Viele Ausdauersportler wie Läufer oder Triathleten schwören auf diese Trainingsart. Auch Geher nutzen die Gelegenheit seit vielen Jahren, seit 2010 in Balderschwang, einem kleinen Ort in der Nähe von Oberstdorf. Diesen Dezember waren so viele Geher aus dem Bundeskader wie noch nie dort. Dabei machte ihnen das Wetter fast einen Strich durch die Rechnung.
Wer das besondere Flair von Balderschwang verstehen möchte, muss sich nur einmal kurz im Dorf umschauen. Eine Straße, eine Kirche, ein Käseautomat. Wenige Kilometer weiter die Grenze zu Österreich, nur ein kleines, unscheinbares Schild. Und in die andere Richtung Serpentinen, viele Serpentinen. Nur selten fährt ein Bus aus dem Ort raus, wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreist, lässt sich am besten am nächsten Ort abholen. Genau hier trainieren seit Jahren die Geher vom SC Potsdam um Christopher Linke und Hagen Pohle, sowie Karl Junghannß (Erfurter LAC) und Jonathan Hilbert (LG Ohra Energie). Erstmals haben sich dieses Mal auch Carl Dohmann (SCL Heel Baden-Baden), Nathaniel Seiler (TV Bühlertal) sowie Saskia Feige und Teresa Zurek (ebenfalls Potsdam) und zum zweiten Mal Leo Köpp von der LG Nord Berlin auf den Weg gemacht. Und das, um eine Sportart auszuüben, die nicht die ihre ist.
Die Idee beim Langlaufen als Trainingseinheit ist, dass Sportler genauso ihre Ausdauer trainieren wie bei ihrer eigenen Disziplin, gleichzeitig aber andere Muskeln mehr beanspruchen und damit die sonst manchmal einseitige Belastung ausgleichen. Außerdem soll es sie von dem oft eintönigen Trainingsalltag mal etwas ablenken. Neben dem klassischen Langlauf trainieren manche auch das Skating, bei dem sie nicht in vorgegebenen Spuren, sondern frei und auch schneller fahren.
Der Leistungsstand ist dabei denkbar unterschiedlich. Während manche Athleten auf den Skiern zu Höchstleistungen auflaufen, stehen andere zum ersten Mal auf den Brettern. Der Trainingseffekt ist potentiell aber bei allen gegeben: Es geht wie bei allen Trainingsformen um das Setzen von Reizen, also den Körper auf eine Weise zu fordern, dass er letztendlich eben leistungsfähiger wird. Beim Skilanglauf funktioniert das vor allem durch das Trainieren der Körperspannung und der Körperbeherrschung. Wer nicht nach ein paar Metern umfallen will, ist gezwungen, seinen Körperschwerpunkt zu finden, wer nicht auf der Stelle stehen bleiben will, muss lernen zu gleiten. Und wer das Skilaufen schon gut beherrscht, fordert sich mit immer längerer Strecke, höherer Geschwindigkeit oder Schwierigkeit, etwa durch anspruchsvollere Strecken.
Nicht nur die Geher nutzen dieses Trainingslager in Balderschwang, sondern auch eine große Zahl Läufer von den Mittelstrecken bis zum Marathon. Diesmal waren etwa die EM-Teilnehmer im Marathon Tom Gröschel und Marcus Schöfisch dabei. Das Training fand unter Anleitung von Steffen Große statt, der unter anderem bis 2017 Schweizer Nationaltrainer im Triathlon war. Auf seinem Trainingsplan standen lange Skieinheiten, aber auch Koppeltraining, bei dem Skifahren und Laufen oder Gehen kombiniert wurden, und zum Beispiel Skiathlon: Dabei wechseln die Sportler während der Einheit zwischen dem klassischen Fahren und Skating. Für diejenigen, die sich das Skating noch nicht zugetraut haben, dachte er sich ein spezielles Programm aus: Auf einer 800-Meter-Runde immer eine Runde klassisch fahren und eine Runde „Doppelstock“, also indem man sich auch berghoch mit beiden Stöcken gleichzeitig abdrückt. Zusätzlich gab es Einheiten rund ums Laufen und Gehen, zum Beispiel Motorik oder kurze Berganläufe, sowie zweimal eine Schneeschuhwanderung.
Der Nachteil an der Trainingseinheit Skifahren ist, dass sie vom Wetter abhängt. Erst nach einigen Tagen in Balderschwang lag genug Schnee, dass wir skilaufen konnten. So gab es davor einige Tage, an denen wir gingen, liefen oder wanderten. Als dann genug lag, fügten einige trotzdem immer mal wieder auch eine Geheinheit ein, um das Gefühl dafür nicht zu verlieren. Einige nutzten auch andere Formen des Alternativtrainings wie Radfahren oder Schwimmen. Am späten Nachmittag gab es oft noch ein Kraft- oder Stabilisationstraining, entweder individuell oder unter Anleitung in der Gruppe, und abends traf man sich im Wellnessbereich des Hotels, wo es eine finnische Sauna und eine Infrarotkammer gab. Insbesondere die Sauna nutzten die Athleten viel.
Die Mahlzeiten variierten wegen der verschiedenen Trainingsumfänge teilweise stark und fanden eher spät statt. Weil oft morgens noch ein Auftakt gemacht wurde, frühstückte der Großteil häufig erst nach 9 Uhr, das Mittagessen fiel nach einer längeren Skieinheit manchmal auf den späteren Nachmittag. Das Highlight war das Abendessen: Dort tischte das sogenannte Bio-Berghotel Ifenblick, das auch viele vegane Speisen anbot, mit einem ordentlichen Buffet auf. Wegen der familiären Atmosphäre in dem Hotel fühlten sich die Athleten dort wohl, viele kommen auch deshalb seit Jahren immer wieder gerne dorthin.
Unser Fazit ist, dass sich die Reise gelohnt hat. Vorher waren wir uns nicht alle so sicher, weil die Schneevorhersage sehr unsicher war. Doch auch außerhalb vom Skifahren gab es gute, verschiedene Trainingsmöglichkeiten, so dass wir die Tage ohne Schnee gut überbrücken konnten. Und seit dem ersten Schneetag am 10. Dezember konnten wir jeden Tag fahren, bis wir ein paar Tage vor Weihnachten abreisten. Wer neben seiner eigenen Ausdauerdisziplin mal was neues als Alternativtraining probieren möchte, für den ist Skilanglauf im Winter auf jeden Fall eine Empfehlung von uns.