Zuletzt habe ich vor den Olympischen Spielen im vergangenen Sommer mit dem 28-Jährigen Langstreckler gesprochen. Anschließend verfolgte ich sein 5.000m Rennen und erlebte live, wie er selbstsicher und mutig an den Start ging, doch plötzlich die gewohnte Leistung einfach nicht abrufen konnte. Richard schied bereits im Vorlauf aus und zurück blieb nur die enttäuschte Erinnerung und harte Selbstkritik.
Aber ehrgeizig und willensstark wie er ist, wollte er sich nicht lange dieser Frustration hingeben und richtete das Visier neu aus. Nachdem Richard erst einmal eine Woche pausierte, weil ihm zusätzlich noch Magen-Darm-Probleme heimgesucht hatten, brauchte er noch einen letzten Paukenschlag, ehe er sich in die Saisonpause verabschiedete.
„Ich habe zeigen wollen, dass ich laufen kann und mich noch für die 10km in Tübingen vorbereitet.“
Dieses Rennen konnte er schließlich auch mit 29:51min gewinnen. Somit stand nach 20 Jahren endlich wieder ein Deutscher (nach Dieter Baumann) ganz oben auf dem Treppchen.
Neuer Mut, Kraft und Zuversicht
…ließen nicht lange auf sich warten. Denn auch Richard weiß, dass jeder in seiner Karriere mit Rückschlägen zu hadern hat. Sie zeigen uns, „dass unser Körper keine Maschine ist und der Kopf immer eine große Rolle spielt. Wir können nur daraus lernen. Sie gehören dazu und machen einen nur stärker!“
Was er Anfang März mit der Bronzemedaille bei der Hallen-EM in Belgrad beweisen konnte. Nachdem sich Richard zuvor bereits bei der Hallen-DM in Leipzig mit 7:59,68min über 3.000m den Titel sicherte, zog er in Belgrad im Vorlauf noch einmal eine knappe Sekunde von seiner Zielzeit ab und finishte nach 7:58,77min. Auch im finalen Endlauf zog Richard das Tempo an und rannte den letzten Kilometer in 2:26min.
In den letzten Wochen legte Richard viel Wert auf seine Kraftwerte, damit er in der letzten Runde noch Geschwindigkeit erhöhen kann – sprich Sprints und Intervalle standen auf dem Programm. Belgrad zeigte ihm also dahingehend, dass sich das Kraft- und Sprint-Training ausgezahlt hat.
Es sind Momente, die zurückliegende Erinnerungen besänftigen und wieder Selbstvertrauen geben.
„Internationale Medaillen sind was ganz besonderes. Dafür trainiere ich Tag für Tag. Die Ehrenrunde und Siegerehrung werde ich nie vergessen.“
Ziel war es von Anfang an, eine Medaille zu holen: „Ich gehe grundsätzlich mit hohen Zielen in ein Rennen, denn nur mit diesen kann ich Erfolg haben.“
Mission geglückt!
„Ich bin mit dem dritten Platz zufrieden. Die Hallen-EM war ein Zwischenziel für den Sommer, bei dem ich durchstarten will. Mit dieser Medaille ist die Motivation natürlich höher als ohne.“
Was steht als nächstes an?
„Nach den Olympischen Spielen habe ich mir gesagt, ich möchte neue Reize setzen und was Neues probieren. So werde ich dieses Jahr das erste Mal ernsthaft eine 10.000m laufen und zwar in Stanford (USA).“
Danach geht es wieder zurück auf die 5.000m. 2017 möchte Richard nämlich die Norm für die WM in London laufen.
„Das ganz große Ziel ist dann, in Berlin 2018 Europameister zu werden.“
Dafür setzt er im Training auf Quantität und Qualität der längeren Strecken und möchte beides kontinuierlich weiter erhöhen, dabei allerdings trotzdem nicht an Geschwindigkeit über die Kurzstrecke (1.500m) verlieren.
Trotz viel Wirbel rund um den Leistungssport, die fragwürdigen Prämissen und Prioritäten des gesamten Systems und der darin verantwortlichen Funktionäre, schaut Richard zuversichtlich auf seine Zukunft.
„Diese sieht denke ich ganz gut aus. Ich bin zufrieden, wie es gerade läuft. Man sollte sich nicht so sehr an Dingen aufreiben, denn das kostet nur unnötige Energie, die ich lieber fürs Laufen verwende. Ich orientiere mich an mir selbst und möchte Bestleistungen erzielen. Ich möchte international nicht nur an der Startlinie stehen, sondern wettbewerbsfähig sein, wenn ich dabei bin. Die Normen geben mir dahingehend – auch wenn sie hoch sind – einen Richtwert.“
Und damit sich seine Vorhaben mit einem effizientem Training umsetzen lassen, setzt Richard ebenso auf eine gute Regeneration.
„Durch Beruf (Richard ist gelernter Betriebswirt) und die vielen Einheiten sind Schlaf und Ruhezeiten sehr wichtig. Die richtige Mischung zwischen Leistung und Ruhe ist das A und O. Außerdem lege ich Wert auf Unabhängigkeit. Diese habe ich mir im Sport durch meinen Beruf auch erarbeitet.“
Die Tipps und Ratschläge seines langjährigen Trainerteams Birgit und Eckhardt Sperlich und seiner Trainingsgruppe in Friedrichshafen möchte Richard jedoch nicht missen.
„Diese sind es, die mich nach vorn gebracht haben. Sie sind immer mit dabei und haben mich zu einem internationalen Sportler entwickelt. Aber auch die neuen Lauf-Bundestrainer (Thomas Dreißigacker und André Höhne) haben mich durch Ihre Worte sehr motiviert.“
Unterm Strich lautet sein Vorsatz für das neue Jahr: Live your dream!