Bei der Halbmarathon-WM Mitte Oktober im polnischen Gdynia überzeugte Laura Hottenrott vom TV Wattenscheid mit einer Steigerung ihrer Bestzeit auf 1:10:49 Stunden, womit sie den 26. Rang belegte und zum überraschenden Gewinn der Bronze-Medaille des deutschen Frauen-Teams beitrug. Die 28-Jährige gebürtige Hessin erzählt im Interview unter anderem, wie sie die „Corona-Zeit“ bislang erlebt hat und was ihr Ziel für die kommende Saison ist.
Hallo Laura, herzlichen Glückwunsch zu deiner starken Leistung bei der Halbmarathon- WM! Ursprünglich sollte diese Veranstaltung bekanntlich Ende März stattfinden. Erzähle doch zunächst einmal, wie Du mit der Absage damals umgegangen bist und wie Du Dich in den folgenden Wochen und Monaten motiviert hast!
Dankeschön! Ja, als im Frühjahr dann auch noch die ganzen Marathons abgesagt wurden, war ich wirklich völlig demotiviert. Ich habe dann erstmal Pause gemacht; schließlich lässt sich eine gute Form nicht ewig konservieren. Aus Spaß bin ich dann viel Rad gefahren und habe im Laufen neues Terrain erkundet, bin einige Trails gelaufen. Als neue Herausforderung im Sommer habe ich mir dann einen Triathlon gesucht, nämlich die Challenge Davos über die Mitteldistanz. So bin ich neben dem Laufen und Radfahren auch viel geschwommen, was sonst eher nicht so meins ist. Das Rennen in Davos ist immer hochkarätig besetzt und ich war im Profifeld gemeldet, sodass es ein großer Ansporn für mich war.
War dieser Triathlon denn nur als „Abstecher“ geplant oder hättest Du Dir vorstellen können, ganz zum Triathlon zu wechseln?
Es sollte auf jeden Fall nur ein Abstecher werden. Ich liebe das Laufen und habe hier noch viele Ziele zu verwirklichen. Das Rad setze ich allerdings sowieso gerne als Trainingsmittel ein und so musste ich mich halt auch noch für das Schwimmen motivieren. Der Wettkampf in Davos wurde allerdings kurz vor Ende des Schwimmens wegen eines Gewitters abgebrochen! Dieses Jahr war irgendwie schon verrückt. Wenn ein Wettkampf nicht coronabedingt ausfällt, dann wegen eines Unwetters! Ich war schon ziemlich traurig, nach der ganzen Vorbereitung!
Das ist verständlich! Wie lief denn dann der Übergang wieder zurück ins reine Lauftraining? Schließlich bist Du Ende September in Berlin mit 33:08 min eine 10km-Bestzeit gelaufen, bevor Du Mitte Oktober deine Halbmarathon-PB um über eine Minute auf 1:10:49 h gesteigert hast. Du konntest anscheinend schnell neue Motivation schöpfen.
Ja, ich hatte die Hoffnung, dass die Halbmarathon-WM in Gdynia wie angekündigt auch tatsächlich am 17. Oktober nachgeholt werden würde und habe im Training voll darauf gesetzt. So bin ich im Training ab Ende August wieder deutlich mehr gelaufen und es lief von Woche zu Woche besser. Der 10km-Lauf Ende September in Berlin diente als Test aus dem Halbmarathon-Training heraus und auch die Wochen danach lief das Training nochmal richtig gut. Mein Vater und Trainer (Kuno Hottenrott, Anm. der Red.) kennt mich da am besten und gestaltet jede Vorbereitung anders. Es hat echt gut geklappt und ich bin wirklich dankbar für die Halbmarathon-WM, das war ein großer Erfolg. Es ist nicht selbstverständlich in unserem Sport, dass alles so gut hinhaut; man hat ja auch oft viele Durststrecken! So gesehen war 2020 trotz Corona sportlich gesehen mein bestes Jahr! (Bereits Mitte Februar war Laura in Barcelona mit 1:11:56 h eine Halbmarathon-Bestzeit gelaufen, Anm. d. Red.)
Und dann nimmt man auch gerne wieder das harte Training für die nächsten Ziele in Kauf.
À propos nächste Ziele: Was hast Du Dir denn für die nächste Saison als Ziel gesetzt?
Ich möchte gerne einen Marathon unter 2:29:30 h laufen, also unter der Olympianorm. Ich würde gerne Anfang Dezember in Valencia starten, habe für das Rennen allerdings keinen Startplatz erhalten. So hoffe ich auf einen guten Marathon im nächsten Frühjahr!
Dann erzähle uns doch mal, wie dein Alltag so aussieht. Schließlich arbeitest Du auch als Sportwissenschaftlerin in Teilzeit an der Uni Bochum; womit beschäftigst Du Dich hier speziell und wie bekommst Du die Arbeit mit dem Marathon-Training unter einen Hut?
Ich promoviere im Bereich der Trainingswissenschaft. Derzeit beschäftige ich mich mit der Regeneration im Leistungssport und hier im Speziellen mit den geschlechterspezifischen sowie den altersbedingten Unterschieden.
Mein Alltag sieht so aus, dass ich meistens zwei Trainingseinheiten am Tag absolviere: Die weniger intensive Einheit morgens nach dem Aufstehen, bevor es dann an die Arbeit geht. Entweder an der Uni oder im Homeoffice. Die zweite, intensivere Trainingseinheit folgt dann vor dem Abendessen.
Danke für diese Einblicke, Laura! Zu guter Letzt: Hast doch den einen oder anderen Tipp für Läufer jeder Leistungsklasse, um die Motivation während des coronabedingten Lockdowns beizubehalten?
Ich würde raten, im Trainingsalltag Abwechslung und neue Herausforderungen zu suchen, also zum Beispiel sein Tempotraining irgendwo auf Naturwegen zu absolvieren, neue Strecken zu erkunden. Also einfach mal raus aus alten Gewohnheiten kommen!
Dann danke für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg!