Nach meinem Gespräch mit Langläuferin Katharina Hennig schaue ich mir das Thema nun von der Gegenseite an: Aus der Läufer-Perspektive, also die mit Schuhen anstelle der Skier. Und wer könnte hier geeigneter sein, als der amtierende deutsche Marathonmeister, Marcus Schöfisch? Wir werden herausfinden, ob auch er etwas mit Schnee und Skiern anfangen kann, oder eher nicht…
Ich erwische Marcus an einem arbeitsfreien Nachmittag kurz nach Neujahr. Bald geht bei ihm wieder der normale Alltag mit Dienst bei der Bereitschaftspolizei los. Über die Weihnachtstage war er allerdings viel unterwegs und hat anschließend den Silvesterlauf in Bietigheim absolviert. „Von meiner Leistung bin ich jetzt nicht begeistert, aber nach zehn Tagen anstrengendem Skitrainingslager darf man sich da wohl auch nicht zu viel ausrechnen“, räumt er ein.
Skitrainingslager? Da werde ich doch gleich hellhörig und bohre ein bisschen nach. Wie sieht das genau aus? „Ich fahre eigentlich jedes Jahr mindestens einmal nach Balderschwang, um für etwa zehn Tage Skilanglauf zu trainieren. Wenn es die Bedingungen zulassen manchmal auch noch öfter. Man kann gerade im Winter sehr gut einen langen Dauerlauf am Wochenende in den Schnee verlegen.“
Dass es gerade, wenn Straßen vereist oder rutschig sind, durchaus sinnvoll ist, die Laufschuhe gegen Skier auszutauschen, ist verständlich: Wer in den letzten Tagen schon mit festgefrorenem Schnee, Eismatsch oder halbgetaute Dreckpfützen zu kämpfen hatte, weiß, was ich meine. Was jedoch nicht außer Acht gelassen werden darf, bevor man sich kurzerhand ein Paar Skier und Stöcke besorgt, ist die Tatsache, dass Langlaufen erst einmal gelernt sein will.
„Für mich war das nie ein echtes Problem“, erklärt Marcus, „durch meine Heimat Sachsen bin ich nicht weit entfernt von den Bergen aufgewachsen und stand mit 13 oder 14 Jahren das erste Mal auf Langlaufskiern.“ Doch selbst er gesteht, dass die Bewegung für ihn dennoch kein Kinderspiel ist: „Man muss in erster Linie viel intensivere Armarbeit leisten und gerade die klassische Technik ist gar nicht so easy. Das mag man vielleicht gar nicht glauben, aber bis man den richtigen Zeitpunkt zum Abdruck vom Boden gefunden hat – das dauert schon seine Zeit.“
Wenn man den Dreh dann einmal raus hat, geht es allerdings umso leichter und macht natürlich auch umso mehr Spaß. Manchmal absolviert Marcus dann sogar Koppel-Einheiten, bei denen zwischen Laufen in Schuhen und Laufen auf Skiern abgewechselt wird. Je näher das Langlauf-Training an der spezifischen Vorbereitung auf die Frühjahrs-Saison liegt, desto mehr wird das Augenmerk dann selbstverständlich auf die Lauf-Anteile gelegt. „Man wird eben nur vom Laufen schneller, aber ich bin jetzt ja noch nicht in der Marathon-Vorbereitung. Momentan dient mir das Langlaufen als Alternativ- und Grundlagentraining. Warum sollte ich im Januar schon meine langen spezifischen Dauerlauf-Programme absolvieren?“
Und noch einen weiteren positiven Aspekt weiß der deutsche Marathon-Meister am Training auf den Skiern zu schätzen: „Die Stauchung bei Auftreten wird fast komplett vermieden. Man kann stundenlang laufen ohne den passiven Bewegungsapparat zu stark zu beanspruchen.“ Für Marcus wurde dieser Effekt bei einer hartnäckigen Patellasehnen-Entzündung schon zur ungeahnten Rettung: „Ich hatte bei jeder Bewegung Schmerzen: Beim Laufen, Radfahren, Schwimmen und sogar Aquajoggen. Aber Langlaufen hat funktioniert. Ich war dann immer schön in klassischer Technik unterwegs und musste keine komplette Trainingspause machen.“
In der Skating-Technik wird natürlich in verletzungsfreien Zeiten genauso gerne trainiert. Abwechslung ist schließlich immer willkommen: „Wenn es die Arbeit zulässt möchte ich im Februar noch einmal für einige Tage zum Skilaufen gehen. Ich trainiere häufig mit ein paar Triathleten aus der Schweiz, das macht mir richtig viel Spaß“, berichtet er von seinen Planungen für die kommenden Wochen, „natürlich wäre ein Klima-Trainingslager in Spanien oder Portugal jetzt auch eine tolle Option, aber das ist momentan wegen der beruflichen Verpflichtungen einfach nicht drin.“
Doch während andere momentan die Sonne im Süden genießen, hat Marcus Schöfisch mit dem Skilanglauf trotzdem eine gute Alternative gefunden: „Eins darf man auch nicht unterschätzen: Wo Berge sind, ist man immer ein bisschen in der Höhe“ – und die soll der Ausdauerleistung ja nicht gerade schaden, oder?