Unser Olympiakalender ist aus dem Anliegen heraus entstanden, der „medialen Krise des Laufsports“ (Hendrik Pfeiffer) einen proaktiven und innovativen Ansatz zur Förderung der Laufszene und ihrer Athlet*innen engegenzustellen. Die Erlöse des Kalenders fließen unmittelbar in unsere Athletenförderung ein und ermöglichen es, unser bisheriges Engagement und die Medienpräsenz von Athlet*innen im Lauf- und Ausdauersport zu erhöhen.
Wir wollten von den „Betroffenen“, Deutschlands Top-Läufer*innen, direkt erfahren, wie sie die Problematik ihres Sports und ihrer persönliche Situation als Athlet*in einschätzen:
Dazu Marcel Fehr:
Zu den weiteren Athletenstimmen von Aaron Bienenfeld, Deborah Schöneborn u.a.
Marcel, stell Dich doch einfach kurz vor: Was waren bisher Deine größten Erfolge und welche Ziele hast Du in den nächsten Jahren?
Mein Name ist Marcel Fehr, 28 Jahre alt und seit eineinhalb Jahrzehnten Mittel- und Langstreckenläufer aus der Region Stuttgart. Meine größten Erfolge waren mehrere Deutsche Jugendmeistertitel, 3 Top 8 Platzierungen bei Jugend-WM und EM und die Team-Europameisterschaft 2017 und die 5000m-Finalteilnahme bei der EM 2018. Mein Traum und Ziel ist eine Olympia-Teilnahme.
Wie finanzierst Du Dich aktuell, wer sind Deine Unterstützer und kannst du ein paar Rücklagen bilden oder gibst Du mehr aus, als Du durch den Sport „verdienst“? Würdest Du Deine Situation als prekär bezeichnen?
2018 kurz vor den Heim-Europameisterschaften und nach einer Bestzeit auf 5000m im Jahr 2017, hat mir der DLV meinen Kaderstatus entzogen. Seitdem finanziere ich mich hauptsächlich über regionale Sponsoren, über die ich sehr dankbar bin. Dazu kommen Laufvorträge, Coachings und Moderationen von Laufgruppen. Wenn ich mich allein von Startgeldern, Prämien und rein laufsportbezogenen Einnahmen finanzieren müsste, wäre meine Situation prekär und der Leistungssport nicht möglich.
Im Podcast von „Auslaufen“ gibt es die Rubrik „ Was müsste verbessert werden in der Leichtathletik oder im Laufsport“. Wie ist Deine Meinung dazu, worin genau das aktuelle Problem liegt und wie kann dieses behoben werden?
Ein Problem ist unsere Leistungssportreform. Der Laufsport wird im Vergleich zu anderen Disziplinen weltweit kompetitiv unabhängig von Einkommen und strukturellen Möglichkeiten ausgeübt. Dort internationale Medaillen abzuräumen ist meiner Meinung nach ungleich schwieriger, weil es eine viel größere Konkurrenz gibt. Gleichzeitig begeistert der Laufsport neben dem Fußball die meisten Menschen im Sinne des Breiten- und Gesundheitssports. Es erscheint mir deshalb unfair, dass diese Vorbildfunktion nicht genutzt wird, um mehr Läufer in Kader- und Sporthilfe zu fördern. Man könnte die professionellen Läufer*innen bei Laufveranstaltungen, Social-Media-Aktionen und Kooperationen viel effektiver einsetzen, um eine größere Verbindung von Leistungssport und Breitensport aufzubauen. Über solche Kooperationen könnten sicherlich auch mehr Fördergelder für die ambitionierten Laufsportler generiert werden. Auch in Kooperation mit dem DLV.
Was hältst Du von der Idee, beispielsweise wie „Krautreporter“, die Laufdisziplinen über eine kontinuierliche Fördermitgliedschaft zu stützen und damit mehr mediale Reichweite und direkte finanzielle Unterstützung zu bekommen?
Ich finde die Idee super. Letztlich würde das auch bedeuten eine Alternative zu unserem DLV- und sporthilfebezogenem Fördersystem zu schaffen. Dabei noch die Brücke zum Breitensport zu schlagen wäre doch genial: Laufbegeisterte Hobbysportler als große und breite Crowdfunding-Basis, die von den geförderten Leistungssportlern der Plattform regelmäßig Tipps, Updates und Trainingsunterstützung bekommen. Könnte funktionieren.
Was wären konkrete Maßnahmen? Ist es die Unterstützung in Social Media, mehr Livestreams von den Events, Attraktive Wettkampfformate oder Schaffung neuer Serien oder hast Du ganz andere Ideen?
Ich denke es muss beides zusammenkommen: unkomplizierte und lauffreundliche Wettkampfformate (am Beispiel des Flanders-Cup in Belgien oder auch den Rennen in den USA) und dahinter eine gute Aufbereitung via Social Media und per Livestreams (Beispiel Karlsruhe, Soundtrack Tübingen etc.). Auch für Zuschauer sollte es attraktiv sein: Gute Moderation, Musik, kurzweilige Zeitpläne und immer wieder auch reine Laufmeetings (meiner Meinung nach für die Läufer besser als zu viele parallel laufende Disziplinen).
Danke Marcel für Deine offene Meinung und dass Du unser Olympiakalender-Projekt unterstützt!
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