Heute haben wir Kamera und Diktiergerät mal links liegen gelassen und uns als harmlose Touris unter die Fans gemischt – bisschen am Olympischen Feuer schnüffeln. Die Gefahr, sich zu verbrennen, gab es bei den recht frischen 19 Grad zwar nicht, aber der Puls hüpfte schon ganz schön, als wir in Mitten äthiopischer Fans den neuen Weltrekord über 10.000m feierten.
Der ganze Vormittag bedeutete für das Larasch-Duo alias Steph der Filmemacherin und der rasenden Reporterin einmal von der Arbeit abschalten – Siesta – und mitfiebern – Fiesta.
Bis wir aber das Olympiastadion erreichten, gab es so manche Fragezeichen zu klären…
Wie kommen wir dahin? Lauter hilfsbereite Guides tümmeln sich zwar an den Bus- und Metro-Stationen, aber wenn du nach dem Weg fragst (in einem Mix aus Englisch, Pseudo-Portugiesisch und Wort-Gesten) weisen sie dich in eine Richtung, die nicht selten in die genau falsche führt.
Bedeutet: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Am besten sucht man sich also den Weg vorweg selbst raus (die genauen! Koordinaten) und lässt sich nur kurz vor dem Einsteigen seine Auswahl bestätigen.
Dann kann es nur sein, dass du gerade wieder einen jener Busse erwischt hast, die dem „ich fahre wie es mir gerade passt“-Rhythmus folgen. Was wieder bedeutet: es kann sein, dass du bei der nächsten Station plötzlich aussteigen und auf den nächsten Bus warten musst. Den du dann aber meinst, nicht nehmen zu können, weil er scheinbar zu voll ist… bist du dich im nächsten Moment aber doch geqetscht zwischen den anderen Fahrgästen verrenkt wieder findest.
Was nicht passt, wird passend gemacht – auch wenn die Türen dabei nicht ganz zu sind und der Fahrer trotzdem im vollem Tempo durch die Straßen pest. Steph hat mich dann vorsichtshalber an ihrer Tasche festgeknotet, weil sie wahrscheinlich schon ahnte, dass ich in der nächsten Kurve aus dem Bus fliegen könnte.
Das Tempo hat natürlich den riskanten Vorteil, dass man schneller ankommt als gedacht. ‚Mitschuld‘ daran haben sicherlich die für die Olympischen Spiele eingesetzten Buslinien, die an den üblichen Stationen nicht halten und direkt zu den einzelnen Sportstätten fahren. Obendrein noch auf einer extra Busspur, sodass man den eigentlichen Verkehr links liegen lässt.
Die Fahrtickets sind zwar preiswert (umgerechnet ein Euro pro Person/Fahrt), aber verwirrend dabei, dass du mal eins brauchst und durch die halbe Stadt quasi schwarz fährst und das andere mal nur eine Station und dafür das volle Ticket kaufen musst.
Die Straßenverkehrsordnung in Rio ist ohnehin ein ominöser Tatbestand: Ampeln werden gefühlt nie grün und sobald man einfach bei rot über die Ampeln rennt und quasi schon am anderen Straßenende ankommt, entscheiden sich die Lämpchen plötzlich doch für die Grünphase.
Autos wiederum blinken grundsätzlich nie, wenn sie abbiegen wollen. Halten zwar nicht an den Zebrastreifen, dafür aber in Mitten der Hauptstraßen – falls sich der Passant spontan entscheidet, die verbotene Abkürzung zu nehmen.
Naja, aber wir kamen sicher an… irgendwann. Und sogar 15 Minuten früher als geplant. Um 9:15 Uhr kamen schließlich auch Tobias und Michael – unsere Mitstreiter an diesem Leichtathletik-Vormittag, die sich schnell als informierte Profis entpuppten und uns zwischen den Disziplinen mit Insider-Fakten über die Athleten, Regeln und Riten versorgten.
Die drei Stunden im Stadion vergingen wie im Flug und krönten die An-Feuer-Stimmung mit dem Weltrekord der Äthiopierin Almaz Ayana, die gefühlt unangestrengt nach 29:17Min ihre letzte 400m Runde beendete. Mit der Flagge im Rücken gab es dann noch eine Sieges-Ehrenrunde, bei der ihre Schritte den Klatsch-Rhythmus der jubelnden Ränge vorgab.
Wir ließen unseren Puls dem Spektakel noch für einen Moment hinterherjagen, bis wir uns wieder auf dem Weg nach Draußen machten und dabei noch einen Abstecher im Souvenir-Shop machten – schließlich mussten wir die Touri-Authentizität bis zum Schluss aufrecht halten!
Erst als wir die holprige Rückreise geschafft hatten und auf den letzten Metern bis zum Apartment das Nachhallen der Euphorie so langsam dämpfte, genossen wir einfach nur den stillen Moment in der Sonne, die sich zum Nachmittag hin doch noch durch die Wolkendecke schlagen konnte. Schöner Tag!
Jetzt wieder an die Arbeit 😉