Im Ausdauersport spielt neben dem Kohlenhydrat- auch der Fettstoffwechsel eine wichtige Rolle. Insbesondere für Marathonläufer oder Langdistanz-Triathleten bringt ein gut trainierter Fettstoffwechsel einen entscheidenden Vorteil mit sich, schließlich reichen die Glykogenspeicher allein auch bei gut trainierten Athleten für deutlich weniger als zwei Stunden. Somit erscheint es sinnvoll, den Fettstoffwechsel als Ausdauer-Athlet speziell zu trainieren. Doch mit welchen Maßnahmen lässt sich dies bewerkstelligen und welche Punkte gilt es hierbei zu beachten?
Kohlenhydrate sind das bevorzugte energieliefernde Substrat während intensiverer Belastungen, da sie schneller und damit effektiver als Fettsäuren oxidiert werden. Bei Ausdauer-Belastungen erfolgt die Energiebereitstellung generell zum Teil aus Fettsäuren und aus Kohlenhydraten, hinzu kommt ein kleiner Teil aus Aminosäuren. Je höher die Belastungsintensität, desto größer ist der prozentuale Anteil an Kohlenhydraten, die verbrannt werden. Bei Langstrecken-Wettkämpfen reichen die Kohlenhydrate häufig nicht aus, sodass es von Vorteil ist, auch bei hoher Belastung den Fettverbrennungsanteil relativ hoch halten zu können.
Ausdauer-Training mit vielen längeren Belastungen im moderaten Intensitäts-Bereich führt generell zu einer Verbesserung des Fettstoffwechsels, unter anderm über eine vermehrte Anzahl und bessere Leistungsfähigkeit der Mitochondrien („Kraftwerke der Zellen“) in denen die Fettverbrennung abläuft. Die Fettsäuren, die zur Oxidation herangezogen werden, entstammen zum einen dem Körperfett, also dem Unterhaut-Fettgewebe, und zum anderen den intramuskulären Fettspeichern. Vor allem Letzteres wird durch Ausdauertraining während der Belastung oxidiert (Coyle, 1995).
Nüchtern-Läufe
Ein probates Mittel, um die Fettbverbrennung speziell zu trainieren, sind Nüchternläufe, beispielsweise morgens vor dem Frühstück. Das heißt, dass man vor dem Laufen nichts isst; eventuell einen Tee oder Kaffee und möglichst ausreichend Wasser trinkt, jedoch keine Kohlenhydrate zuführt. Wenn der Kaffee oder Tee mit Zucker und/oder Milch getrunken wird, ist es schon fast nicht mehr nüchtern, wobei man das vielleicht nicht all zu genau sehen muss. Auf jeden Fall wird sehr wenig Energie zugeführt, sodass die Leber-Glykogenspeicher nach der Nacht praktisch entleert sind. Jene in der Muskulatur können allerdings noch relativ gut gefüllt sein, je nachdem wie am Vortag gegessen wurde. Es empfiehlt sich also für den gewünschten Effekt, auch am Vorabend zumindest nicht zu kohlenhydratbetont zu essen.
Wenn kaum Kohlenhydrate vorhanden sind, wird der Körper zwangsläufig vorwiegend Fett verbrennen und so lernen, schneller auf Fettsäuren zurückzugreifen und sparsam mit den Glykogenspeichern umzugehen. Und das auch, wenn diese gut gefüllt sind, was beim Wettkampf der Fall sein sollte. Laut einer Untersuchung von Professor Hottenrott wurden im Nüchtern-Zustand mehr freie Fettsäuren im Blut gemessen als nach der Einnahme eines Frühstücks. Dies sollte auch darauf hindeuten, dass der Fettstoffwechsel durch ein Verzicht auf das Frühstück auf effiziente Weise aktiviert werden kann. Jedoch sollten einige Sachen beim morgendlichen Nüchternlauf beachtet werden. So sollte die Trainingseinheit nicht zu lang und vor allem auch nicht zu intensiv sein, vor allem dann, wenn man Nüchtern-Training noch nicht gewohnt ist. Ansonsten kommt es zu einem vermehrten Proteinabbau, um dem Körper über die Gluconeogenese doch Kohlenhydrate zur Verfügung zu stellen. Diese Eiweiße werden unter anderem aus der Muskulatur und aus dem Immunsystem bereitgestellt, sodass diese geschwächt werden. Beides sollte vermieden werden.
Abbau wichtiger Proteine vermeiden
Eine Möglichkeit wäre, anstatt nüchtern zu laufen, ein reines Eiweiß- (Fett-) Frühstück zu konsumieren, bestehend beispielsweise aus Käse, Ei o. ä. So werden dem Körper zumindest Proteine von außen zugeführt, damit er nicht die wertvollen Strukturen aus der Muskulatur und dem Immunsystem abbaut; außerdem könnten Fette aus der Nahrung auch zur Oxidation herangezogen werden, allerdings ist dies vor allem bei mittelkettigen Fettsäuren der Fall (Coyle, 1995), wie sie beispielsweise in Kokosöl vorkommen. So werden auch in manchen Sportgetränken sogenannte MCT-Fette eingesetzt. Die langkettigen Fettsäuren, wie sie zum größten Teil in den meisten Nahrungsfetten vorkommen, werden langsamer verdaut und stehen also nicht so schnell zur Energiegewinnung zur Verfügung, sodass in der Vor-Trainings-Mahlzeit der Schwerpunkt auf die Proteine gelegt werden sollte. Allerdings gilt es hierbei, die individuelle Magenverträglichkeit zu beachten. Eiweiß wird auch etwas langsamer als die meisten Kohlenhydrate verdaut; jeder sollte für sich ausprobieren, ob er kurz vor dem Training Eier, Käse (auch fettarmen) etc. verträgt oder sich langsam daran gewöhnen.
Wenn man eine längere Einheit morgens ohne Frühstück absolvieren möchte, kann man auch anfangs nichts oder nur Wasser konsumieren und während der zweiten Hälfte der Einheit nimmt man ein Kohlenhydrat- oder Kohlenhydrat-Eiweiß-Getränk zu sich. So wird zu Beginn des Trainings der Fettstoffwechsel effektiv trainiert, man hat aber genügend Energie, um die gesamte Einheit durchzustehen; außerdem wird einem Proteinabbau aus Muskulatur und Immunsystem vorgebeugt. Übrigens gibt es das Phänomen der sogenannten Trägheit der biologischen Systeme (vgl. Lothar Pöhlitz, 2011). Das bedeutet, dass der Körper sich während einer Belastung nur so weit umstellt wie unbedingt nötig. Wenn man einen langen Lauf also in ruhigem Tempo beginnt und dann das Tempo steigert, wird die Energiebereitstellung nur so weit von „vermehrt Fettsäuren“ zu „vermehrt Glukose“ umgestellt wie unbedingt nötig, sodass auch bei dem höheren Tempo noch relativ viel Fett oxidiert wird, anders als wenn man den Lauf im schnelleren Tempo begonnen hätte. Diese Crescendo-Läufe sind also auch aus dieser Sicht eine interessante Variante der langen Läufe. Die unterschiedlichen Arten des langen Laufs hat Marcel Bräutigam in einem Blog-Beitrag ansehnlich beschrieben.
Ernährung nach dem Training
Ein interessanter Aspekt ist, dass zum effektiven Training des Fettstoffwechsels auch direkt nach den (Grundlagen-) Trainingseinheiten zuerst keine oder nur sehr wenig Kohlenhydrate konsumiert werden sollten, damit die Mitochondrien-Neogenese (Neubildung), welche nach dem Training weiterläuft, nicht gestört wird. Diese ist schließlich vom Transkriptionsfaktor „ppar Gamma“ abhängig, der durch mehrfach ungesättigte Fettsäuren aktiviert wird (vgl. Jornayvaz und Shulman, 2010; Contreras et al, 2013). Kohlenhydrate würden hier störend wirken. Es empfiehlt sich also, nach den eher lockeren Dauerläufen zunächst nur ein Eiweißgetränk und eiweiß- und/oder fetthaltige „Snacks“ zu verzehren wie bspw. ein Ei, körnigen Frischkäse, ein paar Walnüsse oder dunkle Schokolade (ab 80% Kakao-Anteil) und erst etwas später zur Basiskost überzugehen, die mehr oder weniger kohlenhydratbetont sein kann.
Zur Verbesserung des Fettstoffwechsels ist es also sinnvoll, zu gewissen Zeitpunkten weitgehend auf Kohlenhydrate zu verzichten. Manche Anpassungsvorgänge verlaufen wie beschrieben besser und effektiver, wenn das Training mit wenig Kohlenhydraten durchgeführt wird. Dieses kann man bei den Trainingseinheiten wie lockeren (längeren) Läufen, bei welchen der Fettstoffwechsel vermegrt angesprochen wird, für sich nutzen. Eine dauerhafte „low carb/high fat“-Ernährung kann zwar ebenfalls zu einem besserem Fettstoffwechsel führen, aber unter anderm den Kohlenhydrat-Stoffwechsel verschlechtern und damit auch die Leistung (Burke et al, 2011). Bei intensiven Belastungen werden schließlich Kohlenhydrate zur Energie-Gewinnung benötigt, so sollte man als ambitionierter Athlet in intensiveren Trainings- und Wettkampfphasen die Kohlenhydratzufuhr nicht zu sehr drosseln, sondern eher für eine gewisse metabolische Flexibilität sorgen, in dem man sowohl den Kohlenhydrat- als auch den Fettstoffwechsel regelmäßig anspricht. Das generelle „train low“-Konzept, welches besagt, dass man sein Training zum größten Teil mit niedrig gefüllten Glykogenspeichern absolvieren sollte, ist also durchaus umstritten und sollte zumindest flexibel gehandhabt werden. So zeigt die Studienlage zur „Low Carb“-Ernährung im Sport insgesamt keine Vorteile für die Leistungsfähigkeit (Mosler, 2016).
Ketogene Kost?
Laut mancher Autoren ist eine effiziente Methode, den Fettstoffwechsel zu trainieren, die Kohlenhydrat-Zufuhr so sehr zu drosseln (auf nur noch ca. 20 g/Tag!), bis eine Ketose entsteht (Volek et al, 2015). Das bedeutet, dass durch die hohe Fettzufuhr Keton-Körper im Körper gebildet werden, die von der Muskulatur und nach einer gewissen Anpassungsphase auch vom Gehirn zur Energiegewinnung genutzt werden können. Die Autoren gehen hierbei auf die Evolution ein; schließlich haben sich die Menschen in Urzeiten teilweise ketogen, also fast ohne Kohlenhydrate, ernährt. Der Ketonkörper Beta-Hydroxy-Butyrat soll über eine Veränderung der Genexpression eine Leistungssteigerung bewirken können; außerdem mache sich der Körper unabhängig von Kohlenhydraten als Energiequelle. Jedoch stellt sich die Frage, ob wirklich gute Leistungen mit sehr wenig Kohlenhydraten möglich sind und ob diese extreme Form der „Low carb“-Ernährung in unseren Breitengraden überhaupt praktikabel ist. Der nur temporäre Verzicht auf Kohlenhydrate ist jedenfalls deutlich einfacher umzusetzen und bringt wie beschrieben eindeutige Vorteile mit sich.
Quellen
http://www.netzathleten.de/fitness/richtig-trainieren/item/2790-von-den-kenianern-lernen-pro-contra-zum-nuechternlauf, besucht am 17.5.2016
Lothar Pöhlitz: Beiträge zum Leistungs- und Hochleistungstrainings im Laufen & Gehen, 2011
Edward F. Coyle, Ph. D.: Fat metabolism during exercise: new concepts. GSSI Sports Medicine Review Board
Jornayvaz FR, Shulman GI: Regulation of mitochondrial biogenesis, Essays In Biochemistry Jun 14, 2010
Contreras AV, Norres N, Tovar, AR: PPAR-α as a Key Nutritional and Environmental Sensor for Metabolic Adaptation. Adv Nutr July 2013 Adv Nutr vol. 4: 439-452, 2013
Mosler S: „Low Carb“-Ernährung im Sport: Eine kurze Übersicht zu aktuellen Erkenntnissen und potentiellen Risiken. Dtsch Z Sportmed. 2016; 67: 90-94.
Burke LM, Hawley JA, Wong S, Jeukendrup AE: Carbohydrates for training and competition Journal of Sports Sciences Volume 29, Supplement 1, 2011
Volek JS, Noakes T, Phinney SD: Rethinking fat as a fuel for endurance exercise. Eur J Sport Sci. 2015;15(1):13-20
Zu diesem Thema gibt es eine sehr interessante und praxisnahe Zusammenfassung von Dr.T. Stellingwerf, der drei kanadische Elitmarathonlaeufer dsbzgl. ernaehrungsmethodisch unterstuetzt hat, Auch Dr A. Jeukendrup hat auf seiner Webseite eine sehr aussagekraeftige Zusamenstellung moeglicher Trainingmassnahmen zur Verbesserung des Fettstoffwechsels bei Ausdauersportlern. Obwohl trainingsmethodische Verbesserungen im Fettstoffwechsel wissenschaftlich dokumentiert sind, gibt es keine einzige Studie, die auch eine entsprechende Leistungsverbesserung (Performance) bei Leistungssportlern dokumentiert.