Im Gespräch mit Jochen Jöhring werfen wir einen Blick auf die jüngsten Trends im (Lauf-) Schuhbereich , die Positionierung von MIZUNO im europäischen Markt und welche Herausforderungen und Chancen ein globales Unternehmen mit japanischen Wurzeln „mit sich bringt“
Jochen, bevor wir tief in die „Schuhwelt“ eintauchen, vielleicht ein paar Worte zu Deiner Person: Skizziere doch einmal kurz Deinen persönlichen Werdegang und welche Aufgabe Du als „Category Manager Running“ bei MIZUNO Deutschland innehast:
Ja gern. Ich bin Jochen Jöhring und seit 2009 im Unternehmen MIZUNO tätig.
Ich selbst habe einen laufsportlichen Hintergrund; lief früher in der erweiterten deutschen Marathonspitze (bspw. Platz 2 beim RWE Essen Marathon in 2000) und hatte das Privileg eines kleinen Ausrüstervertrags mit Adidas. Schon damals fand ich das Thema „Laufschuhe“ spannend und habe mich aus Athletensicht intensiv mit den Materialien beschäftigt. Also ist es nicht verwunderlich, dass ich bei MIZUNO im Running-Department gelandet bin. Zunächst war ich jedoch im Vertrieb tätig und habe dort vor allem die Bunert-Gruppe und LEX betreut. Durch meine große Affinität für die in unseren Laufschuhen verarbeiteten Materialien und Technologien, bin ich im Verlauf dann mehr und mehr in die „Produktwelt“ eingestiegen und seit 2018 „Category Manager Running“.
Das heißt, ich bin quasi der Mittelsmann zwischen unseren Händlern und Partnern im Vertrieb und der Entwicklungsabteilung von MIZUNO Europe im Laufschuhbereich.
Konkret hole ich aktiv Feedback von unseren Laufexperten im Handel zu Prototypen und aktuellen Laufschuhmodellen ein und gebe deren Kritik an unsere Entwickler weiter, damit diese direkt und bedürfnisorientiert die Prototypen anpassen und für den Markt weiterentwickeln können.
Da wären wir ja auch schon beim Thema: Dem Laufschuh-Markt in Deutschland. Lass uns diesen zunächst von einer recht allgemeinen Perspektive betrachten. Wie würdest Du den Running-Markt definieren?
Der Laufschuh-Markt in Deutschland und auch international ist ganz klar ein Verdrängungsmarkt und von allen Playern extrem hart umkämpft. Aber das Potenzial lockt: Nach Fußball ist Running eben das größte und wichtigste Sportschuh-Segment. Zudem ist Running nach wie vor im Trend mit vielen spannenden Ausdifferenzierungen. Sich im Markt zu positionieren und durchzusetzen ist aufgrund der hohen Konkurrenzdichte schwierig, aber bietet eben auch die Chance für Unternehmen, sich bei Erfolg neue Marktfelder zu erschließen.
Wie also positioniert sich MIZUNO in diesem „Haifischbecken“ und um welche Zielgruppe konkurriert Ihr mit Marken wie Adidas oder Nike?
Ihr als – im positiven Sinne – „Ausdauer-Nerds“ seid eigentlich die Speerspitze der Running-Community. Die Zielgruppe der Profi-Sportler und Leistungssportler im Ausdauersport ist sehr spezifisch und vergleichsweise klein. Eine Nische, aber dennoch ein wichtiges Segment. Denn erfolgreiche Sportler sind Vorbilder und Meinungsbilder.
Aus wirtschaftlicher Betrachtung ist jedoch die Zielgruppe der „Freizeit- und Hobbysportler“ die Nummer 1. Genau diese wollen wir mit unseren Laufschuh—Modellen überzeugen. Natürlich gibt es auch hier nochmal eine Differenzierung, die wir mit unseren Laufschuhen abbilden – der eine sucht ein möglichst komfortables Laufgefühl, ein anderer wiederum Leichtigkeit und Dynamik.
Nun muss man aber auch festhalten, dass es um MIZUNO in den vergangenen 3 oder 4 Jahren, vor allem was die technologische Weiterentwicklung der Laufschuh-Kollektion betraf, eher ruhig war. Diesen Sommer habt ihr dann mit dem Launch der MIZUNO ENERZY Technologie „nachgezogen“. Wie lässt sich diese „verspätete“ Reaktion erklären?
Einerseits haben wir uns, das muss man sich glaube ich ehrlich eingestehen, sehr auf das Thema „Leichtbau“ konzentriert und so womöglich den ein oder anderen Trend im Bereich Schuhdesign, Obermaterial und Sohlentechnologie nicht rechtzeitig erkannt. MIZUNO ist ein globales Unternehmen mit jedoch immer noch stark in der japanischen Kultur verankerten Werten und Traditionen. Akribie, Sorgfalt, Qualität sind Grundwerte, auf die wir sehr stolz sind. Aber so dauert der Entwicklungsprozess eines neuen Produkts in unserem Unternehmen vermeintlich lange, da jedes Detail vorab sehr intensiv erprobt, getestet, nachjustiert und wieder getestet wird.
Die schnelllebigen, oft auf dem westlichen Markt entstehenden Trends und diese für die japanische Unternehmensführung als relevant zu kommunizieren und entsprechend auf unsere Produkte zu transferieren, ist immer wieder eine Herausforderung. Aber diese Hürde haben wir erkannt und uns strukturell und personell verstärkt, um zukünftig Erkenntnisse noch effektiver, differenzierter und vor allem schneller zu transferieren.
DER aktuelle Trend überhaupt heißt „Carbon“. Nike hat mit dem Vaporfly bzw. Alphafly einen Schuh herausgebracht, mit dem die Weltelite gefühlt einen Rekord nach dem anderen rennt. Adidas, Asics oder Saucony haben mittlerweile ebenfalls Carbon-Modelle im Programm, MIZUNO jedoch (bewusst) nicht. Wie ist hier Eure Haltung?
Ehrlich gesagt finde ich es schade um das schöne Carbon – das wären so viele tolle Rennräder geworden (lacht).
Nein – Spaß beiseite: Es ist ein Trend, der, vergleicht man die aktuellen Laufergebnisse der Elite, im Profisport durchaus einen positiven Leistungseffekt vermuten lässt. Ich persönlich halte den Nike Vaporfly allerdings nicht für einen massenkompatiblen Schuh. Das Dynamikverhalten des Schuhs stellt besondere Anforderungen an den Läufer, die man auch als gut trainierter Mittelfußläufer erst einmal händeln muss. Laufen ist eine so urnatürliche Sportart, die sollte man in meinen Augen, zumindest abseits des Profisports, nicht unnötig verkomplizieren.
Wo liegt also bei MIZUNO aktuell und in naher Zukunft der Fokus bei der Laufschuh-Technologie?
Wir arbeiten in unseren Sohlen mit der sogenannten „Wave-Plate“ in Kombination mit weiteren Sohlen-Layern als Dämpf- und Energiespeichersystem. Dieses Zusammenspiel und auch die Struktur der Wave-Plate haben wir überarbeitet, sodass wir bei den neuen Modellen, zum Beispiel dem Wave Aero, eine signifikant höhere Energierückgewinnung der Laufkraft generieren. „Bouncy“ trifft es vielleicht ganz gut: Auch bei uns liegt der Fokus auf der Laufdynamik, aber das ursprüngliche Laufgefühl und der Komfort sollen nicht darunter leiden! Ebenso wenig die Umwelt – so ist unsere Wave-Plate beispielsweise nachhaltig auf Basis von Pflanzenöl hergestellt und, anders als Carbon, kein Sondermüll.
Das ist doch noch ein spannendes Thema zum Abschluss: Wie integriert MIZUNO aktuelle Themen wie Nachhaltigkeit und globale Verantwortung in seinen Produkten und im Unternehmen generell?
Nachhaltiges, global verantwortungsvolles Produzieren und Wirtschaften ist ein großes Thema. Aber, auch hier wieder „typisch japanisch“: man hängt es „medial“ nicht an die große Glocke. In der Textilkollektion wird zum Beispiel eine Faser eingesetzt, die teflonartige Eigenschaften besitzt und die Textilien von Grund auf weniger Schmutz „aufnehmen“ und bei weniger intensiven Waschgängen rein werden. Gerade entsteht auch in Osaka ein riesiges Entwicklungszentrum, wo schwerpunktmäßig nachhaltige Materialien, Produkte und Konzepte entwickelt und ressourcenschonende Synergien zwischen den einzelnen Produktgruppen und Abteilungen geschaffen werden sollen. Als kleine Anekdote dazu vielleicht noch: Die neue MIZUNO ENERZY Technologie, die wir im Juli diesen Jahres gelauncht haben und in den aktuellen Laufschuh-Modellen verwenden, stammt ursprünglich aus unserem Tischtennis-Departement: Die verschiedenen Schaumbeläge des Tischtennis-Schlägers, die dem Ball unterschiedliche Dynamiken mitgeben, war quasi die Vorlage, aus der die MIZUNO ENERZY Technologie konzipiert wurde.
Outside the Box ist immer einen Blick wert!
Jochen, vielen Dank für Deine Zeit und die Einblicke, die Du uns in die Sphären des Laufschuh-Marktes und ins Unternehmen MIZUNO gegeben hast!
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