Liebe Larasch-Community,
die meisten werden mich aus den Ergebnis- bzw. Bestenlisten der letzten Jahre kennen oder meinen Namen im Zusammenhang mit dem Halbmarathon bei der Europameisterschaft in Amsterdam in Verbindung bringen. Mein Name ist Jens Nerkamp, ich bin 27 Jahre alt, Läufer aus Leidenschaft und ich freue mich ab heute regelmäßig meine Gedanken zum Laufsport mit euch auf dieser Plattform teilen zu dürfen.
Ursprünglich komme ich aus Garrel, einem Dorf in Niedersachsen nahe Oldenburg. Zum Laufen bin ich eher durch Zufall gekommen, denn meine ehemalige Sportlehrerin meldete mich und ein paar andere Mitschüler 2003 zum Schülerlauf des Cloppenburger Citylaufs an, bei dem ich völlig unvorbereitet als Vierter die Ziellinie überqueren konnte. Im Zuge dessen wurde ich zum Training des BV Garrel eingeladen, wo ich meinen ersten Trainer Heiner Göttke kennenlernte. Ich kann auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit zurückblicken, da ich meine Leistung stetig verbessern und auch einige Niedersachsen-Meistertitel und einen Norddeutschen Meistertitel gewinnen konnte.
2012 wechselte ich studienbedingt zum PSV Grün-Weiß Kassel und damit einhergehend zu meinem jetzigen Trainer Winfried Aufenanger. Neue und intensivere Reize im Training ermöglichten mir einen deutlichen Leistungssprung und damit die Etablierung in der deutschen Spitze. Mein bisher größter Erfolg ist die Teilnahme am Halbmarathon bei der Europameisterschaft in Amsterdam in diesem Jahr.
Wir befinden uns im Herbst und der Aufbau für die Saison 2017 hat begonnen. Ich möchte die Chance einmal nutzen, die vergangene Saison einzuordnen.
Rückblickend ist die Saison 2016 eine Mischung aus Hochs und Tiefs. Mit dem Berliner Halbmarathon, wo ich meine Bestzeit um 106 Sekunden auf 64:06 Minuten verbessern konnte, ist es mir endlich einmal gelungen, zu zeigen, was in mir steckt. Die Belohnung für diese Leistung war dann die Nominierung zum Halbmarathon bei den Europameisterschaften in Amsterdam. Grundlage für diese Leistungssteigerung war mein erstes mehrwöchiges Trainingslager in meiner 14jährigen Laufkarriere. In Portugal konnte ich alle Einheiten wie geplant abspulen und hatte die nötige Zeit zu regenerieren. Außerdem konnte ich in einigen Rennen bei schwierigen Bedingungen, gute Leistungen zeigen.
Es gab aber auch Rückschläge. Im Frühjahr musste ich mir eingestehen, dass ich kein guter Crossläufer bin, als ich in der Schlammschlacht von Herten wortwörtlich unterging. Problematisch war auch der Spagat zwischen Halbmarathonvorbereitung und der Deutschen Meisterschaft auf der Bahn in Kassel, bei der ich unbedingt vor heimischem Publikum laufen wollte. Im Rückblick hätte ich mich komplett auf die Straße konzentrieren sollen, um in Amsterdam eine gute Leistung zeigen zu können.
Auf den EM-Halbmarathon schaue ich mit gespaltenen Gefühlen zurück. Einerseits freue ich mich, dass ich die Erfahrung machen durfte, im Nationaltrikot an einer internationalen Meisterschaft teilzunehmen. Ich habe vier schöne Tage in Amsterdam im Kreise der Nationalmannschaft verbracht und viele neue Leute kennengelernt. Das ist ein Erlebnis, das ich niemals vergessen werde und es macht Hunger auf mehr.
Andererseits bin ich mit dem Rennen in Amsterdam nicht zufrieden. Ich bin wahrscheinlich selbst mein größter Kritiker und ich habe das Rennen lange rekapituliert. Das Training für den Halbmarathon hat nicht dementsprechend angeschlagen, wie im Frühjahr. Ich kann mir das so erklären, dass ich durch meine anderen Verpflichtungen zu wenig Regeneration zugelassen habe. Es lief nicht perfekt, aber in Amsterdam fühlte ich mich dennoch stark und ich wollte zeigen, dass ich den Start verdient hatte. Dass es dann nicht so gelaufen ist, wie ich mir das gewünscht habe, ist wohl dem für mich zu hohem Anfangstempo geschuldet. Im Nachhinein hätte ich etwas langsamer angehen und versuchen müssen auf der zweiten Hälfte Zeit und Platzierung gut zu machen. Ich bin auf jeden Fall um eine Erfahrung reicher und habe die Wertung unseres Teams abgesichert, auch wenn wir uns im Vorfeld mehr als Platz 10 vorgestellt hatten. Ich habe viel Lob dafür bekommen, trotz des schweren Rennens nicht ausgestiegen zu sein. Aussteigen ist für mich keine Option! Wenn ich am Start stehe, will ich auch die Ziellinie sehen, es sei denn es klappt aus gesundheitlichen Gründen nicht. Ich wäre also auch mit einer noch deutlich langsameren Zeit ins Ziel gelaufen.
Die Quittung für die vernachlässigte Regeneration bekam ich nach Amsterdam, als sich beide Achillessehnen und dazu noch die Plantarsehnen entzündeten. Das bedeutete, dass ich meine Planung für den Herbst über Bord werfen musste. Fünf Wochen habe ich kaum einen Laufschritt gemacht und mich physiotherapeutischer Maßnahmen unterzogen. Die meisten Beschwerden sind wieder weg oder auf dem Weg der Besserung. Seit ein paar Wochen befinde ich mich wieder im Aufbau für 2017, wo neue Ziele auf mich warten. Die Motivation ist zu 100% zurück!
Welche Ziele das sein werden und wo ich als nächstes in Erscheinung treten werde, könnt ihr bald auf Larasch lesen.