Als breit aufgestellte Läuferin und u.a. Berg-Läuferin findet mein Training seit ein paar Jahren mindestens einmal in der Woche in den hessischen Mittelgebirgen im Taunus statt. Dafür muss ich nur zum Hauptbahnhof laufen, in die S-Bahn einsteigen und 20 Minuten fahren. Jedes Mal steht etwas Neues auf dem Trainingsplan und bei jeder Fahrt freue ich mich auf die neue Erfahrung, die ich gleich erleben werde. Heute steht meine letzte Einheit vor einem Wettkampf an. In wenigen Tagen werde ich nach sechzehn Monaten wieder mit anderen Läufer*innen an einer Startlinie stehen. Teilnehmen werde ich an der italienischen Meisterschaft im Berglauf (Staffellauf) in Italien (Lanzada, Lombardei). Die Strecke ist 5,5 km lang und hat 340 hm (hoch und dann auch wieder runter).
Aber zurück in den Taunus: Schon drei Haltestellen vor der Endstation kann ich vom Fenster den Altkönig (dritthöchster Berg im Taunus nach dem Feldberg) sehen. Verschiedene Grüntöne vermischen sich ineinander und an manchen Stellen ist die Landschaft auch kahl. Ich atme tief und beobachte einfach diese traumhaft schöne Landschaft, die mich so gut beruhigt. Ich steige aus der Bahn und schon kommen Erinnerungen aus vergangenen Trainings und Gespräche hoch. Bei den ersten zwanzig Minuten laufe ich mich ein. Zuerst geht mein Weg durch einen Park und dann weiter an einer Straße entlang Richtung Wald. Mit der Einheit möchte ich vor allem Hinblick auf die Technik achten und einen ökonomischen Schritt trainieren. Das Programm besteht aus vier Wiederholungen einer je fünfminutigen Belastung am Berg. Dabei muss ich aber auch ein bisschen denken: Die erste Serie ist progressiv, die zweite und die dritte im Wechseltempo und die letzte im Wechselschritt zu laufen. Es ist ja so, dass bei Wettkämpfen und insbesondere bei Bergläufen nicht immer das gleiche Tempo gehalten wird. Denn, je nach Terrain und Steigung, ist der Schritt und der Geschwindigkeit dementsprechend anzupassen.
Die erste Serie fängt gleich an einem schattigen und steilen Anstieg, der nach drei Minuten abflacht und mir ermöglicht den Schritt etwas in die Länge zu ziehen und das Tempo zu erhöhen. Der zweite und dritte Intervall sind gleich zu laufen und zwar, indem ich bewusst eine Tempoverschärfung und -entschärfung trainiere. Der Pfad nimmt jetzt einen eigenwilligeren Verlauf den Hang hinauf. Ich nehme das Tempo raus und laufe konstant im Zickzack zwischen den Bäumen. Noch 50 m quäle ich mich im Kriechtempo voran und dann flacht die Stecke wieder auf. Mein Schritt bleibt flach aber verlagert sich immer mehr. Ich versuche dabei Energie anzuzapfen und nehme wahr, wie meine Schultern nach unten fallen und meine Arme parallel zu meinem Körper von vorne nach hinten schwingen. Das Rascheln der Blätter verstärkt bei mir die Vorstellungskraft, dass der Wind mich gerade abkühlt. Meine Uhr sagt schon fünf Minuten und zehn Sekunden und ich drossele das Tempo weiter.
Ich lächle und habe einfach Spaß mit diesem intuitiven und kreativen Training in der Natur!
Clara