Ein Appell an die Chancengleichheit im Deutschen Profitriathlon
In dieser gemeinsamen Stellungnahme geht es keinesfalls darum, die Veranstalter des Ratingen Triathlons persönlich anzugreifen, sondern es wird das Ziel verfolgt, in Triathlon-Deutschland wieder zum Standard zurückkehren zu können, dass jeder die faire Chance hat, sich mit jedem zu messen und seinen Lebensunterhalt verdienen zu können, ohne „jemanden kennen zu müssen“
Zuallererst wünschen wir den Athlet*innen und den Veranstaltern für das Pushing Limits Race, insbesondere der Einladungsstartwelle, einen tollen und reibungslosen Wettkampf. Der Wettkampf und dessen Übertragung durch Pushing Limits wird mit Sicherheit wieder eine großartige Sache, die hoffentlich Nachahmer oder eine Fortsetzung findet. Endlich bietet sich wieder eine Bühne für unseren Sport. Ein Spektakel für die Szene!
Was leider im Trubel um die Show, die richtige Vermarktung und geniale Bilder untergegangen ist, ist einer der wichtigsten Grundwerte unseres Sports, die Chancengleichheit. So sehr wir die Bemühungen des Veranstalters begrüßen, so müssen wir auch Kritik äußern. Denn von einem Triathlon-Medium wie Pushing-Limits, das sich seit Jahren konstant kritisch über die Kommerzialisierung der Marke IRONMAN und die Intransparenz von PTO und DTU äußert, muss man die Wahrung sportlicher Grundwerte erwarten dürfen. Hier stünde sonst deren Glaubwürdigkeit auf dem Spiel.
“Mit ihrem ständigen Bezug darauf, wie viel Geld die PTO in den professionellen Triathlonsport pumpt, nervt sie im Moment nur noch. Diese Tatsache verändert den Sport nicht – und das hatte die PTO ursprünglich mit großen Tönen angekündigt.” Pushing Limits, 11.06.2020
“…The fact that the PTO have supported the race with a prize purse is the icing on the cake.” Pushing Limits, PTO Pressemeldung 15.09.2020
Bedingt durch fehlende Rennen haben sich die sportlichen sowie finanziellen Möglichkeiten der Triathlonszene bekanntermaßen sehr reduziert. Solidarität ist wichtiger denn je. Einladungsrennen im Profibereich sind legitim, in Zeiten akuter Knappheit aber zumindest fraglich. Die Besetzung im Pushing Limits Rennen ist intransparent und leistungstechnisch ohne eindeutige Kriterien nicht nachvollziehbar und die Bekanntgabe über die Medien eine Woche vor dem Event für viele Athleten, die nicht dabei sein können, zwar ein Schlag ins Gesicht, aber einer, den man hinnehmen muss.
Ein Problem entsteht, wenn für die Vermarktung des Rennens Preisgelder (Gesamtpreisgeld $ 15.000) aus dem Budget der internationalen Profi-Triathlon-Organisation (PTO) genutzt werden, die für jeden Profi zu gleichem Recht zugänglich sein sollten (Mission Statement der PTO), ohne dass die PTO in Kenntnis darüber gesetzt wird, dass es sich um ein Einladungsrennen handelt und dies auf Nachfrage auch bestätigt. Durch die Verknappung des Angebots an Triathlonveranstaltungen und den geschlossenen Preisgeldpool (der ausdrücklich allen zugänglich sein sollte die Mitglied der PTO sind) sowie die aktuell fast exklusive Chance auf Medienpräsenz für deutsche Triathleten im Pushing Limits Race, entsteht somit eine starke Wettbewerbsverzerrung. Das Rennen hätte nach transparenten Kriterien besetzt werden können. Zum Beispiel über das PTO-Ranking oder über ein Bewerbungsverfahren mit fairer Auslosung.
Was wäre zum Beispiel, wenn das Modell in Ratingen – mit fairen Auswahlkriterien z.B. anhand des PTO-Rankings oder eines Bundesliga-Rankings Schule macht? Die PTO stellt für die kommende Saison ein Budget zur Verfügung, um im Format einer Rennserie Elite-Rennen in regionalen Triathlon-Events zu integrieren. Ein Win-Win Szenario für alle Akteure: die regionalen Triathlon-Veranstalter werten ihre Veranstaltung enorm auf, die Athlet*innen haben eine Chance, unabhängig von Labels wie IRONMAN oder Challenge auf hohem Niveau zu performen, mit Aussicht auf ein attraktives Preisgeld. Die Zuschauer erleben hochklassigen, spannenden Profisport hautnah und Pushing Limits kann als Medienoutlet (auch in Kombination mit anderen Triathlon-Medien) eine spektakuläre Berichterstattung beisteuern.
Diese Situation hat Unmut bei einer großen Gruppe von Athleten verursacht, die kritisiert, dass ein einziges Medienoutlet für die Vorselektion des Starterfeldes, den Zugang zu Preisgeld und die Presse zuständig ist, was im Umkehrschluss eine alleinige Gatekeeper-Stellung zur Teilnahme am Profisport (aktuell, in Deutschland) darstellt. Diese Entwicklung ist ungesund für den Sport, da sie keine kritische Meinung zulässt.
Der Versuch, über persönliche Gespräche zwischen einzelnen Athleten und Pushing Limits zu einer Lösung der Problematik zu gelangen, ist vorerst leider gescheitert. Bei aller Emotionalität darf die Neutralität bezüglich der künftigen Berichterstattung über die „Betroffenen“ keinesfalls als Druckmittel eingesetzt werden. Dies wäre unentschuldbar und würde die Tür für eine konstruktive, gemeinsame Zukunft zuschlagen. Dies kann nicht im Interesse der Akteure im Triathlon-Sport sein. Die Erkenntnis muss lauten: Es geht nur miteinander, nicht gegeneinander. Das schließt Veranstalter, Medien, Sponsoren und Athleten gleichermaßen mit ein.
Für den heutigen Sonntag ist alles geklärt, wir hoffen auf eine großartige Veranstaltung. Jeder Gewinner eines Preisgeldes hat dieses mehr als verdient. Wir verübeln keinem der Starter die Teilnahme, da jeder durch die aktuell angespannte finanzielle Situation auf jede Chance auf Sichtbarkeit und Preisgeld angewiesen ist. Wir pochen aber darauf, dass in Zukunft wieder Chancengleichheit für die Teilnahme an einer solchen Veranstaltung gelten sollte.
20.09.2020
Gez.:
Henry Beck, Luca Heerdt, Marcus Herbst, Christian Kramer, Lukas Krämer, Julian Mutterer, Sebastian Neef, Alexander Schilling, Markus Thomschke, Per Van Vlerken, Marc Unger