuch starten.” Wo, weiß er allerdings noch nicht, denn die Priorität bei der Teminplanung für das Spätjahr hat die noch ausstehende kirchliche Trauung, nachdem er seine Frau Sina bereits 2009 standesamtlich geheiratet hat.
Mit ihr lebt Holger in Bad Rappenau. Der überzeugte Vegetarier kocht zwar auch hin und wieder mal selbst, findet aber, daß Sina die deutlich bessere Köchin ist. Bis auf die Fleischlosigkeit achtet er eher nicht auf seine Ernährung. So darf’s auch ab und zu mal ein Bierchen sein und Süßem ist er erst recht nicht abgeneigt.
Natürlich frisst das Lauftraining viel seiner Freizeit, aber sein Job, den er sich ganz bewußt ausgesucht hat, lässt ihm auch einige Freiheiten, die er mit einem 40 h-Bürojob nicht hätte. Raum für andere Interessen bleibt ihm dennoch. So interessiert er sich für Musik, besucht jährlich das South Side Festival (Alternative Rock). Sein Fußballherz schlägt für Borussia Mönchengladbach. Nach so vielen Jahren in Laufschuhen, sieht er “die Sache Laufen” schon so entspannt, daß er auch mal umdisponieren kann, wenn andere Dinge anstehen. Andererseits versucht er schon, ein Optimum an Trainingszeit in seinen Alltag einzuplanen. Was aber nicht ausschließt, daß er auch mal mehrere Wochen gar nicht läuft, wie zum Beispiel nach dem Frankfurt-Marathon 2010.
Am liebsten lacht Holger über Situationskomik, die er gerne auch immer wieder aufwärmt. Wenn er sich entscheiden müsste, welche öffentlichen Personen ihn zum Lachen bringen, fallen ihm Loriot, Matthias Richling und Bruno Jonas ein. Oder “Switch reloaded”, die Comedyshow auf Pro7.
Lesen? Ja, vorm Einschlafen. Da dann aber meistens die Zeitung, den Spiegel oder Fachliteratur. Wenn’s ein bißchen Belletristik sein darf, steht Holger Freudenberger inzwischen komplett auf Hörbücher. Die er dann nur beim Laufen hört.
Holgers Bestzeiten:
1000m: 2:29,29min (2000)
1500m: 3:54,22min (2002)
3000m: 8:19,18min (2002)
3000m Hi: 8:53,09min (2002)
5000m: 14:32,72min (2007)
10000m: 30:13,07min (2002)
10km: 30:03min (2004)
HM: 1:07,20h (2004)
Marathon: 2:23:46 h (Frankfurt 2011)
10km-Straßenlauf-Mannschaft: mit Marco Werther und Christian Buhrow (1:33,51h – 2001) Bad. Rekord
Und hier noch ein Statement von Holger zu seinem Bestzeitenmarathon von Frankfurt:
Ja,ich bin auch sehr zufrieden. Grundsätzlich hatte ich von 1-2 Minuten schneller geträumt. Ein Missverständnis hat im Vorfeld dafür gesorgt, dass ich als Paceamker für Agnes Kiprop (mit Startnummer „PACE“) eingeteilt war. Hätte alles super gepasst, wären die beiden Kenianer die abgesprochenen 1:11h bei HM durchgegangen. Sind sie aber nicht! So war’s ne 1:10,04h, ich konnte mich nicht wirklich verstecken, war eben einen Tick zu schnell. Eine Minute langsamer, dann wäre ich unter 2:22h geblieben, da bin ich mir recht sicher.