Erik Hille (LG Telis Finanz Regensburg) wollte am 19. April eigentlich beim Wien-Marathon am Start stehen. Aufgrund von Corona ist dieser schon seit einigen Wochen abgesagt.
Trotzdem lief Erik am 19. April seinen Marathon: Und zwar in (inoffizieller) Bestzeit von 2:15:54h!
Damit gewann er überlegen die Marathon-Wertung unserer Anti-Corona Running League und hat uns neugierig gemacht:
Wir haben ihn zu seinem besonderen Marathon interviewt:
Erik, Wann hast Du Dich entschlossen den Marathon trotzdem zu laufen – Wien war ja schon seit einigen Wochen abgesagt?
Unmittelbar nach den ersten Wettkampfabsagen (geplant war Dresden 10k, HM Prag und final der Wienmarathon) haben wir uns entschlossen, den Trainingszyklus wie geplant zu realisieren, und diesen mit einem Marathon abzuschließen.
Wie liefen die letzten Wochen der Vorbereitung – woher hast Du die Motivation genommen und hattest Du Trainingspartner?
Die letzten Wochen liefen sehr gut. Motivationsprobleme hatte ich keine, mit dem 19. April habe ich erst mein drittes Trainingsjahr abgeschlossen, und das mit 31 Jahren. Aus diesem Grund war uns klar, dass wir diesen Trainingsblock, ergo diese Marathonvorbereitung, abschließen müssen. Alleine schon um den nächsten Schritt auf der Treppe zu gehen, auf den wir dann den nächsten Zyklus wieder aufsetzen können. Ich trainiere alles alleine, bei einem Großteil der Qualitätseinheiten ist mein Trainer/Vater dabei.
Hast Du eine Zeit von unter 2:16h im Vorfeld für realistisch gehalten oder warst Du von Dir selbst überrascht?
Das Training war gänzlich auf ein Kilometertempo von 3:13/km ausgelegt. Ich konnte jedes Training absolvieren und realisieren, also war ich sehr zuversichtlich. Zudem haben die neuen Wettkampfschuhe meines Partners Saucony wunderbar funktioniert.
Wie war der Ablauf am Wettkampftag. Wer hat Dich begleitet, wie hast Du Dich verpflegt, worauf hast Du Dich mental fokussiert?
Der Ablauf war dem eines Stadtmarathons identisch. 06:00 Uhr aufstehen, 3km Auftakt, Frühstück, Stunde vorher zur Wettkampfstätte, Warmlaufen, pünktlicher Start um 10:00 Uhr.
Begleitet hat mich mein Trainer im Auto, welcher glücklicherweise auch mein Vater ist. Meine Mutter befand sich im Start/Ziel-Bereich. 5 Freunde waren unter Einhaltung der geltenden Corona-Vorschriften auf dem Rennrad dabei, um mich vor dem Verkehr zu schützen. Einer davon hat mir realitätsnah alle 5 Kilometer die Flasche gereicht.
Ich glaube an unser Training und unsere Idee, rede während des Wettkampfs mit mir selbst, und ermahne mich häufig, die Konzentration hoch zu halten. Zudem habe ich natürlich auch Bilder im Kopf, die mich zusätzlich motivieren. Seien es Menschen, die mir die ganze Nummer nicht zutrauen, oder schlichtweg der Gedanke an das Nationaltrikot.
Bist du zufrieden mit dem Resultat?
Es gibt immer Verbesserungsbedarf, zum Beispiel habe ich wieder zu wenig zugeführt, habe hin und wieder die Konzentration verloren.
Was folgt als nächstes und welche Ziele setzt Du Dir abseits von Corona?
Ich habe bis Donnerstag, 23. April, regenerativ trainiert. Ab jetzt heißt es zwei Wochen Laufpause, ich werde mir sicher das eine oder andere Bier und den ein paar Gin Tonics gönnen und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen.
Nach den 14 Tagen geht es dann normal weiter mit Fokus auf einen, aller Voraussicht nach nicht stattfindenden, Herbstmarathon.
Kommst Du eigentlich in die DLV Jahresbestenliste? Vielleicht braucht es eine Erweiterung in diesem Jahr?
Das kann ich mir nicht vorstellen.
Wie ist es, einen Marathon komplett alleine zu laufen: ohne Konkurrenz und „reales“ Wettkampfgefühl?
Auf Instagram schrieb ich „Marathon ist hart, Marathon alleine ist auch hart.“ Das finde ich immer noch treffend. Ich hatte wenig Schwierigkeiten, mich in eine reale Wettkampfsituation zu manövrieren, war die Tage vorher genauso im Eimer und nervös wie vor einem realen Wettkampf. Darüber bin ich sehr glücklich. Das Ergebnis zeigt uns, dass das Training funktioniert, und dass wir unserem Ziel, von einer erfüllten Norm, näher kommen.
Welchen Schuh bist du gelaufen? Ist ja heutzutage häufig eine Sternchennotiz.
Saucony Endorphin Pro. Gibt es ab 01. Juli auf saucony.de und beim Fachhändler.
Du hast die Anti-Corona Running League gewonnen und warst deutlich vor Florian Neuschwander! Was hältst Du von der Idee der virtuellen Läufe? Hat Dich das noch etwas gepusht und motiviert?
Ich finde das ein gutes Format und eine gute Idee. Aller Voraussicht nach auch zukunftsträchtig.
Zu Flo muss man denke ich erwähnen, dass wir in der Zielsetzung durchaus konträr gehen, er ja eher auf den Ultra-Strecken zu Hause ist.
Zusätzliche Motivation war es, um ehrlich zu sein nicht. Im Moment bin ich noch in einer Entwicklungsphase, in der es weniger um Platzierungen, mehr um Zeiten geht. Motiviert hat mich eher, zu zeigen, dass es geht, auch alleine, ohne viel Rahmenprogramm. Motiviert haben mich auch die Posts einiger Kollegen, die nach den ganzen Absagen von fehlender Motivation ohne Wettkämpfe schrieben.
Wie bereits erwähnt, ich bin 31 Jahre alt, habe jetzt mein drittes Trainingsjahr abgeschlossen, habe Job und Wohnung gekündigt. Alles nur für diesen einen Traum. Ich halte es für ausgeschlossen, dass ich mit meiner Entwicklung am Ende bin. Ich stehe jeden Morgen auf und darf das tun, was ich liebe, nämlich Laufen.
Das ist Motivation für zwei Leben.
Erik, vielen Dank für die Einblicke!
Wir wünschen Dir für Deine nächsten Ziele viel Erfolg und werden weiter mitverfolgen, wie es bei dir „läuft“.