„Der Athlet muss selbst selbst sehen, wo er bleibt…“
… Worte, die zwar so nicht ausgesprochen werden, aber an denen sich einige Verbände/Sportfunktionäre scheinbar orientieren.
Denn fest steht: Die Athleten kämpfen auf eigene Faust und müssen sich auch fernab des Trainings behaupten, ihren Weg selbst pflastern und teils Unebenheiten eigens gerade biegen.
Das wird noch einmal mehr deutlich, wenn der Athlet keine Leistung bringt oder sie verletzungsbedingt nicht erbringen kann. Dann ist er automatisch auch nicht mehr lukrativ bzw. keine rentable Investition (beispielsweise für Sponsoren).
Als Leichtathlet musst du dich immer wieder aufs Neue beweisen. Vertrauen ist gut, Leistungskontrolle ist besser (hier muss leider auch das Wort “Doping“ fallen).
Ein währendes Problem im Leistungssport – fehlende Menschlichkeit und mangelnde Unterstützung, die auf eigennützlicher Habgier fruchtet.
Ein Problem, dessen sich auch der neu in Hamburg gegründete Verein „Running Hamburg“ bewusst ist und dagegen mit athletenorientierten Satzungen kontert.
“Wir möchten mehr machen, als es die festen Strukturen vorgeben.“ So der Zweitvorsitzende Andreas Grieß. Bedeutet: Fördern und nicht fordern!
Der leistungs- UND athletenorientierte Verein besteht seit April diesen Jahres. Er gründet sich auf einem Team, das alle notwendigen Bereiche (Training/Leistungssport, Marketing, Sportmedizin, Verwaltung) abdeckt und eigens gesetzte Prämissen umsetzen möchte.
Andreas: „Dabei ist wichtig, noch einmal zu betonen, dass der Verein eine eigenständige Instanz ist. Wir profitieren von den dort Mitwirkenden aufgrund deren Erfahrung und Verbindungen.“
Darunter Karsten Schölermann (1. Vorsitzender, Gesellschafter bei BMS), ebenfalls Zweitvorsitzende Christoph Prochnau (mit dem nötigen ‚Know how‘), Karsten Hollander (der Sportmediziner) sowie Trainer Michael Barkowski (auf dessen Qualität die Läufer bauen).
So auch Sören, der bereits seit zehn Jahren in der Laufszene unterwegs ist: „Ich habe mich für Hamburg Running entschieden, da ich von dem Training dort voll überzeugt bin. Ich habe damals schon noch zur Zeit vom HSV in dieser Gruppe mittrainiert und dort unter dem Training von Michael Barkowski große Verbesserungen erzielen können, auf denen ich dann auch später aufgebaut habe.“
Auch Mourad Bekakcha, der in Hamburg die schnellsten Zeiten auf 10km (31min) Halbmarathon (68min) und Marathon (2:26h) hält, spricht sich für den Verein und Trainer aus: „Das Training und die Trainingspläne werden (fast) individuell nach Leistung vom Trainer vorbereitet. Es wird professionell sieben Tage die Woche trainiert. Das Niveau der Gruppe ist sehr stark. Aber unabhängig von Leistungen ist sie auch sozial sehr stark aufgestellt.“
Neben dem internen Zusammenhalt, ist es die Willkommenskultur für alle Athleten und die Hilfsbereitschaft für Neu-Ankömmlinge, die das Miteinander auszeichnet. So investiert der Verein auch in die Integration der Flüchtlinge – sozial als auch finanziell.
Diesen Zusammenhalt möchte auch Andreas stärken: “Sie sollen gemeinsam trainieren, als Team voneinander profitieren, sich unterstützen und einfach auch Spaß haben.“ Organisierte Trainingslager oder verlängerte Trainingswochenenden bieten dazu passende Möglichkeiten.
Das unterstützt auch Sören: „Für mich steht natürlich die Förderung der Athleten im absoluten Vordergrund, aber ebenso der Spaß am Training und das gemeinsame Miteinander, da dies total zum Wohlbefinden beiträgt.“
Kern der Athleten bildet bislang noch die Leichtathletikgruppe des HSV mit dem Schwerpunkt auf Mittel- und Langstrecke. Ziel ist es aber, die Gruppe und das Niveau weiter auszubauen, um auf Meisterschaften vertreten zu sein. Aber auch die typischen Straßenläufe sind für den Verein interessant.
Zukünftig möchte der Verein auch eine weitere Gruppe etablieren, die die ambitionierten Hobbyläufer vereint. Sie sind es nämlich, die bei Lauf-Events das Feld aufmischen und somit gleichzeitig auch den Verein nach Außen vertreten.
Der vermeintliche Gedanke, dass Leistungs- und Breitensportler nicht ‚kompatibel‘ seien, weil sie gegensätzliche Interessen verfolgen und auf einem ganz anderen Niveau trainieren, bot dem neu gegründeten Verein obendrein den Anlass, zu zeigen, dass Profi- und Hobbyathlet voneinander einen Nutzen ziehen können!
Spitzensportler beispielsweise sind Vorbilder und Motivation in einem. Mit ihren Leistungen spornen sie andere an, härter an sich zu arbeiten und so im Rahmen ihres individuell Möglichen zu wachsen. Aber auch ein Spitzensportler kann von so manchem ambitionierten Ehrgeiz eines Hobbyläufers profitieren. Zugleich können sie daran erinnert werden, was fern ab des Leistungsanspruches der eigentliche Antrieb sein sollte – nämlich Leidenschaft.
Spätestens aber auf Wettkämpfen sehen wir Spitzen- als auch Hobbyläufer gemeinsam an den Start gehen. Und genau diese Heterogenität zeichnet die Laufszene aus. Jeder ruft das ab, wofür er wochenlang trainiert hat.
Neben leistungsorientierten Trainingsanforderungen sollen die Athleten bis zum Tag X nicht allein gelassen, sondern auf dem Weg dahin unterstützt werden. Auch potentielle Partner und Sponsoren müssen mit dieser Idee konform gehen – Andreas: “Es muss passen, andererseits suchen wir weiter und finanzieren vorerst aus eigener Kasse.“
Wichtig hält Sören auch die Kooperationen mit anderen Institutionen, beispielsweise Schulen: „Das halte ich auch für sehr wertvoll, da hier gezielt der Nachwuchs an den Sport herangeführt werden kann.“
Grundsätzlich gilt: Es sind Investitionen, die den Belangen der Athleten gerecht werden müssen. Dazu gehören beispielsweise die Finanzierung der Fahrtkosten zu den jeweiligen Wettkämpfen und der Startgelder als auch das Angebot einer vereinsinternen Physiotherapie oder die Vermittlung zu passenden Ärzten, “um somit auch unnötig lange Wartezeiten zu umgehen und dem Athleten direkt zu helfen.“
Wichtig: Der Verein macht hierbei keine Unterschiede zwischen Profi- und Hobbyathlet.
Kurz gesagt: Die Unterstützung ist an dem jeweiligen Bedarf orientiert. Dieser ist bei Profisportlern allerdings oft umfangreicher – wie allein auch schon das Training. Neben Straßenläufen sind selbstverständlich auch Meisterschaften ein lukratives Aushängeschild. Mit dem besonderen Unterschied, dass sich der Verein dieses Schild dann auch gerechtfertigt umhängen darf, weil er im Vorwege einen wesentlichen Teil dazu beigetragen hat.
Andreas: “Unser Ziel ist es, den Sportlern ein gutes Umfeld liefern.“
Regulär kostet die Mitgliedschaft 15€ im Monat. Für die U23 hingegen noch einmal günstiger. “Aber auch hier schauen wir individuell auf die Bedürftigkeit und finden, wenn sich einer den Pauschalbetrag nicht leisten kann, finden wir auch eine Lösung.“
Dieser selbstlose Ansatz ermutigt auch Förderer – wie beispielsweise Marco Fusaro – diese Idee zu unterstützen. So werden sie Mitglied und zahlen die monatlichen Beiträge, ohne am Training teilzunehmen.
Sören: „Ich denke, dass dieser Verein ein ganz ganz großes Vorzeigebild für die Stadt Hamburg wird. Wir haben jetzt schon starke Läufer unter uns, die absolute Topzeiten laufen und es kann wirklich nur noch besser werden. Den Begriff ‚Sportstadt Hamburg‘ werden wir auf jeden Fall würdig vertreten, da bin ich mir absolut sicher!“