Mit dem Zieleinlauf gestern beim Marathon endeten nicht nur die 42,195km, sondern auch die 31. Olympischen Spiele in Rio de Janeiro. Das Wechselbad der Gefühle aus Nervosität, Anspannung und Vorfreude konzentrierte sich mit der gestrigen Abschlussfeier endlich mal nur auf den Genuss!
Es ist zwar der Traum eines jeden Sportlers, einmal bei Olympischen Spielen an den Start zu gehen… aber bis der Startschuss fällt, stauen sich derart viele Emotionen, die nicht nur physisch sondern auch mental erst einmal koordiniert werden müssen.
Der Leistungsdruck, der die eigene Stimmung normalerweise nicht nur bei Wettkämpfen maßgeblich bestimmt, scheint sich an jenen Tagen auf Nebenschauplätze zu verziehen. Größer war die eigene Ambition, sein Bestes zu geben – unabhängig von allgemeinen Erwartungen.
Das Soll hat der Sportler nämlich durch die Bestätigung der Norm bereits erfüllt – jetzt galt es nur, den eigenen Zielen gerecht zu werden. Aber auch wenn diese Ziele nicht erreicht wurden und sich kurzzeitig Enttäuschung breit macht: die eigentliche Genugtuung ist hier eine andere: nämlich Stolz!
Stolz, der sich nicht an objektiven Anforderungen festmacht, sondern an einem verdienten ‚Dabei sein‘. Sofern jeder von sich behaupten kann, (auf sauberem Wege) alles gegeben zu haben, gibt es keinen Grund, sich trotz vermeidlicher Niederlage, nicht glücklich zu schätzen.
Der einzige Grund, der eine Rolle spielt, ist der, dass sich jeder Starter bei den Olympischen Spielen nicht grundlos mit der Weltspitze messen darf – eben weil er selbst dazugehört! Somit haben unsere Sportler allen Grund zur Freude und Selbstachtung!
Ein entscheidender Faktor in Punkto Leistung ist hingegen ihre Vermarktung. Schließlich bekommt der Sport – besonders die Leichtathletik und andere ‚Randsportarten‘ die Möglichkeit, sich die verdiente Wertschätzung einzuholen. Endlich stehen wahrhaftige Leistungen im Fokus und nicht überbezahlte Ballkünstler, die sich gefühlt bei einem kleinen Schnupfen gequält zu Boden schmeißen und Aufsehen erregen, wenn die Cousine dessen Schwagers wieder Single ist.
Wobei auch die ‚wahrhaftigen‘ Leistungen besonders in der Leichtathletik in den letzten Monaten oft erst Rechenschaft ablegen mussten bzw. den Sport nur kritisch in Szene setzte. Ein Schlag ins Gesicht für all jene, die unermüdlichen Ehrgeiz und ehrlichen Anspruch an sich selber hegen.
Natürlich fällt es einem da schwer, zwischen ehrlich und falsch zu unterscheiden. Und genau diese Ungewissheit nagt am möglich steigenden Interesse an der Leichtathletik. Ein wachsendes Interesse, das gerade mit den Olympischen Spielen einhergehen könnte. Traurig, dass eine Vertrauensfrage dazwischen liegt und nicht wie sonst der Fokus der Medien einer Annäherung im Wege steht.
Zweifelsohne ließen sich die Bewohner der Stadt Rio und all die angereisten Fans aber von dieser Skepsis nicht beeinflussen. Sie feierten als gäbe es kein Morgen mehr – wobei der frühe Morgen tatsächlich der einzige Zeitpunkt war, wo das Olympische Feuer kurzzeitig nur loderte, ehe es ab ca. halb neun in Form von guter Laune und herzlicher Gastfreundschaft wieder neuen Zündstoff bekam. Selbst schlechtes Wetter machte ihnen nichts und die Regenschirme machten dagegen das ohnehin schon farbenfrohe Treiben nur noch bunter.
So bewies Rio als Olympiastadt trotz Wirtschaftskrise und gesellschaftlichen Missständen eines ganz besonders: nämlich Menschlichkeit! Dass, sofern das Herz am rechten Fleck und die Motivation in den Gemütern sitzt, am Ende trotz währender Zweifel ein Olympisches Programm auf die Beine gestellt werden kann, das funktioniert.
Dass kaum ein Guide Englisch spricht, die Metro und Busse unberechenbar an Stationen halten (oder diese einfach auslassen) und die Preise in den unschuldig drein wirkenden Supermärkten exorbitant hoch sind, sei ihnen verziehen und besonders letzteres aufgrund der Wirtschaftslage gegönnt.
Ebenfalls amüsant zu sehen, dass manche Baustellen scheinbar am letzten Tag der Olympischen Spiele erst fertig gestellt werden. Aber wie sagte man mir doch: bloß keine Eile!
Auch wenn das von A nach B besondere Aufmerksamkeit benötigte, damit man sich nicht verirrt, schaffte es am Ende doch jeder rechtzeitig zu den jeweiligen Sportstätten, wo die Wettkämpfe ebenfalls pünktlich anliefen.
Dass man auf dem Weg dorthin von schwer bewaffneten Sicherheitskräften beäugt wurde (doppelt so viele wie noch 2012 in London), machte einerseits deutlich, dass sich die Stadt ihrer verheißten Kriminalität bewusst ist und andererseits die vergangenen Terroranschläge auch nicht zulassen, die Sicherheitsvorkehrungen auf die leichte Schulter zu nehmen.
Am Ende können wir daher nicht nur von Glück sprechen, dass die Olympischen Spiele ein friedvolles und hoffentlich auch größtenteils sportlich faires Highlight gewesen sind! Die Stadt Rio hat in jedem Fall ihr Bestes dazu beigetragen.
Deshalb sagen wir Danke, für die Leidenschaft, die nicht nur in den Sportstätten hauste und ziehen den Hut vor Eurem Einsatz, dass die Sommerspiele ein reibungsloses Spektakel für alle Beteiligten wurde.
Kurz um: es war eine sportliche Fiesta!