Nach dem Auftakt in Pforzheim ist die Cross-Saison schon wieder im vollen Gange. Am kommenden Sonntag steht gleich das nächste spannende Rennen in Darmstadt an. Es geht um den Deutschen Hochschulmeistertitel, die EM-Quali – und für mich um eine Standortbestimmung in der Beziehung zu meiner größten Hassliebe…
Ich habe es ja versucht mit der Halle. Ein paar Mal ließ ich mich dazu hinreißen, ein Rennen auf der Indoor-Bahn zu absolvieren. Dabei ist es dann aber auch geblieben.
Irgendwie war das nichts für mich: Diese winzige 200m-Bahn, bei der man schon nach wenigen Runden einen Wahnsinns-Drehwurm bekommt, dazu die stickige Luft und die Tatsache, dass es keine längere Strecke als 3000m gibt, verdirbt mir den Spaß daran gewaltig. Ganz davon zu schweigen, dass wir in Regensburg nicht mal eine Halle haben, in der man im Winter ein Bahntraining machen könnte.
Was bleibt mir in den kalten Monaten also noch übrig, um mich wettkampfmäßig zu vergnügen? Richtig, der gute alte Cross.
Nun bin ich ehrlich gesagt auch nicht die Crossläuferin vor dem Herrn: Berge krieche ich meistens eher im Spaziertempo hinauf und ich finde, es gibt Netteres, als ausgerechnet durch Dreck und Matsch zu laufen. Für immer geprägt haben mich deswegen die Erlebnisse bei meinem allerersten Crosslauf in Darmstadt, damals noch auf der alten Lichtwiese:
Nach dem Startschuss ging es mit Ellenbogeneinsatz auf die ersten Meter. Es wurde geschubst, gedrängelt und ehe ich überhaupt wusste, wie mir geschah, lauerte schon die erste scharfe Kurve. Von der ich natürlich nichts geahnt hatte. Streckenbesichtigung gehörte damals noch nicht zu meiner Routine.
Überhaupt war ich mir den seltsamen Anforderungen eines Cross-Rennens keineswegs bewusst: So komisch lange Nägel für die Spikes hatte ich mein Lebtag noch nicht gesehen und als ich dann auch noch feststellen musste, dass meine Mitläuferinnen nicht, wie ich, schön außen um die Matschpfützen herum, sondern einfach mitten hindurchliefen, war ich ein bisschen verwirrt.
Aber ich habe mich zum Glück recht schnell von meinem Schock erholt und wurde dann doch noch Dritte. Das weiße Nike-Shirt, das ich damals bei der Siegerehrung bekommen habe, kann als Sinnbild für meine Beziehung zum Crosslauf stehen: Es hat mir zwar nicht gepasst, ich habe mich aber trotzdem irgendwie darüber gefreut.
Es ist also so eine Art Hassliebe, die mich mit dem Geläuf im Gelände verbindet. Einerseits finde ich es viel schöner, als unzählige Runden in einer stickigen Halle zu drehen, andererseits werde ich immer wieder von seinen Tücken überrascht, die mich nicht selten über ein Rennen schimpfen lassen, das ich mal wieder komplett in den Sand gesetzt habe.
Apropos Sand: Bei den Deutschen Crossmeisterschaften 2014 ist mir dabei sogar ein ziemliches Malheur passiert. Denn schon wenige Sekunden nach Beginn des Rennens habe ich – wortwörtlich – den Kopf in den Sand gesteckt. Einem Sturz sei Dank.
Wer sich den – zugegebenermaßen ziemlich lustigen – Fall noch einmal „in motion“ ansehen möchte, bittesehr: (ca. ab Sekunde 19)
Aber nicht nur in Löningen vor zwei Jahren, auch bei den vergangenen Cross-EM Qualis habe ich mich schon oft ziemlich blöd angestellt: Mal war ich im entscheidenden Zeitpunkt krank, dann habe ich einfach auch mal eher aus unerfindlichen Gründen kläglich versagt. Letztes Jahr habe ich es dann, nach krankheitsbedingtem Ausfall in Pforzheim mit einem beherzten Rennen in Darmstadt, doch noch geschafft und durfte mit nach Frankreich.
Mit dem U20-Team haben wir damals Gold gewonnen und es war eine unvergessliche Erfahrung. Zwar musste ich die letzten zweihundert Meter ins Ziel humpeln, da sich ein richtiger Holzkeil in meine Spikesnägel festgebohrt hatte, aber hey – es wäre nicht Cross, wenn es nicht immer irgendein „aber“ gäbe!
Der Cross ist wie mein Siegerpreis aus Darmstadt, das Nike-Shirt, das mir ein paar Jahre später dann ja doch gepasst hat – dafür hatte der weiße Stoff schnell lauter Flecken, die sich nicht mehr rauswaschen ließen. Crosslauf ist und bleibt meine größte Hassliebe…
Manchmal ist es einfach wie verhext. Da liegt man dann am Boden und weiß gar nicht so genau, wie das jetzt eigentlich passiert ist. Das Einzige, was man dann aber nicht tun sollte, ist zu verzagen. Der Cross hat seine ganz eigenen Gesetze: Jeder, der gesehen hat, dass ich beim Start der EM auf Platz 85 lag, hätte nicht gedacht, dass ich noch in den Top 10 einlaufen würde. Jeder, der meinen Sturz vor zwei Jahren in Löningen beobachtet hat, hätte wohl nicht geglaubt, dass es noch für eine Medaille reicht. Aber wer Beweise will, muss das Video aus dem Link von oben einfach ganz bis zum Schluss ansehen 🙂