Ich will ja niemanden in seiner demokratischen Entscheidung manipulieren. Obwohl… Doch, eigentlich will ich genau das.
Am kommenden Samstag findet die Gala zum „Läufer des Jahres“ in Krombach statt. Ich freue mich schon sehr, dabei sein zu dürfen, wenn die Auszeichnungen vergeben werden und bin natürlich umso gespannter, wie die Abstimmung ausgeht, die noch bis zum 1. Dezember läuft.
Das läuft ja zum Glück total demokratisch, indem jeder, der einen Namen und eine Emailadresse sein Eigen nennt, für seinen Favoriten bei der Wahl zum „Profiläufer des Jahres“ votieren darf. Allerdings macht man es uns doch ein bisschen „leichter“, indem die Redaktion von Laufen.de eine Vorauswahl von insgesamt fünf Athletinnen und Athleten getroffen hat. Blöd, wenn sich nicht erschließen lässt, welche Kriterien dieser Liste eigentlich zugrunde liegen.
Prinzipiell spricht ja nichts gegen eine „Shortlist“, immerhin gibt es in diesem Land sehr viele Läufer, die in diesem Jahr ganz tolle Leistungen gezeigt haben, da muss man vielleicht schon ein bisschen eingrenzen. Und bei den Männern ist das sicherlich gut gelungen – zumindest sehe ich Arne Gabius, Hendrik Pfeiffer, Homiyu Tesfaye, Richard Ringer und Timo Benitz durchaus als diejenigen an, die sich 2017 leistungsbezogen am besten in (Lauf-)Szene gesetzt haben. Leistungsbezogen.
Bei den Frauen ist das bei einer Shortlist mit Alina Reh, Anna Hahner, Gesa Felicitas Krause, Konstanze Klosterhalfen und Sabrina Mockenhaupt aber scheinbar irgendwie anders gelaufen.
So viel vielleicht noch vorweg: Ich finde, dass niemand der genannten Top-Five zu Unrecht gelistet ist. Sie sind großartige Sportlerinnen, die ihre Klasse in 2017 mehrfach unter Beweis gestellt haben und deshalb durchaus eine Berechtigung auf die Auszeichnung besitzen. Andere sind dabei jedoch im wahrsten Sinne des Wortes auf der Strecke geblieben, die den fünf Gelisteten in nichts nachstehen, aber leider nicht erwähnt wurden…
Was ist mit Katharina Heinig, die am 29. Oktober in Frankfurt mit einer Zeit von 2:29:29h unter schwierigen Witterungsbedingungen den Deutschen Meistertitel im Marathon gewann und das sogar nach einem zeitlich gar nicht allzu weit entfernten Marathon bei der WM in London? Hierbei sollte man im Übrigen nicht vergessen, dass sie als eine der wenigen überhaupt dazu bereit war, Deutschland bei der Marathon-WM zu vertreten (viele hatten einen Start trotz erfüllbarer Qualifikationshürden schon im Voraus grundsätzlich abgelehnt). Vielleicht lag der Frankfurt Marathon ja einfach so spät in der Herbstsaison, dass er in den Köpfen der Redakteure von Laufen.de noch gar nicht richtig angekommen ist.
Was ist mit Hannah Klein, die sich mit einer überragenden Zeit von 4:04,15min für die Weltmeisterschaft in London qualifizierte, dort anders als die weitaus höher eingeschätzte Konstanze Klosterhalfen souverän ins Finale lief und schließlich einen 11. Platz erreichte? Davon abgesehen, dass niemand damit gerechnet hatte, war dies nach Gesa Krause die zweithöchste internationale Platzierung einer Läuferin in der Frauenklasse 2017.
Sicherlich ist das Leistungskriterium bei so vielen Lauf-Disziplinen von der Mittel- bis zur Langstrecke, von Bahn- über Cross- und Straßenrennen immer sehr schwierig umzusetzen, aber mit dieser Zusammenstellung mag ich wirklich nicht so ganz einverstanden sein.
…Und möchte genau aus diesem Grund eine klare Empfehlung geben, die da lautet:
Wählt Mocki.
Warum?
Alina Reh und Konstanze Klosterhalfen haben nicht zuletzt heute beim Darmstadt Cross bewiesen, wie viel Talent, internationale Klasse und vor allem streckenspezifische Bandbreite in ihnen steckt. Das heutige Duell konnte Alina für sich entscheiden, in der vergangenen Saison musste sie aber auch einige Male Konstanze an sich vorbeiziehen lassen. Da diese auch bei der WM in London an den Start gehen durfte, wäre es nicht fair, Alina vor Konstanze zu sehen. Konstanze hätte den Preis in diesem Jahr allerdings nur so viel verdient wie Hannah Klein – und die ist nicht aufgestellt. Macht aber eh nichts: Alina, Konstanze sind, genauso wie übrigens Hannah, noch verdammt jung, haben ihre besten Jahre, größten Erfolge und Leistungsgrenzen noch lang nicht erreicht. Sie dürften den Preis also noch (oft genug) bekommen.
Gesa Krause hingegen hat die Auszeichnung bereits in den vergangenen zwei Jahren mit nach Hause nehmen dürfen und natürlich ist sie auch in diesem Jahr im internationalen Vergleich diejenige, die es am besten mit der weltweiten Konkurrenz aufnehmen kann. Wäre da nicht dieser verflixte Sturz im WM-Finale von London gewesen. Aufstehen, weiterlaufen und mit Platz 9 retten, was zu retten ist, zeugt von unheimlich großer Moral und Sportlichkeit. Aber darauf kommt es beim Profiläufer des Jahres nicht an und wir wissen alle längst: Ohne Sturz hätte die nervenstarke Kämpferin ihre Medaillenchance sicherlich wahrgemacht. Deshalb hat sie gute Chancen, im kommenden Jahr ihren EM-Titel vor heimischem Publikum in Berlin zu verteidigen. Und dann steht dem Läufer-des-Jahres-Triple ja wohl nichts mehr im Weg.
Was ist mit Anna Hahner? Sie kam aus einer langen Verletzungsphase zurück. Über soziale Medien konnten wir ihre ersten Lauf-Versuche, Dauerläufe mit Schwester Lisa und den Weg zum grandiosen Comeback beim Berlin-Marathon verfolgen. Dort lief sie eine beachtliche Zeit von 2:28:34h, mit der sie in der deutschen Bestenliste derzeit unangefochten auf Platz eins steht. Die Bedingungen waren beim ohnehin „schnellsten Marathon der Welt“ aber deutlich besser als etwa beim windigen Frankfurt Marathon. Und man darf nicht vergessen: Ein paar Wochen zuvor, bei der Deutschen Straßenlauf-Meisterschaft wurde sie von einer anderen Grande Dame geschlagen, die ebenfalls eine langwierige Verletzungsmisere hinter sich hatte…
Wer das war? Richtig: Die gute alte Mocki, die sich noch Wochen vorher vom Krankenbett gemeldet hatte, weil es Probleme im Gesäß-Bereich gab. Ich als Kind eines Gastroentrologen bin es vielleicht gewohnt, dass am Esstisch über den Allerwertesten diskutiert wird. Aber spricht man über sowas im Sport?
Ja Mocki macht das. So ist sie eben, die siegerländische Frohnatur: Nix verschweigen, alles frei raus, direkt und gnadenlos ehrlich.
Ständig bergab und bergauf ging es mit ihrer sportlichen Form in diesem Jahr. Das Alter zeigt vielleicht hier und da schon ein paar Verschleißerscheinungen, das kaschiert die erfahrene Athletin aber beispiellos mit taktischem Geschick, einem scheinbar unnachahmlichen Gespür für den eigenen Körper und enormem Kampfgeist. Sie gehört einfach immer noch zur absoluten deutschen Lauf-Spitze, wird irgendwie nicht müde und sammelte 2017 quasi in gewohnter Manier drei deutsche Meistertitel ein.
Nachdem nun Rufe laut wurden, die Top-Five der „Läuferinnen des Jahres“-Abstimmung sei nicht gerechtfertigt, setzte sie dann sogar noch einen drauf:
„Dann nehmt mich raus und Hannah Klein rein!“, war gestern noch unter dem Abstimmungs-Post auf Facebook zu lesen.
Ich bin nicht der Meinung, dass man irgendjemand streichen sollte, dass auf dieser Liste aber noch mindestens zwei, wenn nicht drei Namen ergänzt werden sollten, um sie rechtfertigen zu können.
Nun sind wir aber nicht bei Wünschdirwas und bevor ich mich jetzt starrsinnig enthalte (was in einer Demokratie übrigens auch immer eine sehr schlechte Idee wäre), wähle ich jetzt diejenige, die es von den gelisteten Fünfen eben subjektiv am meisten verdient hat.
Denn gerade deshalb, weil sie sich selbst im Vorfeld dieser Abstimmung nicht so wichtig genommen hat, weil sie einfach ein Urgestein der Szene ist und ohne sie echt was fehlen würde, gibt es für mich und für alle anderen, die ich mit diesem manipulativen Text unfassbar hinterhältig beeinflussen kann, keine andere Option:
Wählt Mocki.
Danke.