Neben Kohlenhydraten und Proteinen sind Fette der dritte Makronährstoff, den wir mit unserer täglichen Nahrung zu uns nehmen. Um die Zufuhr-Empfehlungen von Fett gab es vor allem in der jüngeren Vergangenheit kontroverse Diskussionen unter den Ernährungsexperten. So wird in vielen Quellen von einer hohen Fettzufuhr abgeraten, insbesondere Ausdauersportler sollten sich demnach kohlenhydratbetont ernähren. Jedoch gibt es auch nicht wenige Stimmen, die so ziemlich das Gegenteil behaupten. Im Folgenden soll erörtert werden, was die Vor- und Nachteile einer hohen oder niedrigen Fettzufuhr sein können und was sonst bei Nahrungsfetten beachtet werden sollte.
Die üblichen Empfehlungen für die Höhe der Fettzufuhr lauten, dass 20 bis 30 % der Kalorien, die wir zu uns führen, aus Fett stammen sollten. Bei einer Tageszufuhr von 3.000 kcal wären das 600 bis 900 kcal aus Fett, was 66 bis 100 g Fett entspricht. Diese Menge ist mit einer gewöhnlichen Mischkost leicht zu realisieren; viele Menschen hierzulande konsumieren deutlich mehr Fett.
Die Funktionen von Nahrungsfett
Fett besitzt mehrere Funktionen. So ist es ein ziemlich „ökonomischer“ Energielieferant. Ein Gramm liefert mit 9 Kilokalorien mehr als doppelt so viel Energie wie ein Gramm Kohlenhydrate oder Eiweiß. War dies in Urzeiten ein Vorteil, als die Menschen einen bewegungsreichen Alltag verbunden mit einer Nahrungsmittel-Knappheit hatten, so ist dies in den heutigen westlichen Industrienationen eher als Nachteil anzusehen. So nehmen in unserer Gesellschaft viele Menschen aufgrund ihres hohen Fettkonsums deutlich zu viele Kalorien zusich, was zu einer massiven Zunahme des subkutanen Fettgewebes und damit des Depot-Fettes führt. Somit sind viele Menschen übergewichtig und leiden häufig auch an weiteren Zivilisationskrankheiten, die vermeidbar wären.
Bei ambitioniert trainierenden Sportlern sieht es etwas anders aus. Durch ihren erhöhten Energieverbrauch haben sie einen deutlich höheren Kalorienbedarf als Nicht-Sportler, sodass Ausdauer-Sportlern häufig geraten wird, Fett nicht unbedingt einzusparen. Mit einem sehr geringen Fettanteil in der Nahrung ist die gleiche hohe Kalorienmenge schließlich durch ein deutlich höheres Nahrungsvolumen gekennzeichnet, was nicht immer einfach zu realisieren bzw. zu verdauen ist. Eine zu geringe Kalorienzufuhr und insbesondere ein zu geringer Fettgehalt wird häufig mit einem zu geringen Gehalt an Geschlechtshormonen in Verbindung gebracht. Bei Frauen kann es durch einen Östrogenmangel zu einer verminderten Knochenmineralisierung kommen und auch bei Männern führt ein verringerter Testosteron-Gehalt unter anderm zu einer verringerten anabolen Antwort auf Trainingsreize, wodurch der gewünschte Trainingseffekt zu gering ausfällt.
Neben der Rolle als Energielieferant erfüllt das Nahrungsfett weitere Funktionen. So ist es Träger der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K. Viele fettreiche Nahrungsmittel enthalten eines oder mehrere dieser Vitamine in größeren Mengen. Und stammen diese lipophilen Substanzen, wie bspw. auch die Carotinoide, die eine Provitamin-Funktion für das Vitamin A besitzen, aus fettfreien Lebensmitteln (oder Tabletten), ist es sinnvoll, daneben etwas Fett zu konsumieren, damit diese lebenswichtigen Substanzen resorbiert werden können.
Fett dient zudem als Wärme-Isolator und als Schutz für viele Organe (sogenanntes „Baufett“). Außerdem ist Fett als Geschmacksträger bekannt; so schmecken fettarme Varianten von manchen Speisen häufig nicht so gut, wobei dies natürlich vom individuellen Geschmack abhängig ist. Das Herz sowie die Zellmembranen benötigen ebenfalls Fett. Letztere in erster Linie mehrfach ungesättigte Fettsäuren, die zum Teil essenzielle Bestandteile unserer Nahrung sind.
Fettqualität, Fettquellen
Die Fette, die wir mit unserer Nahrung zuführen, liegen zumeist in Form von Triglyceriden vor. Hier ist der dreiwertige Alkohol Glycerin mit drei Fettsäuren verestert. Die Länge und Art der Fettsäuren bstimmt die Eigenschaften des Fettes, wie etwa den Schmelzpunkt und auch die ernährungsphysiologische Qualität. So wird zwischen gesättigten, einfach ungesättigten und mehrfach ungesättigten Fettsäuren unterschieden. Gesättigte Fettsäuren weisen keine Doppelbindung im Molekül auf. Beispiele sind die Palmitin- und die Stearinsäure, die eine Kettenlänge von 16 bzw. 18 Kohlenstoffatomen haben und in größeren Mengen vor allem in tierischen Fetten vorkommen. Sie werden im Körper vorwiegend als Depotfett gespeichert und als Energiequelle genutzt. Einfach ungesättigte Fettsäuren haben eine Doppelbindung im Molekül. Am bedeutendsten in unserer Nahrung ist die Ölsäure (C18:1, also 18 Kohlenstoffatome und eine Doppelbindung). Sie wird auch als Omega-9-Fettsäure klassifiziert, da die Doppelbindung zwischen dem 9. und 10. C-Atom lokalisiert ist, also nach dem 9. C-Atom vom endständigen Omega-C-Atom aus gezählt. Die Ölsäure kommt vor allem in Milchfett und in Oliven (-öl) vor. Sie weist gesundheitsfördernde Eigenschaften auf, soll unter anderem die Cholesterinwerte positiv beeinflussen.
Die mehrfach ungesättigten Fettsäuren enthalten mindestens zwei Doppelbindungen im Molekül. Hierzu zählen die Linolsäure (C18:2, Omega-6) und die Alpha-Linolensäure (C18:3, Omega-3). Diese beiden Fettsäuren werden vom Körper benötigt, können jedoch nicht aus anderen Nährstoffen hergestellt werden, sodass sie als essenzielle Fettsäuren bezeichnet werden. Gute Nahrungsquellen sind hier Avocados, viele unterschiedliche Nüsse, unterschiedliche Pflanzenöle sowie fetter Seefisch. Letzterer enthält ebenso die langkettigen Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure (eicosapentaenic acid, EPA) sowie Docosahexaensäure (DHA). Diese können zwar von unserem Körper aus der Alpha-Linolensäure hergestellt werden, jedoch ist die Umwandlungsrate begrenzt, sodass sich eine Zufuhr über die Nahrung empfiehlt. Aus der Linolsäure hingegen wird die Arachidonsäure hergestellt, die ansonsten über tierische Nahrungsmittel wie Fleisch, Thunfisch oder Eigelb aufgenommen wird. Diese Fettsäure hat ebenfalls wichtige Funktionen im Körper, jedoch sollte sie nur in geringen Mengen zugeführt werden, da sie im Gegensatz zur EPA und DHA eher entzündungsfördernd wirkt.
Als Empfehlung kann festgehalten werden, dass ca. je ein Drittel unseres Nahrungsfetts aus gesättigten Fettsäuren, einfach ungesättigten Fettsäuren sowie mehrfach ungesättigten Fettsäuren bestehen sollte. Das Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren sollte nicht zu hoch sein; angestrebt wird laut vieler Ernährungsexperten ein Verhältnis von 5:1. In Wirklichkeit ist das Verhältnis in unserer Ernährung meist 6:1 bis 8:1.
Fettstoffwechsel
Ein sehr interessanter Punkt für den Ausdauersportler ist das Training des Fettstoffwechsels. Hier wurde in letzter Zeit immer mehr die Frage diskutiert, welche Ernährungsmaßnahmen ergriffen werden sollten. Durch allgemeines Ausdauertraining wird der Fettstoffwechsel bereits erheblich verbessert, unter anderem durch eine Vermehrung der Mitochondrien in unseren Muskelfasern. Damit der Körper während einer Trainingseinheit vermehrt auf Fettsäuren zurückgreifen muss, ist es ratsam, vor dem Training wenig bis gar keine Kohlenhydrate zuzuführen. Also bieten sich morgendliche Nüchternläufe an, wobei auch die Vorabend-Mahlzeit nicht sehr kohlenhydratreich gewesen sein sollte. Alternativ kann man vor dem Laufen Fette und/oder Eiweiße, bspw. in Form von Käse oder Ei, konsumieren.
Es wird mittlerweile von einigen Experten empfohlen, dass Ausdauersportler ihre Basiskost fettreich und kohlenhydratarm gestalten sollten, um erst kurz vor dem Wettkampf ihre Glykogenspeicher aufzufüllen. So wurde festgestellt, dass nach einer sogenannten Fett-Adaptation durch eine fettreiche Ernährung (mindestens 50 % der Kalorien in Form von Fett) über mehrere Wochen, gefolgt von einer ein- bis dreitägigen „Carboloading“-Phase es während des Wettkampfes zu einer vermehrten Fettsäure-Oxidation kommt (Yeo et al, 2011). Burke und Harley (2002) kommen zu dem Schluss, dass durch die Fett-Adaptation im Wettkampf zwar vermehrt Fettsäuren oxidiert werden, jedoch nicht unbedingt die Leistungsfähigkeit steigt. Der Tübinger Nährstoffexperte Dr. Wolfgang Feil empfiehlt mittlerweile eine fettbetonte Basiskost, nach dem Motto „train low, compete high“, was sich auf die Glykogenspeicher bezieht. Auf seiner Homepage listet Dr. Feil mehrere vermeintliche Vorteile einer fettreichen und kohlenhydratarmen Ernährung auf. So sollen, bei Nutzung der gesunden Fettquellen, unter anderem die Entzündungen im Körper geringer ausfallen, der Blutzuckerspiegel stabilisiert und eine bessere Sättigung erreicht werden.
Um während der Belastung weniger abhängig von den Kohlenhydraten zu sein, existieren unterschiedliche Strategien. Neben der Füllung der intramuskulären Fettspeicher durch die fettreiche Basis-Kost können auch mittelkettige Fettsäuren (Capryl-, Caprin-, Laurinsäure, C8-C12) in der Mahlzeit vor der Belastung zusammen mit Kohlenhydraten aufgenommen werden. Diese werden, im Gegensatz zu den meisten Nahrungsfetten, die vorwiegend aus längerkettigen Fettsäuren bestehen, schnell resorbiert, und führen ebenfalls zu einer stärkeren Fett-Oxidation während der Belastung (Lambert et al, 1997). Moderate Ausdauer-Belastungen können laut der Autoren nach einer Fettadaptation durch eine sehr fettreiche Kost (mehr als 70 % der Energie) länger durchgehalten werden. Auch bei einem 20km-Test auf dem Fahrrad wurde eine verbesserte Leistungsfähigkeit nach der Fettadaptation festgestellt.
Jedoch verläuft die Fettsäure-Oxidation langsamer und damit unökonomischer ab als die Kohlenhydrat-Oxidation. Es ist also sinnvoll, durch Trainings- und Ernährungsstrategien den Fettstoffwechsel zu trainieren und dem Körper beizubringen, sparsam mit den vorhandenen Kohlenhydratreserven umzugehen, doch sollte man wissen, dass intensivere Ausdauerbelastungen in erster Linie vom Kohlenhydratstoffwechsel und -angebot abhängig sind. Dies wird unter anderem durch Hawley und Leckey (2015) unterstrichen. Auch andere Autoren vertreten die Meinung, dass sich bei hochintensiven Belastungen eine fettreiche Kost leistungsmindernd auswirkt (Burke, 2015). Letztere empfehlen eher eine individualisierte, periodisierte Ernährung für eine höhere metabolische Flexibilität bezüglich der Nährstoff-Oxidation.
Zu guter Letzt sei auf die Ernährung der Kenianer hingewiesen. Eine einwöchige Untersuchung mit zehn Läufern in einem Trainingscamp in Kaptagat ergab, dass die Kenianer über 75 % ihrer Kalorien aus Kohlenhydraten und weniger als 15% aus Fett zu sich nahmen (vgl. Jörg Wirz, 2006). Ob dies die optimale Ernährung ist, kann keineswegs gesagt werden, doch sind die Kenianer, gemeinsam mit anderen ostafrikanischen Läufern, bekanntermaßen die besten Langstreckenläufer der Welt. Also kann ihre Ernährung nicht ganz verkehrt sein. Durch die hohe Kohlenhydratbetonung in ihrer Kost haben sie fast immer gut gefüllte Glykogenseicher und können damit auf hohem Niveau trainieren. Hier sieht man, dass viele Wege nicht nur nach Rom, sondern ebenso nach Rio oder auf das Siegerpodest der hochkarätigen Ausdauer-Veranstaltungen dieser Welt führen.
Quellen
http://www.dr-feil.com/allgemein/wie-viel-fett-braucht-der-mensch-wirklich.html, besucht am 12.2.2016
https://www.centrosan.com/Wissen/NaehrstoffLexikon/Detailansicht_Objekte_Lexikon.php?we_objectID=77 , besucht am 12.2.2016
Yeo WK, Carey AL, Burke L, Spriet LL, Hawley JA: Fat adaptation in well-trained athletes: effects on cell metabolism. Appl Physiol Nutr Metab. 2011 Feb;36(1):12-22. doi: 10.1139/H10-089.
Burke LM, Hawley JA: Effects of short-term fat adaptation on metabolism and performance of prolonged exercise. Med Sci Sports Exerc. 2002 Sep;34(9):1492-8.
Lambert EV, Hawley JA, Goedecke J, Noakes TD, Dennis SC: Nutritional strategies for promoting fat utilization and delaying the onset of fatigue during prolonged exercise. J Sports Sci. 1997 Jun;15(3):315-24.
Hawley JA, Leckey JJ: „Carbohydrate Dependence During Prolonged, Intense Endurance Exercise.“ Sports Med. 2015; 45(Suppl 1): 5–12.
Burke LM: Re-Examining High-Fat Diets for Sports Performance: Did We Call the ‚Nail in the Coffin‘ Too Soon? Sports Med. 2015 Nov;45 Suppl 1:33-49
Jürg Wirz: „Run to win. Die Erfolgsgeheimnisse der Kenianer“, Meyer&Meyer-Verlag, 2006
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