Die Mikronährstoffe spielen neben den Energielieferanten Kohlenhydrate, Fett und Eiweiß bekanntlich eine große Rolle in der Sporternährung. Nachdem an dieser Stelle bereits das Spurenelement Eisen näher unter die Lupe genommen wurde, sollen nun die Vitamine und Mineralstoffe generell besprochen werden, wobei die Frage im Blickpunkt steht, ob eine Supplementierung bei Leistungssportlern notwendig ist.
Aufgrund des erhöhten Energieumsatzes ist bei täglich trainierenden Sportlern neben dem Kalorien- auch der Mikronährstoffbedarf erhöht. Schließlich werden unter anderem zur Energiegewinnung unterschiedliche Vitamine und Mineralstoffe benötigt, die wichtige Funktionen bei den entsprechenden Stoffwechselwegen haben. Des Weiteren werden unter anderem über den Schweiß erhöhte Mengen an Mineralstoffen und Spurenelementen ausgeschieden. Einige Vitamine, insbesondere aus dem sogenannten „B-Komplex“, sind direkt am Energie-Stoffwechsel beteiligt, sodass die Zufuhrempfehlungen häufig nicht in absoluten Mengen, sondern proportional zur Kalorienzufuhr bzw. zum Kalorienbedarf gegeben werden. Zum Beispiel benötige man 0,5 mg Vitamin B1 pro 1000 kcal oder 6,7 mg Niacin (Vitamin B3) pro 1000 kcal. Beim Vitamin B6, welches vor allem im Aminosäure-Stoffwechsel eine Rolle spielt, werden 20 μg pro Gramm Nahrungseiweiß empfohlen. Bei vielen weiteren Mikronährstoffen stellt sich allerdings die Frage, ob der Bedarf proportional, über- oder unterproportional zum Energiebedarf ansteigt. Die Zufuhrempfehlungen für die Allgemeinbevölkerung werden so erstellt, dass laut einer Normalverteilung in der Bevölkerung mindestens 90% der Menschen ausreichend versorgt sein müssten. Schließlich ist der Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen eine individuelle Größe, da jeder Mensch einen unterschiedlichen Stoffwechsel hat. Also spricht vieles dafür, dass der Mikronährstoffbedarf für Sportler eher unterproportional im Vergleich zum Energiebedarf steigt. Das heißt, dass ein aktiver Sportler in erster Linie eine erhöhte Kalorienzufuhr gewährleisten sollte, womit er in den meisten Fällen einen Großteil der wichtigen Mikronährstoffe in ausreichender Menge aufnimmt. Einige Punkte sind dabei allerdings zu beachten.
Lebensmittel mit hoher Mikronährstoffdichte
Die Mikronährstoffdichte eines Lebensmittels bezeichnet die Menge an Vitaminen und Mineralstoffen im Verhältnis zum Kaloriengehalt, die es liefert. Der Allgemeinbevölkerung wird generell empfohlen, Lebensmittel mit einer hohen Nährstoffdichte zu bevorzugen. So sollten vermehrt frisches Obst, Gemüse und Vollkorn-Getreideprodukte auf dem Speiseplan stehen, und weniger gering ausgemahlenes Getreide (Weißmehlprodukte), Süßigkeiten und Softdrinks. So hat Coca Cola beispielsweise eine Mikronährstoodichte von praktisch null. Dieses Getränk liefert dem Körper 42 kcal pro 100 ml (aus 10,6 g Zucker), jedoch keine Vitamine und fast keine Mineralstoffe und Spurenelemente. Eine Fruchtschorle wäre so gesehen die deutlich empfehlenswertere Variante.
Bei Sportlern gelten ähnliche Empfehlungen, zumindest in der Basiskost. So heißt es beispielsweise in der „Position of the American Dietetic Assosiation“, dass für Sportler, die ausreichend Energie über eine ausgewogene Mischkost zuführen, Vitamin- und Mineralstoffsupplemente nicht notwendig seien (Rodriguez et al, 2013). Bei unausgewogener, hypokalorischer oder mikronährstoffarmer Kost sehe das allerdings anders aus. Vor allem wenn bestimmte Lebensmittelgruppen gemieden werden, kann eine Supplementierung mit manchen Mikronährstoffen sinnvoll sein. So sollten Leistungssportler, die sich vegetarisch ernähren, eventuell Zink- und Eisen-Präparate konsumieren; schließlich stellt Fleisch hier die beste Nahrungsquelle dar. Auch laut van Erp-Baart et al. (1989) ist die Vitamin- und Mineralstoffaufnahme bei Sportlern ausreichend, wenn die Energiezufuhr zwischen 10 und 20 MJ pro Tag, also zwischen ca. 1800 und 3600 kcal, liegt.
In der Vor-Wettkampf-und Wettkampfernährung sowie kurz vor (anspruchsvollen) Trainingseinheiten gilt bekanntlich etwas anderes als in der Basiskost. Hier gilt es insbesondere beim Laufen, auf die Magenverträglichkeit zu achten; hier würde sich also vielleicht eher eine Cola als eine Apfelschorle anbieten. Außerdem ist der Energie- und insbesondere Kohlenhydrastbedarf hier so hoch, dass die Mikronährstoffdichte nicht unbedingt so hoch sein muss.
Tabelle 1 zeigt den Vergleich der Nährstoff-Gehalte in hellem Weizenmehl (Type 405) im Vergleich Weizenmehl Type 1700, das als Vollkornmehl bezeichnen werden kann.
Nährstoff |
Weizenmehl Type 405 (pro 100g) |
Weizenmehl Type 1700 (pro 100g) |
Energie |
335 kcal |
302 kcal |
Eiweiß |
10,6 g |
12,1 g |
Kohlenhydrate |
71 g |
60 g |
Fett |
1 |
2 |
Vitamin B1 |
0,06 mg |
0,47 mg |
B2 |
0,03 mg |
0,17 mg |
Niacin |
0,7 mg |
4,8 mg |
B6 |
0,18 mg |
0,46 mg |
C |
0 |
0 |
E |
0,3 mg |
2,1 mg |
Calcium |
15 mg |
28 mg |
Magnesium |
20 mg |
130 mg |
Natrium |
2 mg |
2 mg |
Kalium |
108 mg |
378 mg |
Eisen |
1,5 mg |
4,7 mg |
Phosphor |
74 mg |
350 mg |
Tabelle 1: Nährstoffvergleich helles Weizenmehl/Vollkorn-Weizenmehl (Quelle: www.lebensmittel-warenkunde.de)
Hervorgehoben sind die Werte für Vitamin B1, Magnesium und Eisen beim Vollkornmehl. Dabei handelt es sich um drei sehr wichtige Nährstoffe für Ausdauersportler, welche im Weizen-Vollkornmehl in beträchtlicher Menge enthalten sind. Noch deutlich eisenreicher ist Hirse mit ca. 9 mg/100 g; jedoch lässt sich beim Nährstoff Eisen einwenden, dass die Resorption aus Getreideprodukten zumeist nicht so hoch ist, und dass hier weitere Nahrungsfaktoren eine Rolle spielen. Das helle Weizenmehl hingegen ist ein Stärkelieferant, der ziemlich fettarm, ballaststoffarm und auch mikronährstoffarm ist. Ähnlich verhält es sich bei hellem Reis im Vergleich zu Naturreis. Letzterer ist eine gute Nahrungsquelle unter anderm für Vitamin B1 und Magnesium und sollte in der Sportler-Ernährung regelmäßig Platz finden.
Kritische Nährstoffe bei Ausdauersportlern
Wenn zu Supplementen gegriffen wird, stellt sich die Frage, welche Vitamine und Mineralstoffe es denn sein sollten. Das Thema Eisen wurde schon relativ ausführlich erörtert. Hier macht eine Supplementierung insbesondere bei Ausdauersportlerinnen und auch bei männlichen Vegetariern durchaus Sinn, insbesondere wenn die Eisenwerte niedrig sind, was bei diesen Personengruppen häufig der Fall ist.
Außer bei Eisen und Zink (wegen der geringeren Verfügbarkeit aus pflanzlichen Quellen) schneidet eine vollkornbetonte ovo-lacto-vegetarische Ernährung übrigens sehr gut ab. So wurde bei einem Ultra-Etappenlauf quer durch Deutschland im Jahr 1987 die Nährstoffaufnahme zweier Gruppen miteinander verglichen (Eisinger et al, 1994). Die eine ernährte sich vegetarisch und vollkornbetont, die andere verzehrte eine „typische westliche Kost“ mit Fleisch und insgesamt wohl als nicht so gesund zu bezeichnen. Von allen relevanten Mikronährstoffen außer Natrium und Vitamin B12 nahm die vegetarische Gruppe mehr auf (also auch Eisen, jedoch insgesamt schlechter Resorbierbares). Beim Natrium ist eine nicht allzu hohe Aufnahme durchaus zu begrüßen, also konnte die vegetarische Kost den Nährstoffbedarf der Teilnehmer größtenteils ausreichend und besser decken als die herkömmliche Mischkost.
Bei einigen weiteren Nährstoffen wird jedoch häufig insbesondere Ausdauersportlern zu einer Supplementierung geraten. So sollten vor allem Athletinnen, die häufig zu einer nicht sehr hohen Energiezufuhr tendieren, besonders auf ihren Calcium- und Vitamin-D-Haushalt achten, um eine ausreichende Knochendichte zu haben und damit das Fraktur-Risiko zu minimieren. Vitamin D ist in unseren Breiten besonders im Winter als kritischer Nährstoff zu betrachten. Schließlich wird die Vitamin D-Produktion im Körper durch Sonnenlicht angekurbelt, die Nahrungsaufnahme ist häufig relativ gering, liegt kaum über 5μg am Tag. So ist es im Winter ratsam, Vitamin D zu supplementieren, möglichst 400-800 i. E. (10-20μg/Tag).
Neben dem Knochenstoffwechsel spielt Vitamin D auch für das Immunsystem eine wichtige Rolle; hier sind als weitere Nährstoffe Vitamin C und Zink zu nennen. Diese können in Tabletten- oder Pulverform supplementiert werden, um Erkältungskrankheiten vorzubeugen. Bei Vitamin C ist eine Überdosierung unproblematisch. Anstatt der allgemein empfohlenen 80 bis 100 mg täglich werden Sportlern gerne bis zu 1000 mg am Tag empfohlen. Es ist allerdings empfehlenswert, die 80 bin 100 mg auf jeden Fall über die normale Nahrung zu konsumieren, also regelmäßig frisches Obst und Gemüse (Zitrusfrüchte, Kiwi, Mango, Papaya, Paprika etc.) zu verzehren. Und zwar häufig in Kombination mit Vollkorngetreide-Produkten, schließlich wird dadurch das pflanzliche Eisen besser resorbiert.
Der Mineralstoff Magnesium wurde bereits erwähnt. Er spielt in der Sportler-Ernährung eine bedeutende Rolle, da er an über 300 enzymatischen Reaktionen im Stoffwechsel beteiligt ist. So ist er wichtig für die Muskelerregung und wird ebenso für eine gute Regeneration benötigt. Eine höhere Aufnahme als die täglich empfohlenen 350 bis 400 mg ist Sportlern also durchaus anzuraten, insbesondere an Tagen mit intensiven Belastungen. Viele speziell hergestellte Sportgetränke und auch -riegel enthalten Magnesium, außerdem sollte man durch Vollkornprodukte, Nüsse, magnesiumreiches Mineralwasser (mindestens 100mg/l) etc. den Bedarf decken. Die Kombination von (Vollkorn-) Getreideprodukten mit Milchprodukten, welche auch wegen der hochwertigen Eiweißkombination empfohlen wird, ist übrigens auch für die Mikronährstoffaufnahme sinnvoll. So wird unter anderem reichlich Magnesium aus dem Getreide sowie Calcium aus der Milch aufgenommen.
Ob eine zusätzlich Magnesium-Supplementierung in Tabletten- oder Pulverform angebracht ist, sollte im Einzellfall entschieden werden. Wenn man zu Müdigkeit oder Muskelkrämpfen neigt, ist es sinnvoll. Manche Sportmediziner raten Leistungssportlern generell zu einer Supplementierung, so zum Beispiel der Schweizer Dr. Matteo Rossetto, der 300 bis 450 mg Magnesium täglich in Form von organischen Verbindungen wie Magnesiumaspartat, -orotat oder -citrat empfiehlt, da diese gut vom Körper aufgenommen werden.
Auch zu einer Vitamin E-Supplementierung wird von machen Sportwissenschaftlern im Ausdauersport geraten, um durch das Training verursachte vermehrte oxidative Schäden abzumildern (Takanami et al, 2000). Die Autoren empfehlen 100 bis 200 mg Vitamin E täglich, was deutlich über der Zufuhrempfehlung für die Allgemeinbevölkerung von ca. 15 mg/Tag liegt. Man sollte allerdings wissen, dass Vitamin E ein fettlösliches Vitamin ist, bei welchem eine Überdosierung nicht ganz so unproblematisch ist wie bei den meisten wasserlöslichen Vitaminen. Außerdem kann eine Supplementierung von Vitamin C und E nach dem Training auch kontraproduktiv sein; schließlich könnte der unter anderm durch den oxidativen Stress erzeugte Anpassungsprozess wieder aufgehoben werden.
So existieren einige kritische Stimmen bezüglich Supplementierung von Vitaminen und Mineralstoffen. Es stellt sich zudem die Frage, ob die Nährstoffe einzeln oder in einem Kombi-Präparat eingenommen werden sollten. Manche Nährstoffe wie Calcium und Vitamin D ergänzen sich hervorragend, während beispielsweise Zink und Eisen sich eher gegenseitig in der Resorption behindern, weshalb es weniger empfehlenswert ist, diese zusammnen aufzunehmen. Manche Experten wie bspw. Olaf Hülsmann und Klaus-Jürgen Moch, die Empfehlungen für das „Top-Team 2008“ herausgegeben haben, raten Athleten, täglich ein Kombipräparat (A-Z-Präparat) aufzunehmen.
Fazit
Leistungssportler haben einen erhöhten Energiebedarf, den sie mit einer möglichst ausgewogenen Basiskost mit vielen Vollkorn-Produkten sowie Obst und Gemüse decken sollten. Hiermit sollten sie mit (fast) alle wichtigen Mikronährstoffe in ausreichender Menge versorgt sein. In speziellen Phasen oder bei Weglassen mancher Lebensmittelgruppen ist eine Supplementierung jedoch angebracht. Vitamin D sollte beispielsweise im Winter und auch nach Knochen-Verletzungen ergänzt werden; des Weiteren eventuell Vitamin C und Zink für das Immunsystem, Eisen vor allem bei Läuferinnen und Vegetariern sowie unter Umständen auch Magnesium zur Regenerationsförderung. Gegen die regelmäßige (nicht unbedingt tägliche) Einnahme eines Multivitamin + Calcium/Magnesium-Präparates in physiologischer Dosis ist nicht viel einzuwenden und dann sollte man auch als Ausdauersportler gut versorgt sein.
Quellen
http://lebensmittel-warenkunde.de/lebensmittel/getreideprodukte
Rodriguez et al, Position of the American Dietetic Assosiation: Nutrition and athletic performance J Am Diet Assoc. 2013 Dec;113(12):1759
Eisinger M, Plath M, Jung K, Leitzmann C: Nutrient intake of endurance runners with ovo-lacto-vegetarian diet and regular western diet. Z Ernährungswiss. 1994 Sep;33(3):217-29
van Erp-Baart AM, Saris WM, Brinkhorst RA, Vos JA, Elvers JW: Nationwide survey on nutritional habits in elite athletes. Part II. Mineral and vitamin intake. Int J Sports Med. 1989 May;10 Suppl 1:S11-6
http://sportklinik-basel.ch/files/fitforlife/Sport%20&%20Magnesium.pdf
Takanami Y, Iwane H, Kawai Y, Shimomitsu T: Vitamin E supplementation and endurance exercise: are there benefits? Sports Med 2000 Feb;29(2):73-83
Olaf Hülsmann und Klaus-Jürgen Moch: Nahrungsergänzungsmittel und ergogene Substanzen im Leistungssport. Eine Zusammenstellung für das op-Team 2008 2. überarbeitete Auflage, Juli 2007
Interessanter und guter Beitrag. Sehr ausgewogen und umfangreich. jedoch sind die gerade für Leistungssportler wichtigen Spurenelemente zu kurz gekommen. Jod, Selen und Chrom. Das gilt besonders für fleischlose Ernährung.
Stimmt, danke für den Hinweis! Chrom ist wichtig für die Einlagerung der Kohlenhydrate in die Muskulatur, da bin ich in dem Artikel über Wettkampfernährung bereits drauf eingegangen. Jod für die Schilddrüsenhormone sollte, wenn auf Fisch verzichtet wird, über Milchprodukte, jodiertes Speisesalz sowie Algen aufgenommen werden. Selen als antioxidativ wirksames Spurenelement ist unter anderem in Nüssen enthalten.