Hallo Marcus, Du hast die ersten Monate des Jahres viel Zeit in Trainingslagern (Fuerteventura und Mallorca) verbracht. Wie liefen diese und konntest Du das gesteckte Pensum gut umsetzen?
Allen in allem bin ich zufrieden, dass ich die Möglichkeit hatte den größten Teil des Winters in wärmeren Gefilden zu verbringen und die Trainingsdaten zeigten eine deutliche Leistungsentwicklung, obwohl natürlich auch die eine oder andere Hürde zu überwinden war.
Mit Hürde spielst Du bestimmt auf den Radunfall in Fuerteventura an, der zum Glück glimpflich ausging. Erzähl uns doch kurz, was genau passierte und welche Schlussfolgerungen ziehst Du daraus?
Im Nachhinein kann ich nur sagen, dass ich sehr froh und glücklich bin, heute wieder komplett gesund und fit zu sein und es war absolutes Glück im Unglück. Wir fuhren in einer 4er Gruppe zum Beispiel mit Alexander Schilling, und wollten links, von der Hauptstraße in eine Nebenstraße abbiegen. Die Hauptsstraße war recht wellig. Es war alles frei und auf einmal touchierte mich ein Auto an meinem Lenker und fuhr direkt durch unsere Gruppe „hindurch“. In einer 60 km/h Zone hatte das Auto einen 85m langen Bremsweg, also eine deutliche Geschwindigkeitsüberhöhung. Es ist aber alles gut ausgegangen und der Fahrer hat sehr gut reagiert, in dem er statt nach links oder rechts auszuweichen, direkt durch die Gruppe durchfuhr. Er war selbst sichtlich geschockt und wird wohl zukünftig langsamer fahren. Es hätte durchaus anders enden können.
Was ist danach passiert?
Zusammen mit meinem Trainer Daniel Fleckenstein, meinen Physiotherapeuten und Ärzten in Leipzig entschied ich mich, sofort heimzufliegen und in Deutschland im MRT alles nochmal durchchecken zu lassen. Es war schnell klar, dass ich 3-4 Wochen nicht laufen darf und so setzten wir einfach die ersten Rennen auf Ende April als neues definiertes Ziel fest. Wenn ich ein klares Ziel vor Augen habe, dann gibt man auch im Reha Prozess jeden Tag aufs Neue sein Bestes.
Seit 2 Wochen ist nun eine Ausnahmesituation. Wie gehst Du damit um und wie planst Du aktuell Deine Saison?
Ich befand mich gerade im Trainingslager auf Mallorca und musste wegen der Coronakrise frühzeitig abreisen. Für mich war es wichtig, mich zu sammeln und die ganze Situation erst einmal einzuordnen. Jetzt haben wir Ziele neu definiert und das nicht anhand von Wettkämpfen sondern von reinen Leistungsdaten. Ich bin vom Typ her jemand, der immer von einer Gruppendynamik profitiert, aber ich habe auch kein Problem, mir alleine im Training ordentlich einzuschenken. Daher geht’s nächste Woche motiviert in die nächste Trainingsphase.
Als Sportler bist Du sicher recht viel im Austausch mit anderen Athleten. Wie ist unter „Sportlern“ die Stimmung gegenwärtig? Gerade, weil Leistungssportler grundsätzlich recht positiv der gegenüber Zukunft eingestellt sind?!
Ich muss ehrlich sagen, dass sich gerade wieder einmal gesellschaftlich zeigt, dass Sport weitaus mehr bringt als nur eine gewisse Fitness. Alle Sportler, egal wo auf der Welt und in welcher Sportart, haben die Situation sehr schnell verstanden und appellieren als Vorbilder gerade geschlossen für ein angepasstes Verhalten. Wir sind diejenigen, die aufgrund der Gesellschaft unseren Traum leben dürfen und jetzt sind wir diejenigen, die gerne zurückstecken, sodass hoffentlich bald wieder Normalität für alle eintritt. Der allgemeine Konsens ist, weiterhin fit zu bleiben und sich im Rahmen der Möglichkeiten sportlich weiterzuentwickeln.
Für viele wäre der Collins-Cup eine willkommene Abwechslung und Neuerung im Triathloncircus gewesen. Wie findest Du das Format und gab es für Dich schon direkt Vorteile dadurch?
Der Collins Cup direkt ist jetzt etwas komplex und ich würde lieber direkt auf die PTO anspielen. Dies ist eine neugegründete Organisation oder auch Gewerkschaft für Triathleten. Solche Ideen und Versionen gab es schon oft, aber dieses Mal steckt wirklich etwas dahinter und gerade erst gestern hat die PTO sehr zuvorkommend auf die Corona-Krise reagiert. Daraufhin, dass im Moment keine Wettkämpfe stattfinden und keine Rennergebnisse eingebracht werden, sieht sich die PTO in einer unterstützenden Rolle und zahlt allen Profis in der Top 100 einen gewissen Obulus. Ich befinde mich nach aktuellem Stand auf Platz 86 und bin sehr froh über diese zusätzliche Sicherheit, die die PTO uns Athleten jetzt gibt.
Was wirst Du jetzt konkret als nächstes tun?
Wie gesagt, werde ich ab kommender Woche wieder mit 100% Fokus und zielgerichtet ins Training einsteigen. Dafür werde ich wahrscheinlich in den nächsten Tagen zu meinen Eltern in die Altmark fahren. Das ist eine sehr dünn besiedelte Region und gerade in diesen turbulenten Zeiten kann ich dort sehr entspannt trainieren ohne ein Risiko für andere Menschen, bezüglich der Infektionsübertragung, darzustellen. Des Weiteren wird mir eines der Vereinsmitglieder der Triathlon Füchse Osterburg ermöglichen, bei ihm zu Hause in seiner Gegenstromanlage zu schwimmen. Ich bin unheimlich dankbar dafür, dass der Verein uns Profis dies ermöglicht.
Kannst du der Krise etwas Positives abgewinnen?
Noch stellt es mich und viele andere vor große Herausforderungen, aber stell mir in 3-4 Monaten nochmal die gleiche Frage und ich werde Sie dir beantworten können. Positiv ist aber, dass ich durch das „sogenannte Heimtrainingslager“ deutlich mehr Zeit mit meinen 3 Neffen verbringen kann und das ist definitiv jetzt schon ein Gewinn für mich.
Titelbild: That Camera Man