Mit konstanten und durchweg starken Leistungen von der Meile bis zum Marathon hat Benjamin Wehbring im ACRL-Cup überzeugt. Wir waren neugierig, wer der Gesamtsieger ist und haben ihn interviewt:
Benjamin, Du hast uns mit Deinen Leistungen in ins Staunen gebracht. An dieser Stelle noch einmal Glückwunsch zum Gesamtsieg! Hast Du von vornherein damit geliebäugelt?
Ganz und gar nicht. Ich war nach den ersten beiden Wettkämpfen – 10km und Halbmarathon sehr beeindruckt, wie stark die Konkurrenz in der ACRL war. Trotz Bestzeiten hat es für mich meist gerade so für die Top 5 gereicht. Aber das war dann für die kommenden Rennen ein klasse Ansporn und Motivation:
Vollgas geben und dann sehen, wie ich mich gegen Laufgrößen wie Florian Neuschwander oder Max Thorwirth behaupte.
Ich konnte mehrere (inoffizielle) PBs aufstellen und bin mit meinen Rennen sehr zufrieden. Über den ersten Platz in der Cup-Wertung bin ich mega happy, wenn auch der Wertungsmodus mir im Endeffekt durchaus positiv in die Karten gespielt hat.
Ehrlich gesagt, warst Du uns bisher in der Lauf-Szene nicht bekannt. Erzähl doch mal aus Deiner „Laufgeschichte“.
Meine Laufbahn ist noch gar nicht allzu lang – ich habe erst mit 25 Jahren, gegen Ende meines Studiums, mit dem Laufen begonnen. Wenn ich jedoch etwas beginne, dann mit vollem Herzen und Leidenschaft. So war es dann auch beim Laufen. Ich habe mich selbst ein wenig belesen, mich einem Leichtathletik-Verein angeschlossen und das Training gestartet. Bei mir in der Region (Raum Mainz) bin ich bei den Volksläufen dann direkt erstaunlich weit vorne mitgelaufen.
Ein gewisses Talent war also scheinbar da und das habe ich mit einem mehr und mehr strukturierten Training weiterentwickelt.
Das heißt, Du trainierst Dich selbst?
Ja. Ich bin vor allem auf den „längeren Strecken“ unterwegs – also ab 10km bis Ultra. Je nach Wettkampfziel überlege ich mir meine Trainingspläne und Einheiten. Ich mache daraus aber keine Wissenschaft: Meist gibt es zwei Tempoeinheiten in Form von Intervallen oder Fahrtspiel, ein langer Lauf steht am Wochenende auf dem Programm und die restlichen Wochentage sammle ich Dauerlauf-Kilometer als Grundlage. So komme ich auf 5 bis 6 Laufeinheiten in der Woche und einen obligatorischen Ruhetag. Den musste ich meiner Frau versprechen und ist nicht verhandelbar (lacht).
Deine starken Leistungen in der ACRL sprechen für ein erfolgreiches Training! Worauf führst Du Deine guten Ergebnisse zurück?
Ich bin dieses Jahr mit einem sehr guten Grundlagentraining durch den Winter gekommen. Hintergrund war mein Ziel, beim Innsbruck Alpine Trail Run im Frühjahr eine gute Performance abzuliefern. Ich war also mitten in der intensiveren Vorbereitung und ganz gut drauf, als der Wettkampf aufgrund von Covid-19 verschoben wurde. Die Form habe ich dann eben in die virtuellen Wettkämpfe mitgenommen. Ich hatte gar nicht erwartet, dass ich auch über die „kurzen“ Strecken so schnell bin. Aber das lag vielleicht auch ein wenig am Schuh 😉
Darauf wollten wir natürlich auch zu sprechen kommen: Auf einem Deiner Instagram-Posts sieht man Dich im Vaporfly. Was ist Dein Urteil zu dem Schuh?
Der Vaporfly war beim 10er einfach ein Traum!
Ich hatte mir den Schuh gekauft, weil ich durch die ganze Diskussion in den Medien und der Laufszene neugierig war, was wirklich in dem neuen Material steckt. Und ich muss sagen: Ich bin beeindruckt! Es ist ein völlig neues Laufgefühl mit extrem hoher Dynamik und Vortrieb. Selbst beim Einlaufen kann man in dem Schuh eigentlich gar nicht ruhig laufen.
Bist Du alle Wettkämpfe im Vaporfly gelaufen?
Nein. Beim Marathon habe ich darauf verzichtet. Den wollte ich ohnehin nicht voll laufen. Außerdem habe ich beim Halbmarathon auf den letzten Kilometern gemerkt, dass der Schuh die Muskulatur sehr fordert. Für den Marathon muss ich mich daran sicher erst noch etwas gewöhnen.
Ich hoffe immer noch ein wenig, dass es in diesem Herbst noch den ein oder anderen „realen“ Marathon geben wird. Da will ich mit dem Vaporfly gern in Richtung Bestzeit und 2:30h laufen und habe ihn deshalb geschont.
Welche Ziele hattest bzw. hast Du für das Laufjahr 2020 noch?
Letztes Jahr habe ich die Ultra-Trail-Szene für mich entdeckt. Die Kombination aus Technik, Laufen, Wettkampf und Natur ist unheimlich reizvoll. Eigentlich wollte ich dieses Jahr beim Zugspitz Ultratrail starten, der ist jedoch abgesagt. Den Innsbruck Alpine Trail Run habe ich noch im Hinterkopf, der ist zunächst auf September verschoben. Momentan sehe ich 2020 aber vor allem als Chance, nach Lust und Laune zu trainieren und neue Herausforderungen auszuprobieren.
In 2021, falls wieder ein „normales“ Wettkampfjahr stattfinden kann, habe ich einen schnellen Frühjahrs- und/oder Herbstmarathon vor. Ein Traum und langfristiges Projekt in den nächsten 2 oder 3 Jahren ist der Transalpine-Run.
Zum Abschluss interessiert uns noch, wie Du das Format der virtuellen Wettkämpfe, das ja momentan überall wächst und sich entwickelt, bewertest:
Ich finde es eine tolle Alternative in der aktuellen Zeit. Mich hat die ACRL extrem motiviert und ich war jedes Wochenende in einer Art Wettkampf-Modus, wenn’s losging.
Ein vollwertiger Ersatz für den realen Wettkampf „Mann gegen Mann“ bzw. „Frau gegen Frau“ und das gesamte Feeling auf und an der Strecke ist es für mich aber ganz klar nicht.
Ich kann mit aber gut vorstellen, dass die virtuellen Formate ein Teil der Laufszene bleiben werden. Zum Beispiel als Trainings-Challenge oder als besonderes Format und Motivation in der Vorbereitung auf ein reales Wettkampfhighlight.
So kann man das „Notwendige“ – harte Trainingseinheiten – mit dem Schönen – Erfolgserlebnis und Motivation – verbinden.
Benjamin, vielen Dank für Deine Zeit! Es hat uns sehr gefreut, Dich näher kennen zu lernen und wir bleiben dran, was und wo Du in Zukunft läufst!
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