Für Folge 3 habe ich mich noch ein bisschen länger auf der Langlauf-Loipe umgesehen und bin auf eine weitere Sportler-Spezies gestoßen, die hier ihre Runden dreht: Biathleten! Sie kombinieren Skilanglauf mit Schießen. Ob bei diesem umfangreichen Training überhaupt noch Zeit für alternatives Laufen bleibt? Ich habe bei Nachwuchstalent Johannes Donhauser nachgefragt, der mit Platz 9 bei der letztjährigen Junioren-Weltmeisterschaft zu den größten Hoffnungsträgern für die Zukunft gehört…
„Ich schätze, ich komme auf 800 bis 900 Kilometer pro Saison“, meint Johannes. Ein Mangel an Lauf-Trainingseinheiten hört sich anders an, oder? „Ja, das stimmt. Gerade zu Beginn der Saison laufen wir sehr viel. Aber je näher wir aber dem Schnee kommen, umso weniger Kilometer werden es. Im Winter laufe ich dann meistens wirklich nur noch zum Auslockern nach Wettkämpfen.“
Diese Verteilung des Trainings in Schuhen und auf Skiern im Verlauf der Saison ist mir schon aus den Berichten von Katharina Hennig bekannt. Und so finden sich auch bei Johannes vor allem im Sommer Bahn-Intervalle, Bergläufe und langlaufspezifische Schrittsprünge. „Aber in den warmen Monaten des Jahres ist unser Training oft noch viel abwechslungsreicher, da wird nicht nur gelaufen“, erklärt Johannes und zählt noch eine Menge anderer Sportarten auf, die er mit seinen Biathlon-Trainingspartnern als Alternative zum Langlaufen nutzt: Rennrad, Mountainbike, Kajakfahren, Krafttraining und – natürlich – Rollerski.
Diese sind sowohl für die klassische als auch für die Skating-Technik eben das einfachste Mittel, um die Bewegung im Schnee nachzuahmen: „Im Skilanglauf ist die Technik relativ komplex. Von der Länge der Belastung würde ich uns Biathleten mit 10km-Straßenläufern vergleichen, aber im Gegensatz zu denen haben wir doch einiges mehr an Muskeln – und das nicht nur an den Armen.“ Zwar ist Johannes durchaus ein schlaksiger drahtiger Typ, stellt man ihn aber neben seine ehemaligen Trainingspartner aus alten Läuferzeiten, erkennt man sofort, wer hier welchen Sport macht.
Johannes hat nämlich tatsächlich auch schon eine erfolgreiche Bahnlaufkarriere hinter sich: Bis zum B-Jugendalter absolvierte er zahlreiche Wettkämpfe über Distanzen wie 3000m oder 1500m. Dann dauerte es aber nicht mehr lange, bis der junge Athlet, dessen Herz insgeheim schon immer für den Wintersport geschlagen hatte, endgültig die Sportart wechselte: „Nur laufen ist mir zu langweilig, da passiert beim Langlaufen einfach viel mehr.“
Eine gute Voraussetzung für die nachfolgende und vor allem erfolgreiche Biathlon-Karriere war das Kilometersammeln im Laufschritt aber anscheinend schon. Johannes grinst zustimmend: „Laufen bringt meiner Meinung nach vor allem was für die Pumpe.“ Also Ausdauer. Die Story kenne ich ebenfalls schon von Katharina Hennig.
„In Verbindung mit dem Schießen hat Lauftraining aber sogar noch einen weiteren Vorteil“, meint Johannes: „Du musst bis zum Schießstand arbeiten und kannst nicht wie auf Ski die letzten Meter ausfahren. Dadurch kann man später im Wettkampf mit einem vielleicht minimal höheren Puls immer noch treffsicher schießen.“ Klingt logisch – und effektiv.
Wie es scheint, wissen also sowohl Langlauf-Profis als auch Biathlon-Spezialisten das Lauftraining und die damit verbundenen Vorteile durchaus zu schätzen und für ihre Zwecke einzusetzen. Die Läufer ihrerseits greifen ebenfalls gerne auf die Skier zurück, um im Winter neue Reize für eine erfolgreiche Saisonvorbereitung zu setzen. Bei der Frage nach „Lang laufen oder Langlaufen“ gibt es also keine eindeutige Antwort, eine Entscheidung muss gar nicht getroffen werden, denn beides ergibt Sinn – ganz egal bei welchen Rennen man sich letztlich an die Startlinie stellt. Und wer weiß, vielleicht kann der Blick über den Tellerrand der eignen Sportart manchmal auch das Geheimrezept zum Erfolg sein…
Übrigens: Für alle wintergeplagten Straßenläufer, die momentan trotz der schwierigen Trainingsbedingungen nicht auf das Marathon-Feeling verzichten wollen, ist vielleicht ein Skimarathon auf Skiern ein gute Idee, zum Beispiel am 12.3.2017 im Engadin (http://www.engadin-skimarathon.ch/engadin-skimarathon.html) – Viel Spaß!