Am Freitag fällt in der Europahalle Karlsruhe mit dem ersten Disziplinstart auch der Startschuss für die diesjährige World Indoor Tour 2021. Internationale Top-Athlet*innen werden bis Ende Februar bei fünf Meetings (09. Februar Liéven (FRA), 13. Februar Boston (USA), 17. Februar Torun (POL), 24. Februar Madrid (ESP)) um Siege, Bestzeiten und wichtige Punkte für das World Athletics Ranking kämpfen. Für die Punktesieger*innen winken jeweils ein 10.000$-Preisgeld sowie die Wild Card zur Teilnahme bei der Hallen-WM 2022 in Belgrad. Über die Fairness dieses Verfahrens lässt sich zumindest streiten, sind die Startberechtigungen für Athlet*innen bei top-labeled Meetings nicht nur von sportlichen Leistungen sondern nicht selten auch vom Management und Kontakten abhängig.
Als Gold-Label Meeting sind die Startlisten in Karlsruhe qualitativ stark besetzt. Auch mit deutsche Top-Athlet*innen, die am Freitagabend in die (internationale) Hallensaison starten und sich mit der Konkurrenz messen.
Das Meeting wird Live vom SWR im Stream übertragen.
Bevor es allerdings soweit ist, haben wir einen genauen Blick auf die (vorläufigen) Meldelisten der Laufentscheidungen geworfen:
800m Männer: Ein rasanter, enger Fight über vier Runden
Startzeit | 20:37 Uhr
Die erste Entscheidung auf der 200m-Bahn sind die 800m.
Ein Heimrennen für die beiden deutschen Athleten der LG Regio Karlsruhe Christoph Kessler und Holger Körner. Kessler, amtierender deutscher Vizemeister (outdoor) über die Strecke kann in einem nicht zu forschen Lauf womöglich seine Bestzeit von 1:46,11 min im Zug der internationalen Athleten drücken. Für den „Allrounder“ Holger Körner gilt: Dranbleiben, sich auf sein Rennen fokussieren und die Chance nutzen, im internationalen Feld womöglich die 1:50-er Marke zu brechen.
Die beiden Lokalmatadoren finden sich in pfeilschneller Gesellschaft: Der Franzose Pierre-Ambroise Bosse (Weltmeister von London 2017) hat mit einer Bestzeit von 1:42,53 min die schnellste Meldezeit vorzuweisen. Auch Kevin Lopéz (Spanien) blieb bereits mit 1:43,74 min unter der 1:44 min-Marke, jedoch nicht in der Late Season 2020.
Alle weiteren Läufer haben persönliche Rekorde von 1:44,47 min bis 1:45,28 min. Es deutet sich ein enges, spannendes Rennen über die vier Hallenrunden an.
1.500m Frauen: Deutsches Spitzenquintett in Lauerstellung
Startzeit | 20:57 Uhr
Aus deutscher Sicht ist das Rennen der Damen über die 7,5 Runden mit Sicherheit am stärksten besetzt: Mit Gesa Krause (Silvesterlauf Trier), Christina Hering, Katharina Trost (beide LG Stadtwerke München), Hanna Klein (LAV Stadtwerke Tübingen) und Caterina Granz (LG Nord Berlin) stehen fünf mehrfache deutsche Meisterinnen über 800m – 3.000m Hindernis am Start.
Blickt man auf die persönlichen Rekorde über 1.500m, führt Hanna Klein das Quintett an: Im September lief die amtierende Deutsche Meisterin (indoor & outdoor) in Ostrava starke 4:04,15 min. Bei der letzten DM profitierte die Tübingerin von ihrem starken Spurtfähigkeiten und distanzierte Konkurrentin Caterina Granz auf Rang 2. Diese trainiert seit Ende 2019 unter neuem Trainer Tomasz Lewandowski und durfte sich nach zweifacher Vizemeisterschaft bei der Hallen-DM und Bronze über 1.500m in Braunschweig in der Late-Season zudem über eine neue PB von 4:06,56 min freuen.
Gesa Krause (PB 4:06,99 min) sowie Christina Hering (PB 4:08,30 min) sind zwar keine ausgewiesenen 1.500m-Spezialistinnen, wollen die Chance in Karlsruhe aber für eine Standortbestimmung auf der Unter- bzw. Überdistanznutzen. Beide Athlet*innen haben ihre Vorbereitung auf die kommende Olympia-Saison mit einem intensiven Trainingslager in Iten (Kenia) begonnen und werden versuchen, die erarbeitete Form aus der Höhe auf Meeresebene umzusetzen. Durch die physiologischen Anpassungsprozesse bedingt, ist dies meist unmittelbar nach dem Höhenaufenthalt oder mit einer 10-14-tägigen Akklimatisierung am besten möglich. Die „Fünfte im Bunde“, Katharina Trost, beginnt die neue Saison änlich wie sie die vergangene beendete: Mit einem Ausflug auf die Überdistanz. Mitte August lief die 800m-Spezialistin die Meile (1.609m) in 4:29,35 min und konnte auch über die „klassische“ 1.500m-Distanz eine neue Bestzeit von 4:09,43 min in der Late-Season 2020 erreichen.
Die Dichte der deutschen Läuferinnen ist stark, bei einem moderaten Rennverlauf ergeben sich durchaus potenzielle Siegchancen. Falls allerdings nicht taktiert wird, sollte der Sieg aller Voraussicht nach zwischen Irland und Uganda entschieden werden: Winnie Nanyondo (UGA) reist mit einer Bestzeit von 3:59,56 min (Juni 2019) nach Karlsruhe. Die irische Rekordhalterin Ciara Mageean kratzte mit 4:00,15 min bereits an der 4-Minuten-Grenze und lief vor wenigen Tagen beachtliche 8:54 min über 3.000m.
Wir sind gespannt, ob die 4-Minuten-Marke in Karlsruhe nach 2018 erneut fällt und wie sich das deutsche Quartett auch im Hinblick auf die nationalen Titelkämpfe (20./21. Februar) auf der Rundbahn präsentiert.
3.000m Männer: Europäer mischen vorne mit
Startzeit | 21:14 Uhr
Die längste Distanz des Abends steht für die Männer um 21:14 Uhr auf dem Programm. Mit dabei die deutschen – im positiven Sinne – „Dauerbrenner“ Marcel Fehr (LG Filstal) und Florian Orth (LG Telis Finanz Regensburg) sowie Lokalmatador Felix Wammetsberger (LG Regio Karlsruhe).
2020 startete Fehr, endlich einmal nicht von Verletzungen geplagt, verheißungsvoll in die Hallensaison mit einer neuen persönlichen Bestzeit von 7:50,56 min beim Indoor Meeting Düsseldorf. Auch in der Late-Season 2020 konnte der EM-Teilnehmer mit soliden Leistungen über 1.500m (3:42,08 min) und 3.000m (8:02,61 min) auf sich aufmerksam machen. Marcel peilt in Karlsruhe mit einer Sub-8min in die Hallensaison 2021 einzusteigen und den positiven Leistungstrend fortzusetzen. In Florian Orth findet er möglicherweise einen „Verbündeten“: Der Zahnmediziner aus Nordhessen zeigte sich in der vergangenen Saison bei den nationalen Meisterschaftsrennen mit Bronze über 3.000m in der Halle und 5.000m outdoor auch nach Ende seiner Profi-Laufbahn absolut konkurrenzfähig. Seine Bestzeit über die 15 Hallenrunden stammt aus Karlsruhe: 2015 lief er hier 7:49,48 min. Bestens vertraut mit der Europahalle ist auch Felix Wammetsberger, für den das 3.000m Rennen ein Ausflug auf die Überdistanz ist. Der 25-Jährige Karlsruher hat aktuell eine 8:15,97 min als Bestzeit stehen, über 1.500m allerdings eine deutlich stärker zu bewertende 3:42,88 min. Er würde von einem gemäßigten Rennen mit schnellem Schluss sicher profitieren.
Ob sich die internationale Konkurrenz jedoch auf ein Taktik-Rennen einlässt, ist bei den Vorleistungen der Top-Favoriten zumindest fraglich: Mit Iguider Abdelaati (MAR) und Andrew Buchart (GBR) sind zwei Olympia-Teilnehmer im Feld, die mit Bestzeiten von 7:30,09 min bzw. 7:41,05 min auf sich aufmerksam machen. Ein sicher vergleichbares Leistungsniveau bringt auch der Kenianer Birgen Bethwell mit seinen 7:32,48 min mit, auch wenn alle drei Bestzeiten mindestens vier Jahre zurückliegen.
Zum (erweiterten) Favoritenkreis zählen auch die Franzosen Jimmy Gressier, mehrfacher Junioren-Crosslauf-Europameister und aktuelle 5km-Europarekordhalter (13:18 min) und Bedrani Djiali. Er lief erst vor wenigen Tagen eine 3:41,46 min über 1.500m in der Halle und hat eine 3.000m-Hindernis-Bestzeit von 8:05,23 min vorzuweisen.
15 Hallenrunden bieten in jedem Fall ausreichend Zeit und Potenzial für ein spannendes Rennen, in dem sich die deutschen Athleten mit ihren Vorleistungen keinesfalls verstecken müssen. Die Chance auf eine Top 5 Platzierung ist bei günstigem Rennverlauf durchaus realistisch.
3.000m Frauen: Weltelite über 15 Hallenrunden
Startzeit | 21:34 Uhr
In einem hochkarätigen Damenfeld wird sich Elena Burkard (LG Farbtex Nordschwarzwald) am späten Freitagabend behaupten müssen. Die amtierende Deutsche Meisterin über 3.000m Hindernis trainierte, anders als viele deutsche Top-Läufer*innen, den Winter über in Deutschland. Mit einer Bestzeit von 8:44,92 min aus dem August 2020 sollte Elena Burkard sich souverän im Mittelfeld der Athlet*innen einordnen und den ein oder anderen Akzent, vor allem im kontinentalen Vergleich, setzen können. Neben ihr starten vier weitere Europäerinnen über die 3.000m, von denen einzig die Bronzemedaillen-Gewinnerin der Hallen-EM in Glasgow 2019, Melissa Courtney-Bryant (8:38,22 min), eine schnellere Bestzeit vorzuweisen hat.
Vieles spricht also für ein in zwei Gruppen aufgeteiltes Feld, wobei die Spitzengruppe aller Voraussicht nach von den Afrikanerinnen dominiert werden wird: Sieben afrikanische Athletinnen kämpfen im zwölf Frauen starken Feld um eine maximale Punkteausbeute für die Indoor Tour 2021: Die Weltrekordhalterin über 3.000m-Hindernis (WR 8:44,32 min), Beatrice Chepkoech (KEN) zählt mit einer ebenfalls beeindruckenden 3.000m-Bestzeit von 8:22,92 min zu den Top-Favoritinnen. Ebenfalls bereits unter 8:30 min liefen ihre Landsfrau Gloriah Kite (8:29,91 min) sowie die Drittplatzierte der WM in Doha über 1.500m, Gudas Tsegay (ETH) (8:25,23 min).
Mit diesen Vorleistungen sind die Erwartungen an ein schnelles Rennen zum Abschluss des Indoor Meetings in Karlsruhe berechtigt und lassen uns mit Vorfreude auf den kommenden Freitagabend blicken!
Wir werden Euch per instagram mit aktuellen Ergebnissen und Eindrücken versorgen!
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