…doch Vorsicht: Es ist wichtig, sich für ein Trainingscamp zu entscheiden, das auf den individuellen Leistungsstand zugeschnitten ist. Eines, das zwar belastet, aber nicht ÜBERlastet.
Wie wird ein Trainingslager also zum Erfolg? Wir haben Roy Hinnen, den Schweizer Triathloncoach und Autor des Buches TRIATHLON TOTAL: Dein Weg zur neuen Bestzeit, gefragt, wie die im Trainingscamp erreichte Form auch in die Wettkampfsaison transportiert werden kann.
Die Kunst, nach dem Trainingslager tatsächlich auch im Wettkampf schneller zu sein: Was sind die typischen Fehler bei dieser Herausforderung?
Für mitteleuropäische Triathleten ist die Planung eines Trainingslagers zwischen November und Mai durchaus sinnvoll. Ein Trainingslager in der Sonne gibt es bereits für kleines Geld, die Menge der Angebote und Destinationen ist schier grenzenlos. Viele der Veranstalter geben sich hier große Mühe und planen ein volles Programm. Für manchen Altersklassenathleten, der aus der Kälte kommt und sonst täglich acht Stunden im Büro sitzt, mag so ein Programm, aus rein emotionaler Sicht, attraktiv sein: Endlich raus an die Sonne, zeigen, was man drauf hat – schließlich hat man den ganzen Winter lang hart trainiert. Diese Einstellung kann ich sehr gut verstehen.
Leider bringen diese Aufenthalte für die bevorstehende Saison nur bedingt eine Leistungssteigerung. Denn die meisten Triathleten kommen mit durchschnittlich sechs bis acht Trainingsstunden pro Woche ins Trainingslager und steigern das Pensum dann quasi über Nacht auf bis zu 30 Stunden. Dazu kommt häufig, dass viele Einheiten mit sehr hohen Pulswerten absolviert werden: Das alles ist eine riesige Belastungsprobe für den Hormonhaushalt.
Wie lässt sich diese Form der Überlastung vermeiden?
Um einer Überforderung im Trainingslager entgegenzuwirken, führe ich in den von mir geleiteten Camps mit jedem Athleten zu Beginn Leistungstests durch, die ich aus 30 Jahren Triathlonerfahrung zusammengetragen habe. Anhand eines 4-minütigen Watt-Tests ermittele ich einen Wert, der den einzelnen Radeinheiten der TriCamp-Woche zugrunde gelegt wird. Das Ergebnis bietet eine objektive und eindeutige Bestimmung der Leistungsbereiche. So wird ganz ohne kraftraubende Rangkämpfe schon am ersten Tag klar, wer wo steht. Das bringt Ruhe in die Gruppe. Zudem absolviere ich einen FatSpot-Test, der die Grundlage für das Laufen bietet. Mit diesen Daten wird sich jeder richtig belasten – und niemand überlasten.
Doch auch die Athleten, die ein privates Trainingslager planen, können von meinen Tests profitieren und diese für ihre persönliche Einstufung nutzen. Ich biete diese Formeln jedem frei zugänglich auf meiner Website an.
Wie sieht ein vernünftiger Ablauf für Trainingscamps aus?
Ein siebentägiges Trainingslager läuft wie folgt ab: Jede Radausfahrt beinhaltet ein spezifisches Trainingsset, das über die Woche hinweg an Intensität zu- und an Dauer abnimmt. Am ersten Tag lasse ich wie oben erwähnt einen 4-minütigen All-out-Test fahren. Anhand der ermittelten Wattwerte errechne ich die Watt pro Kilogramm eines jeden Athleten und erstelle so Leistungsgruppen, in denen dann für jeden das passende Tempo und die passende Intensität gefahren wird.
Welche Schwerpunkte sollten gesetzt werden?
Im Trainingslager sollte schwerpunktmäßig ganz klar an der Rad- und Laufform gearbeitet werden. In meinen Camps biete ich beispielsweise kein spezielles Schwimmtraining an. Denn als Athlet habe ich 51 Wochen pro Jahr die Gelegenheit mein Schwimmen zu trainieren, dann muss ich dies nicht in einem kalten Hotelpool tun. Jeder meiner Teilnehmer erhält einen Gutschein, mit dem er im Anschluss kostenlos meinen Schwimmkanal in Horgen (Schweiz) besuchen kann. Dort analysieren wir mit genauer Videotechnik gemeinsam seinen Schwimmstil, identifizieren etwaige Fehler und er erhält konkrete Tipps zu Trainingsset und zur CoreStability.
Welche Rolle spielt die Ernährung?
Die klassische Ernährungsweise in Trainingslagern läuft meist so ab, dass ausgiebig gefrühstückt wird, über den Tag hinweg kaum etwas konsumiert wird, um beim Abendessen so richtig zuzuschlagen. Ich empfehle folgende Vorgehensweise: Frühstücke nur leicht und nimm dafür ab der ersten Stunde auf dem Rad kontinuierlich 60–80 Gramm Kohlenhydrate zu dir. Iss am Abend leicht und ausgewogen, aber nicht übermäßig. Der Fokus der Ernährung im Trainingslager liegt auf der aktiven Zeit (auf dem Fahrrad). Wenn man während des Radfahrens isst, lernt der Körper, unter Belastung Kalorien zu nutzen und in Energie umzuwandeln.
Woran merke ich, dass das Trainingslager für mich zu anstrengend war?
Viele Athleten lassen es im Trainingscamp von Anfang an so richtig krachen. Doch nur weil man im Trainingslager ist, kann man nicht erwarten, dass man plötzlich einen anderen, einen leistungsfähigeren Körper hat. Man sollte stets im Kopf behalten, dass man nach ein paar Tagen wieder zu Hause ist und weiter trainieren will. Wenn man jedoch zwei Wochen nach der Rückkehr noch immer todmüde ist, ist das ein eindeutiges Indiz, dass das Trainingslager vom Trainingspensum her zu umfangreich war und man viel zu viel und zu hart trainiert hat. Daher ist es wichtig, immer folgende Regel zu beachten: Die durchschnittliche Wochentrainingszeit während der letzten acht Wochen ergibt mit 2,5 multipliziert die Trainingszeit pro Woche für ein siebentägige Trainingslager.
Roys Buch „TRIATHLON-TOTAL: Dein Weg zur neuen Bestzeit“ mit vielen weiteren Tipps vom Profi ist im Oktober 2018 in 3. Auflage Sportwelt Verlag erschienen und zusammen mit anderen interessanten Fachbüchern zum Ausdauersport im Larasch-Partnerprofil zu erhalten. Viel Spaß beim Stöbern!
TRIATHLON TOTAL und andere Triathlonbücher gibt es hier beispielsweise im „Triathlon Maxipaket“.
Weitere Infos zu Roy Hinnen unter: www.royhinnen.ch
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