Unser Olympiakalender ist aus dem Anliegen heraus entstanden, der „medialen Krise des Laufsports“ (Hendrik Pfeiffer) einen proaktiven und innovativen Ansatz zur Förderung der Laufszene und ihrer Athlet*innen engegenzustellen. Die Erlöse des Kalenders fließen unmittelbar in unsere Athletenförderung ein und ermöglichen es, unser bisheriges Engagement und die Medienpräsenz von Athlet*innen im Lauf- und Ausdauersport zu erhöhen.
Wir wollten von den „Betroffenen“, Deutschlands Top-Läufer*innen, direkt erfahren, wie sie die Problematik ihres Sports und ihrer persönliche Situation als Athlet*in einschätzen:
Dazu die 3-fache Deutsche Meisterin 2020, Hanna Klein:
Zu den weiteren Athletenstimmen von Aaron Bienenfeld, Deborah Schöneborn u.a.
Hanna, stell Dich doch einfach kurz vor: Was waren bisher Deine größten Erfolge und welche Ziele hast Du in den nächsten Jahren?
Mein Name ist Hanna Klein, ich bin 27 Jahre alt und Mittelstreckenläuferin. Meine größten Erfolge meiner sportlichen Karriere waren im Jahr 2017 das Erreichen des WM-Finals über 1500m und der Sieg bei der Universiade über 5000m. In den nächsten Jahren würde ich gerne versuchen noch ein paar Sekunden schneller zu werden und meine Konkurrenzfähigkeit auf der internationalen Ebene weiterzuentwickeln.
Wie finanzierst Du Dich aktuell, wer sind Deine Unterstützer und kannst du ein paar Rücklagen bilden oder gibst Du mehr aus, als Du durch den Sport „verdienst“? Würdest Du Deine Situation als prekär bezeichnen?
Über die Jahre habe ich ein gutes regionales Netzwerk, welches mich unterstützt. Überregional bin ich froh, Unterstützung von der Deutschen Sporthilfe zu erhalten und einen Ausrüstervertrag zu besitzen. So ist es mir möglich, über die Runden zu kommen. Für größere Rücklagen reicht es nicht, allerdings würde ich meine Situation nicht als prekär bezeichnen.
Im Podcast von „Auslaufen“ gibt es die Rubrik „ Was müsste verbessert werden in der Leichtathletik oder im Laufsport“. Wie ist Deine Meinung dazu, worin genau das aktuelle Problem liegt und wie kann dieses behoben werden?
Das Paradoxe ist ja, dass das Laufen ein unheimlich beliebter Sport in Deutschland ist. Gerade während des „Lockdowns“ explodierte die Zahl an Laufanfänger. Auf der Bahn sieht es leider ganz anders aus: Die Teilnehmerzahlen sinken, nicht mal die Fernsehübertragung der Langstreckenläufe bei internationalen Meisterschaften ist sichergestellt. Dazu kommt, dass internationale Wettkämpfe (wie bspw. die Diamond League) schwer im deutschen Fernsehen zu verfolgen sind. Dadurch erreicht man medial natürlich eine niedrige Aufmerksamkeit. Eine Plattform wie durch die Olympischen Spiele gegeben, ist daher wirklich wichtig, um wenigsten alle vier Jahre in den Fokus zu rücken. Wenn es keine unmittelbar erfolgreiche Möglichkeit gibt, die Aufmerksamkeit der Leichtathletik bzw. des Laufsportes über die mediale Präsenz zu steigern, muss die Vereinsarbeit gestärkt werden. In dieser Hinsicht ist insbesondere die Jugendarbeit hervorzuheben, bei der wiederum die Schule eine große Rolle spielt. Unter den aktuellen strukturellen Bedingungen müsste meiner Meinung nach die Zusammenarbeit zwischen Verein und Schule und die Vereine allgemein gestärkt werden. Dazu gehört natürlich auch, attraktive Sportevents zu entwickeln, möglicherweise den Teamgedanken etwas mehr hervorzuheben, wie es beispielsweise an den Schulen in den USA gemacht wird. Toll wäre natürlich, wieder ein sportliches Großevent in Deutschland zu haben, was sich aber natürlich schwer beeinflussen lässt.
Was hältst Du von der Idee, beispielsweise wie „Krautreporter“, die Laufdisziplinen über eine kontinuierliche Fördermitgliedschaft zu stützen und damit mehr mediale Reichweite und direkte finanzielle Unterstützung zu bekommen?
Die Idee finde ich gut, da die fehlende mediale Reichweite eine der Stellschrauben im Dilemma des Laufsportes ist. Die Erhöhung der Aufmerksamkeit unserer Sportart ist ein wichtiges Mittel, um überhaupt eine Art der Förderung entstehen zu lassen. Erst so lernt man die Athleten besser kennen und schafft mehr Nähe.
Was wären konkrete Maßnahmen? Ist es die Unterstützung in Social Media, mehr Livestreams von den Events, Attraktive Wettkampfformate oder Schaffung neuer Serien oder hast Du ganz andere Ideen?
Ein großes Potenzial steckt sicherlich darin, die mediale Aufmerksamkeit auszubauen. Die Wettkampfformate der Leichtathletik könnten durch einen Fokus auf den Team-Charakter in ihrer Attraktivität erhöht werden. Die Diamond League bietet zwar schon so etwas wie eine Liga, ebenso die neu entstandenen Mixed-Staffeln oder die Team-EM, jedoch treten diese noch nicht so häufig in Erscheinung oder fokussieren sich sehr auf den einzelnen Athleten.
Tolle Events, bei dem Zuschauer den Laufsport hautnah erleben können, sind zum Beispiel Straßenläufe. Gerade Silvesterläufe profitieren von ihrer Stimmung und Atmosphäre, oder Volksläufe, die bei Stadtfesten integriert werden. Es gibt bereits Lösungsversuche, Kugelstoßevents oder Stabhochsprung auf die Marktplätze deutscher Städte zu bringen- warum nicht auch innovative Laufevents? Hier könnte man den Zuschauer direkt bewusst machen, was unser Laufsport eigentlich bedeutet. Ich war mit ca. 12 Jahren Zuschauerin einer Deutschen Meisterschaft. Dort entdeckte ich einen Stand, an dem man sich mit Jan Fitschen messen durfte. Man sollte ca. 30m lang sein 10.000m Wettkampftempo laufen. Ich war damals total fasziniert und konnte zum ersten Mal eine solche Leistunge richtig einschätzen. Diese Aha-Erlebnisse wecken sofort Interesse und bieten Anknüpfpunkte, weitere Einblicke in die Welt des Laufsportes und des Lauftrainings zu geben.
Danke Hanna für Deine offene Meinung und dass Du unser Olympiakalender-Projekt unterstützt!
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