Wenn wir unserem Ausdauer-Faible nachgehen wollen, gelingt das am besten im Freien, statt nach den verbliebenen Sauerstoff-Partikeln im Fitnessstudio zu lechzen. Anstatt mit einer einprozentigen Steigung das Laufen draußen zu simulieren und mit switchenden Augen zwischen Geschwindigkeits- und Kilometer-Anzeige zu pendeln, sollten wir lieber die frische Luft und das natürliche Terrain vorziehen.
Auch auf der Rolle kann es schnell mühselig werden. Wer beispielsweise zur Ironman-Vorbereitung drei Stunden auf dem Rad absitzen muss, sollte auf Abwechslung setzen, anstatt sich pausenlos auf das rotierende Rad unter einem zu fixieren – ‚Augenwurm‘ garantiert und deprimierend, trotz Schwitzerei und brennenden Muskeln kein Stück voran zu kommen.
Bei Nässe und Eisglätte ist das Fitnessstudio aber immer ein guter Plan B. Ansonsten zieht auch Boris Stein den geschlossenen Räumen ganz klar das real Life vor.
Und das am liebsten auf dem Rad. In optimaler Geschwindigkeit lässt sich so am besten die Landschaft erkunden.
Boris ist erfolgreicher Triathlet und Duathlet und wurde zuletzt Siebter bei der Ironman WM auf Hawaii. Unabhängig davon platzierte er sich im vergangenen Jahr häufiger in der Top Drei bei internationalen Wettkämpfen – u.a. jeweils Platz eins beim Ironman 70.3 in Luxemburg und Kraichgau. Ein souveränes Auftreten des 32-Jährigen, der nebenbei als Lehrer andere motivierend auf die Erfolgsspur lenkt.
Angefangen hat alles während seines Sportstudiums in Darmstadt, wo er sich einen Sport suchte, den er unabhängig von anderen ausüben konnte und begann zu laufen.
„Gleichzeitig wurde ich durch mein Freundeskreis von einer Rennradsportwelle erfasst. Danach war der Weg zum Triathlon nicht mehr weit.“
Das Ausdauer-Trio fordert natürlich viel Zeit und Kraft, ist aber in der Kombination gewinnbringend: „Man kann Überbelastungen schon allein durch die jeweils unterschiedliche Beanspruchung von Muskeln und Gelenken senken und selbst bei Verletzungen oftmals noch an den anderen Disziplinen arbeiten.“
Sein Trainer Peter Sauerland koordiniert seit acht Jahren sein Training. „Lange Schriit“ ist ein häufiger Zuruf seines polnischen Coaches. „Er möchte mich beim Laufen an einen flacheren, längeren, ökonomischen Schritt erinnern. Wenn es hart wird, neige ich nämlich dazu, mich zu hoch abzudrücken, die anstehende Strecke niederzukämpfen.“
Über die Zeit hat sich eine solide Vertrauensbasis aufgebaut, sodass Boris die Vorgaben überzeugt umsetzt und im Nachgang nur die passende Regeneration ergänzt.
Heißt beispielsweise: „Nichts ist für mich befriedigender als der ‚Schlaf der Gerechten‘, vollgefressen nach einer harten Trainingseinheit.“
Trainer und Schützling sind sich darüber einig, dass sie stetige kleine Herausforderungen im Training einmaligen Rekorden vorziehen.
Achtsamkeit und Geduld sind zwei Prämissen, mit denen Boris wahrscheinlich auch der ein oder anderen Verletzung aus dem Weg gegangen ist. „Ich springe am liebsten nur so hoch wie ich muss“ und dabei verfällt er keinem Übereifer, der gefährlich auszuschlagen droht.
Wenn ich mich von heute auf Morgen für einen Ironman entscheide, worüber müsste ich mir im Klaren sein?
„Die Anerkennung bekommst du, aber die Faszination Triathlon macht mehr aus als das begehrte IRONMAN-Finisher-Shirt. Mir war immer wichtig, dass man das Schwimmen, Radfahren und Laufen im Wettkampf auch noch als solches bezeichnen kann. Daher würde ich anfänglich zu kürzeren Distanzen raten. Wenn es nur um das Überleben geht, kommt aus meiner Sicht der Spaß an der Bewegung zu kurz.“
Und was zeichnet die jeweiligen Wettkämpfe bzw. Distanzen aus?
„Wettkämpfe auf der Kurz- und Olympischen Distanz sind auf hohem Niveau sehr schwimmlastig. Das kommt meinen Fähigkeiten nicht entgegen, somit bin ich kein Experte für diese Strecken. Auf den längeren Distanzen spielt das Pacing eine wichtigere Rolle. Manchmal ist es der viel beschworene Kampf gegen sich selbst und die Natur. Je länger die Distanzen werden, desto eher kommt es dazu. Taktik spielt eine geringere Rolle. Es gewinnt oft der Stärkste bzw. Trainingsfleißigste.“
Der Einblick in das Leben und Training von Weltklasseathleten wie Andreas Raelert und Nils Frommhold hat auch Boris beeinflusst. „Damals war es mehr noch ein ‚Hobby‘, seitdem sehe ich Triathlon als Beruf, in dem ich täglich alles dafür gebe, die optimale Leistung am Wettkampftag abzurufen.“
Solange es gut läuft, sind die Gedanken ganz beim Rennen. Fragen wie: Stimmt mein Pacing? Was ist noch möglich? Welche Optionen habe ich?
Wenn es hingegen schlecht läuft, driften die Gedanken ab und machen kurzzeitig auch Platz für negative Gedanken: Ist das alles was du kannst?
Gute Erinnerungen – sei es nur die Erleichterung an der nächste Verpflegungstelle oder überstandene Krisen und Erfolgserlebnisse – helfen ihm oft über solche Momente hinweg.
Jetzt ist das Visier auf das neue Jahr ausgerichtet. Dafür flog er zuletzt ins Trainingslager nach Mallorca, wo es primär darum ging, Grundlagenkilometer auf dem Straßenrad zu sammeln. Darauf aufbauend soll dieses Jahr auf Hawaii dann „das Rennen des Jahres folgen!“
Wir sind auf jeden Fall gespannt, was wir dieses Jahr noch von dir zu sehen bekommen. Bleib dafür vor allem gesund und weiterhin mit Herz und Rücksicht dabei! Viel Erfolg!