Da saßen wir… in einem Café… Sie erzählte und ich hörte zu. Anschließend ging ich nach Hause und dachte nach. Brauchte einige Tage, um die Gedanken in Worte zu fassen. Schließlich wollte ich ihrer persönlichen Geschichte nicht zu Nahe treten.
Ich stelle Dir die Frage: Was macht dich aus? Der Sport?
Oder anders: Was zeichnet dich aus? Deine Leistung?
Bedeutet das, dass erst der Erfolg bzw. die Niederlage etwas über uns aussagen? Sind wir erst wer, wenn unsere Leistungsdaten katalogisiert werden können? Und interessiert man sich für uns, wenn sich diese im Vergleich von anderen abheben?
Der Erfolg ist augenscheinlich ein makelloses MakeUp – fotogen und für die Medien attraktiv. Die Niederlage hingegen die abgeschminkte, unperfekte Version.
Aber wer ist schon perfekt?
Es gab diesen Moment, als ich ihr gegenüber saß und meine Worte nur ins Leere fielen. In sich gekehrt schaute sie auf den Tisch vor sich. Senkte den Kopf nachdenklich zur Seite. Wich mit ihren Augen aus, als sich langsam Tränen zeigten. Mir wurde erneut bewusst, dass jeder eine Geschichte mit sich trägt, die trotz genauer Recherche nicht für alle gänzlich greifbar wird.
Das Bild, welches wir nach Außen vermitteln, entspricht nur zum Bruchteil dem, wer wir wirklich sind. Objektiv betrachtet mag Erfolg und Niederlage zu bewerten sein, aber eigentlich weiß nur der Betroffene selbst, welche Leistung tatsächlich dahinter steckt.
Fest steht: niemand kann durchweg Bestleistungen bringen. Gleichzeitig sind Erfolg und Bestleistungen immer etwas Persönliches. Wir müssen unseren eigenen Erwartungen gerecht werden und nicht die der anderen. Ansonsten versuchen wir krampfhaft, Anforderungen zu erfüllen, zu denen wir aktuell vielleicht aber nicht in der Lage sind. Setzen uns so zwangsläufig unter Druck und verlieren den ehrlichen Bezug zu unserer Leidenschaft. Dabei ist gerade die Leidenschaft der wertvollste Antrieb und der größte Motivator, um Bestleistungen zu bringen.
Nicht die Medien sollten den Ausmaß unserer Gefühle bestimmen – Frustration bei einer Niederlage oder Zufriedenheit bei Erfolg – sondern wir allein.
Es tat weh mit anzusehen, wie eine Leidenschaft zur Last fällt bzw. wenn eine Leidenschaft nicht ausgelebt werden kann (beispielsweise verletzungsbedingt) und die Angst, was nun andere von einem denken und erwarten, unter Druck setzt. Wie viel Kraft geht doch verloren, wenn wir ständig Rechenschaft ablegen. Höre auf, die Dinge schön zu reden, wenn sie andere als ’schlecht‘ empfinden. Definiere selbst, was gut oder schlecht ist. Und siehe davon ab, jene Wertung auch auf dich als Mensch zu übertragen.
Natürlich verlangen Leistungen entsprechenden Einsatz. Der Leistungssport fordert uns heraus. Wir allerdings können allein subjektiv einschätzen, wie weit entfernt oder nah wir an jenem Soll-Wert sind. Manchmal können wir umso mehr, wenn wir uns lediglich auf uns konzentrieren.
Sofern wir am Ende aber sagen können, dass wir alles gegeben oder/und die Umstände manchmal einfach nicht mehr hergeben haben, dann zeugt diese Einsicht auch von einer gewissen Stärke. Es zeugt von Selbstsicherheit und Selbstvertrauen. Dann setzen wir keinen Strich, sondern trotzdem ein Häkchen.
Nichts ist absolut zu bewerten, sondern relativ
Relativieren heißt dabei auch, ein ‚Besser‘ zuweilen neidlos anerkennen, aber sich davon nicht entmutigen zu lassen. Gleichzeitig auch einem ‚Schlechter‘ Achtung entgegen zu bringen, weil wie gesagt keiner weiß, was genau dahinter steckt.
Wir können uns eigentlich keiner Sache sicher sein, außer uns selbst
Die einzige Unsicherheit, die du zulassen solltest, ist die Frage nach dem Potenzial, das noch in dir steckt. In den ganzen Statistiken, Zahlen und Fakten… vermeintlichen Resultaten, Titeln und Bestzeiten versetzt der Glaube immer noch Berge. Deshalb glaube an dich selbst und gebe dich den medialen Schwankungen nicht hin. Akzeptiere lieber, dass diese sportlichen ‚Wechseljahre‘ ganz normal sind. Wir sind auch nur Menschen – mit der Gabe zu reflektieren und sich seiner bewusst zu sein.
Und unserer bewusst werden wir uns nicht, wenn uns andere erst einen Wert zusprechen. Begegnen wir uns lieber selbst mit Achtung und Wertschätzung und sind hinterher, das Bestmöglichste aus uns herauszuholen.
Leben und genießen wir unsere Leidenschaft, für die wir brennen. Allerdings sollten wir allein Holz nachlegen bzw. es ruhig auch mal anbrennen lassen – das nächste Mal haben wir einen Eimer Wasser in Reichweite. Wir lernen dazu. Wir werden besser. Aber alles zu seiner Zeit und den Umständen entsprechend, denn ganz allein DU hast es in der Hand.