Die Saison 2015/16 begann traditionell mit dem Herbsttrainingslager des Thüringer Leichtathletikverbandes in Zinnowitz. Unter sehr guten Bedingungen galt es mit den anderen Thüringer Athletinnen und Athleten viele Kilometer zu absolvieren um eine Grundlage für die kommende Saison zu legen. Auf der Rückreise von der Ostsee machte ich einen Zwischenstopp in Berlin. Bei einem der schnellsten 10km Straßenläufe in Deutschland (Asics Grand Ten) stellte ich mich der internationalen Konkurrenz. Diese erste Standortbestimmung nach der Sommerpause und den ersten Trainingswochen verlief Erfolg versprechend. Mit einer neuen Bestzeit von 30:19min zeigte sich eine gute Herbstform nach dem vorangegangenen Trainingslager.
Das Hauptaugenmerk lag im Herbst dann auf einer intensiven Crosssaison mit der Option der Cross-Europameisterschaft im Dezember. Um den Sprung auf ein neues Leistungsniveau zu schaffen, mussten die Trainingskilometer sukzessive in Kombination mit einem gezielten Krafttraining gesteigert werden. Mit dem Rennen aus Berlin war ich positiver Dinge. Eine Woche vor einem Auftakt in die Crosssaison bekam ich allerdings stechende Knieschmerzen (rechts). Ärztlich wurde ein Läuferknie mit Sehnenentzündung und Erguss diagnostiziert. Eine kleine Laufpause, alternatives Training im Wasser und auf dem Rad sowie intensive physiotherapeutische Betreuung bestimmen darum den sportlichen Alltag ab Ende Oktober. Nach zwei Wochen zeigte sich eine erste Linderung. Jedoch mussten erste „Laufversuche“ schon bald wieder abgebrochen werden. Die Crosssaison 2015 für mich beendet und bis Dezember musste ich das Lauftraining einstellen.
Der Wiedereinstieg kurz vor Weihnachten verlief dann etwas aussichtsreicher. Durch kontinuierliches alternatives Training befand sich meine Leistungskurve keinesfalls in einer Talfahrt. Aus diesem Kontext heraus startete ich bei einem kleinen Silvesterlauf mit einem schmerzfreien Start-Ziel-Sieg. Kurz darauf ging es Anfang Januar wie gewohnt in das Läufer-Mekka Monte Gordo nach Portugal. Aufgrund meiner Vorgeschichte sollte ich hier wieder in das normale Läufertraining eingegliedert werden. Punktuell musste ich noch alternative Trainingsakzente setzten, um die Belastung des rechten Knies zu minimieren. Die erste Trainingswoche verlief wie geplant, das Laufen machte wieder Spaß. Anfangs der zweiten Trainingswoche meldete sich plötzlich nach einem langen Dauerlauf das linke Knie mit einer ähnlichen Symptomatik wie bereits zuvor auf der kontralateralen Seite. Sofort wurde eine intensive physiotherapeutische Betreuung gestartet. Da die Schmerzen jedoch nicht schlimmer wurden und nur bei langen monotonen Belastungen dominierten, war man der Meinung, ich könnte weiterhin das Lauftraining absolvieren. Folgeschäden sein dabei nicht zu erwarten. Nach der Ankunft in Deutschland ging es dann fast nahtlos in die Hallensaison über.
Die Knieprobleme auf der nun dominierenden linken Seite entwickelten sich leider unspezifisch weiter. Bei Dauerläufen hatte ich nach 20 Minuten Schmerzen. Bei Tempoläufen mit ständigen Wechseln der Geschwindigkeit konnte ich fast über eine Schmerzfreiheit nach dem Training sprechen. Daher versuchte ich eine abgeschwächte Hallensaison ins Visier zu nehmen. Erste Station sollte dabei das Abendsportfest in Erfurt sein. Die neue PB über die 1500m unter dem Hallendach in 3:52,04min galt als erstes positives Zeichen nach den zurückliegenden Monaten. Eine wirkliche Linderung der Schmerzen konnte ich allerdings nicht verzeichnen. Über Kontakte aus den Reihen der Bundestrainer erkundigte ich mich nach einer geeigneten Rehabilitationsmaßnahme. Nach abgeschlossenen Semesterprüfungen wollte ich mich nochmals durchchecken lassen und durch effektive und qualifizierte Therapien wieder auf die Beine kommen. Vorher unternahm ich noch einen letzten Laufversuch bei den Deutschen Hochschulmeisterschaften über 3000m. Dort gelang mir die Titelverteidigung in guten 8:17,32min. Die Hallensaison musste nun abgehakt werden und eine Reha stand auf dem Plan.
In einem zweiwöchigen Aufenthalt im Rehazentrum in Herxheim wurden die Kniebeschwerden auf Defizite des Halteapparates im Bereich der LWS und des Gesäßes zurückgeführt. Durch spezielle Kraftübungen sollten die kompensatorisch wirksamen Muskeln gestärkt und die Beschwerden gelindert werden. Zwei Wochen später konnte ich mit positiven Gefühlen das Zentrum verlassen. Es ging langsam aber sicher bergauf, als ich Anfang März wieder in den Alltag zurückkehrte.
Im Trainingsalltag wurde punktuelle einzelne alternative Trainingsrhythmen durch Lauftraining ersetzt und soweit möglich gesteigert. Erste Station in der Vorbereitung auf den Sommer stelle Bad Blankenburg mit den bekannten Thüringer Kollegen dar. Ein erfolgreicher Lehrgang im Schwarzatal wurde zunehmend beschwerdefrei absolviert. Nach einer kurzen Erholungswoche ging die Reise mit dem deutschen Hinderniskader in das lang geplante Trainingslager nach Südafrika. Während des dreiwöchigen Aufenthaltes sollte ich wieder komplett in das Lauftraining eingegliedert werden. Diese Zielstellung wurde erfolgreich umgesetzt, auch wenn ich merkte, dass in den vergangenen Monaten zu wenig Laufkilometer absolviert wurden und dadurch die Läuferbasis ein wenig fehlte. Gesund, munter und mit einiger Vorfreude auf die ersten Hindernisrennen der Saison ging es auf den Rückflug.
Beim internationalen Pfingstsportfest in Rehlingen ging ich schließlich zum ersten Mal im Jahr 2016 über die 3000m Hindernis auf die Rundbahn. Leider konnte ich meine Trainingsfortschritte nicht umsetzen. Schon nach Kilometer 2 war ich kräftemäßig am Ende und ich schleppte mich ins Ziel. Nur zwei Wochen später versucht ich mich erneut der Paradestrecke im belgischen Oordegem zu stellen. Das Laufgefühl war dabei ein ganz anderes. Mit gutem Resultat von 8:50,79min ging ich gestärkt aus diesem Wettkampf. Die nächste Station führte über eine 1500m-Bestzeit von 3:50,62min in Gotha zu den Deutschen Meisterschaften in Kassel über die 3000m Hindernis, ein Rennen, in dem laut Papier viel möglich war. Eingangs der letzten beiden Runden musste ich enttäuschend die Führungsgruppe ziehen lassen und kam als 8. in 9:03,44 min (Meisterschaftsrennen) ins Ziel. Ein frustrierendes Ergebnis, was nicht auf die aktuelle Trainingsform zurückzuführen war. Das Problem der Kraftlosigkeit war mir leider schon aus Höhepunkten des Vorjahres bekannt. Daher beschloss ich, mir sportpsychologische Hilfe am OSP zu suchen. Die Vorbereitung auf den letzten Wettkampfblock der Sommersaison wurde schließlich durch mentales Training begleitet.
In der Vorbereitung auf die deutschen U23 Meisterschaften beschloss ich noch einmal das Leistungsvermögen über die Unterdistanz zu testen. Über die 1500m startete ich im belgischen Heusden und konnte mit einer neuen Bestzeit in 3:45,64min einen Erfolg verzeichnen. Eine Woche später galt es dann den U23 Titel aus dem Vorjahr über die Hindernisdistanz zu verteidigen. Dieses Ziel vor Augen startete ich optimistisch in das Finale in Bochum. Dabei suchte ich die Entscheidung von vorn. Mit einer neuen Bestzeit in 8:44,60min konnte ich die Trainingsform nochmals ansatzweise präsentieren. Trotz PB musste ich mich am Ende jedoch mit der Silbermedaille knapp geschlagen zufriedengeben.
Fazit: Ein Jahr mit Höhen und leider auch vielen Tiefen liegt hinter mir. Die lange Verletzungsgeschichte aus dem Winter hat mich langfristig verfolgt. Dennoch konnte ich im Laufe der Saison den Umständen entsprechend das Beste herausholen. Mit zwei neuen Bestzeiten über 1500m und 3000m Hindernis bin ich zufrieden. Wichtig ist, die Problemzonen langfristig zu stärken um weiterhin schmerzfrei zu bleiben und Verletzungen vorzubeugen. Laufen trainiert man leider nur durch Laufen und nicht mit alternativem Radfahren oder Schwimmen.