Jeden Monat widmet sich Larasch-Athlet Hendrik Pfeiffer in unserer neuen Rubrik „Larasch Sprechblase“ einem interessanten Ausdauer-Athleten und fragt dieser Person Löcher in den Bauch. Freut euch auf Insider-Fragen aus der deutschen Laufszene zu den heißesten Themen mit den besten deutschen Ausdauersportlern!
Zwei Tage vor der deutschen 10 Kilometer-Meisterschaft entlang der Alster in Hamburg stellen wir euch eine Mitfavoritin bei den Damen vor. Laura Hottenrott, die in den letzten Jahren in den USA studiert hat, ist wieder zurück in Deutschland und freut sich nach ihrer Deutschen Vizemeisterschaft über 10 000 Meter nun darauf, die Straße zu erobern. Fest eingeplant ist neben der DM auch der Kölner Halbmarathon am 2. Oktober. Laura ist definitiv ein „athlete to watch“ im diesjährigen Herbst.
Larasch: Was führte dich zum Laufen und warst du immer schon sportbegeistert? Betreibst du noch andere Sportarten?
Laura: Mich haben schon von klein auf die Ausdauersportarten begeistert. Besonders die Tour de France hat mich zu Jan Ullrichs Zeiten fasziniert und in Ihren Bann gezogen. Bei Radtouren als Kind mit meinem Vater habe ich mir dann oft vorgestellt, dass ich gerade selber im Rennen einen der großen Pässe hochfahre. Neben der Leichtathletik und dem Radfahren habe ich auch noch viele andere Sportarten in jungen Jahren gemacht: Schwimmen, klassisches Ballett, Skilanglauf, Ju-Jutso und Rudern. Die Ausdauersportarten lagen mir am besten und bei der Leichtathletik insbesondere Crosslauf. Angefangen habe ich in der Leichtathletik mit Mehrkampf und habe mich dann ab 14 Jahren auf die 800m bis 3000 m konzentriert. Mit zunehmend Alter bin ich dann immer länger Strecken gelaufen. Heute sind meine Lieblingsstrecken die 5000 m, aber auch mal eine 10.000 m oder ein Straßenlauf. Ein Halbmarathon (HM) reizt mich schon seit längerem und ich denke ich bin mit 24 jetzt auch fit genug mich an dieser langen Strecke zu versuchen.
Mountainbiking, Straßenradfahren und Skilanglauf machen mir als Ausgleichssport zum Laufen am meisten Spaß. Besonders zur Regeneration gehe ich gerne Radfahren. Aquajoggen im Pool ist nicht so mein Ding.
Larasch: Wann wusstest du, dass dein Herz für den Leistungssport schlägt?
Laura: Schon als Kind im Grundschulalter. Ich habe da immer die Wettkampfsituation gesucht. Entweder im direkten Duell gegeneinander oder gegen die Uhr auf selbst vermessenen Strecken beim Laufen im Park oder beim Radfahren am Berg. Den Weg zum Leistungssport in der Leichtathletik habe ich erst in den letzten Jahren gefunden.
Larasch: Du hast 2012 den „Sprung über den Teich“ nach Amerika gewagt. Dazu gehört sicher viel Mut. Erst hast du in Portland studiert und bist dann nach Boston gewechselt. Wann und warum hast du dich für den Weg in die USA und später den College-Wechsel entschieden?
Laura: Auf die Idee in die USA zu gehen bin ich erst im Abitur-Jahr gekommen, nachdem ich von den Erfahrungen anderer Athleten mit einem Sportstipendium in den USA gelesen habe. Ich wollte gerne ins Ausland, Biologie studieren und Sport machen. Diese drei Dinge konnte ich mit einem Stipendium an einer amerikanischen Universität super verbinden. Nach zwei Jahre in Portland habe ich die Chance bekommen, an das renommierte College in Boston zu wechseln und dort mit einer U23 Europameisterin aus Frankreich zu trainieren. Dies alles hat mich sehr gereizt.
Larasch: Eine Frage an dich als Insiderin, die sogar an mehreren Orten studiert hat: Wie sieht das Fördersystem an den amerikanischen Unis aus? Hast du dich gut betreut gefühlt und wie ließen sich Studium und Sport vereinbaren? Könntest du es einem jungen deutschen Athleten empfehlen?
Laura: Ich würde den Weg in die USA zu gehen, jederzeit wieder machen und kann es jungen Sportlern guten Gewissens empfehlen. Die Bedingungen vor Ort sind von Uni zu Uni durchaus unterschiedlich und das akademische Niveau ist teilweise niedriger und teilweise höher als in Deutschland. Jeder muss hier für sich Entscheidungen treffen. Studium und Training sind optimal aufeinander abgestimmt, damit ist aber auch der gesamte Tag so gut wie verplant. Die Ausstattung der Trainingsstätten und die Betreuung durch die Physios war bei mir sehr gut, allerdings wurde das Training nicht individuell auf die einzelnen Läuferinnen abgestimmt. Besonders unerfahrene Athleten haben sich somit oft überfordert. Einzigartig waren die vielen Wettkampfreisen mit dem Team quer durch die USA.
Larasch: Du bist in diesem Jahr Deutsche Vizemeisterin über 10 000 Meter geworden und hast in den letzten zehn Monaten viele tolle persönliche Bestzeiten aufgestellt. Was machst du gerade richtig und wie sieht dein aktuelles Umfeld, das dich unterstützt, aus?
Laura: Ich komme aus einer sehr sportlichen Familie. Mein Vater ist auch mein Trainer. Meine Familie ist meine größte Unterstützung. Mit meinen Freunden unternehme ich gerne Dinge außerhalb des Sports und dies gibt mir einen guten Ausgleich zum Training. In meiner Zeit in den USA wurden wir von der Uni in Portland von Nike und in Boston von Asics und Under Armour ausgestattet. Jetzt zurück in Deutschland bin ich mega happy mit Puma einen super Ausrüster gefunden zu haben und mit Eisenbach Tressore einen Sponsor vor Ort, der mir einen Audi A1 zur Verfügung stellt. Außerdem erhalte ich gute Unterstützung von meinem Heimatverein GSV Eintracht Baunatal.
Larasch: Im vergangenen Jahr warst du mit deiner Hallenzeit hinter Sabrina Mockenhaupt die schnellste deutsche Läuferin über 5 000 Meter und hast viel Erfahrung im Crosslauf. Du wurdest aber nicht für die Cross-EM in Hyères (Frankreich) nominiert, weil du in Amerika studiert hast und dadurch nicht an den nationalen Qualifikationswettkämpfen teilnehmen konntest. Mit derselben Begründung wurde dir schon die Teilnahme 2014 in Samokov (Bulgarien) verwehrt. Wie stehst du zu dieser Haltung des DLV?
Laura: Ich war sehr enttäuscht als 2014 und dann auch 2015 nicht für die Cross-EM berücksichtigt wurde. Bis heute kann ich die Entscheidung des DLV nicht nachvollziehen. Ich habe den Eindruck, dass Sportler die in die USA gehen, von einigen DLV Trainern benachteiligt werden.
Larasch: Welchen Stellenwert hat für dich Cross-Country? In Amerika ist es ja deutlich populärer als in Deutschland.
Laura: In den USA ist dies das Highlight. Die Crossrennen werden auf tollen (Golf-)Plätzen mit bis zu 400 Starterinnen durchgeführt. Die Rennen werden mit Golfcarts begleitet und live übertragen. In Deutschland finde ich es äußerst schade, dass der Crosslauf nur so eine geringe Bedeutung hat und wenig attraktiv ist. Rückblickend kann ich sagen, dass die vielen Crossläufe im Herbst mich bestens auf die Hallensaison vorbereitet haben.
Larasch: Du lässt dich immer wieder mal bei Straßenläufen blicken, wie zum Beispiel bei deinem Sieg beim Silvesterlauf von Werl nach Soest 2015. Im Herbst peilst du den Kölner Halbmarathon an. Reizen dich die längeren Strecken? Wo siehst du deine Zukunft und welche Ziele möchtest du erreichen?
Laura: Wenn es gut läuft, macht mir eigentlich jede Strecke Spaß. Aber ich denke, dass mein Potenzial eher auf den längeren Strecken liegt. Fürs kommende Jahr werde ich mich auf die 5000 m bis 10.000 m konzentrieren und je nachdem, wie mein erster HM läuft, einen weiteren laufen. Mein nächstes größeres Ziel ist die EM 2018 in Berlin.
Larasch: Was ist deine Lieblingseinheit, bei welchem Wetter sollte sie idealerweise stattfinden und welche Ausrüstung trägst du dabei?
Laura: Meine Lieblingseinheit ist ein progressiver Tempodauerlauf. Dabei kann es ruhig richtig warm sein und die Sonne scheinen, so dass ich in Shorts und Sport BH laufen kann.
Larasch: Die Förderung des Deutschen Laufsports halten viele Athleten für dürftig. Was könnte hierzulande besser gemacht werden und glaubst du, dass Projekte wie larasch.de etwas bewegen können?
Laura: Meiner Meinung nach, muss die Perspektive des Athleten mehr bei der Förderung berücksichtigt werden. Laufen ist zu weiten Teilen eine Individualsportart und jeder Athlet hat unterschiedliche Bedürfnisse, um optimale Leistungen zu erbringen und versucht dahingehend sich sein Umfeld aufzubauen. Insofern muss die Förderung in Deutschland gezielter auf den einzelnen Athleten ausgerichtet sein und z.B. seinen Heimtrainer, seinen Physio des Vertrauens unterstützten. Wir können in Deutschland nicht erwarten, dass alle Athleten einer Disziplin an einem Ort mit einem Verbandstrainer und einem -physio effektiv zusammen arbeiten. Die meisten deutschen Läufer studieren oder arbeiten an verschiedenen Orten, um sich eine Zukunft nach der sportlichen Karriere zu sichern.
Larasch: Wie geht es für dich abseits des Sports weiter? Bleibst du in Deutschland oder kehrst du nach Amerika zurück?
Laura: Ich bleibe in Deutschland und beginne ab Oktober mein Masterstudium an der DSHS Köln.
Larasch: Hast du einen sportlichen Tipp für die Larasch-Community?
Laura: Bei allen technischen Hilfsmitteln und wissenschaftlichen Erkenntnissen, die im Training eingesetzt werden, sollte man nie verlernen auf sein eigenes Körpergefühl zu hören.
Liebe Laura, vielen Dank für das Interview und Erfolg bei den deutschen Meisterschaften!
Larasch hilft dabei, den Athleten mehr in den Fokus zu stellen. Ihr gebt den einzelnen Sportlern ein Gesicht und helft mit Hintergrundinformationen Einblicke in das Training, in den Alltag, in Verletzungssorgen etc. zu bekommen.
Zum Schluss:
Geburtsdatum: 14.05.1992
Verein: GSV Eintracht Baunatal
Trainer: Kuno Hottenrott
Laura Hottenrott ist sowohl auf den Mittel- als auch auf den Langstrecken top, wie ihre Bestzeiten zeigen:
800m | 2:20.58 | Osterode (GER) | 22.06.2010 |
1500m | 4:34.68 | Salem (USA) | 06.04.2013 |
Meile in der Halle | 4:57.89 | Boston (USA) | 30.01.2015 |
3000m | 9:27.70 | Osterode (GER) | 31.05.2016 |
3000m in der Halle | 9:17.08 | Boston (USA) | 12.02.2016 |
5000m | 15:55.87 | Palo Alto (USA) | 01.05.2016 |
5000m in der Halle | 15:47.28 | Boston (USA) | 05.12.2015 |
10.000m | 33:43.41 | Celle (GER) | 07.05.2016 |
3000m Hindernis | 10:35.39 | Walnut (USA) | 19.04.2012 |
10 km Straße | 35:04 | Berlin | 29.07.2016 |
15 km Straße | 53:20 | Soest (GER) | 31.12.2015 |