Mein letzter Lauf ist jetzt zehn Wochen her und so langsam träume ich nachts schon davon, bald wieder mit meinen Jungs die Laufstrecken unsicher zu machen. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg. Seit ich mit dem Laufen angefangen habe, hatte ich nie so eine lange Sportpause und ich habe eine Menge Ausdauer und Muskulatur eingebüßt, dafür das ein oder andere Kilo Körpergewicht aufgesammelt. Böse Zungen behaupten, ich hätte einen kleinen Bauchansatz bekommen. Das ist natürlich Quatsch, oder doch nicht?
Ich habe natürlich einen glücklichen Moment für die Verletzung gewählt, da durch die Corona-Krise ohnehin keine Wettkämpfe stattfinden dürfen. Aber ich möchte ehrlich sein: Ich hatte diese lange Pause, unabhängig von der Verletzung und Covid-19, bitter nötig. Ich jage jetzt seit 16 Jahren dem perfekten Rennen hinterher und zuletzt war ich sehr müde. Das Training hat mir nicht mehr wirklich gefallen und kein Tag war gut genug. Rennen, wie zuletzt beim Berlin Marathon, haben mir alles abverlangt und ich bin in der Folge immer in ein Motivationsloch gefallen. Anstatt mir einzugestehen, dass ich mal einen anderen Weg gehen sollte, habe ich immer weitergemacht, war am Ende aber nie wirklich zufrieden mit dem Ergebnis. Ich weiß, dass ich noch schneller Laufen kann, aber das geht bekanntlich nicht mit der Brechstange und deshalb kam mir die Notbremse meines Körpers schlussendlich sehr gelegen.
Gedanken ans Aufhören wurden in den Monaten vor meiner Verletzung immer lauter. Wofür sollte ich mich auch weiter quälen? Ich hatte den Fokus auf das Wesentliche verloren und nur noch aus Pflichtgefühl trainiert. So konnte das nicht weitergehen.
Die zehn Wochen Pause haben mir ein paar Dinge verdeutlicht:
Ich laufe gerne, aber ich bin nicht süchtig nach diesem Sport und ich kann gut auf das tägliche Training verzichten. Ich liebe es, schnell zu laufen und mich mit anderen zu messen, aber es gibt Wichtigeres im Leben. Ich weiß, dass ich mich zu Hundert Prozent auf ein Ziel konzentrieren kann, aber man sollte sich darin nicht verlieren. Ich habe meine besten Freunde beim Laufen gefunden und die mögen mich auch, wenn ich mal nicht schnell gelaufen bin. Das ist Anerkennung und Wertschätzung, die mich weiterbringt.
Und ich will Spaß an dem Sport haben, den ich liebe!
Wer jetzt glaubt, dass ich einfach so aufhöre, den muss ich leider enttäuschen. Dieser Sport ist ein großer Teil von mir und ich bin noch nicht fertig. Ich möchte nur anders und mit weniger Druck an die Sache herangehen. Mindestens bei einem Marathon werdet ihr mich noch als „Laufprofi“ an der Startlinie sehen und die Vorbereitung werde ich mit 100% Herzblut angehen.
Wer weiß, was am Ende auf der Uhr steht. Die Motivation ist zurück und ihr könnt mit mir rechnen.