Larasch: Vor drei Wochen wurdest du in Berlin Deutscher Meister über die 3000m Hindernis in deinem ersten Rennen über die Hindernisse seit Jahren. In deiner Zeit in den U20 und U18 Altersklassen bist du regelmäßig über die Böcke an den Start gegangen. Wie fühlt es sich jetzt an, eine Art „Überraschungssieger“ zu sein?
Karl Bebendorf: Ich persönlich bezeichne es als einen lang verfolgten Plan. Wo der Wechsel von den 2000m auf die 3000m Hindernis kam, habe ich die Lust an dieser Disziplin verloren. Mein Trainer nahm mich bewusst von den Hindernissen weg, um auf der Unterdistanz Schnelligkeit zu sammeln. Wir setzten uns eine Grenze – wenn ich unter 3:40min laufe, dann wäre ich bereit für die Hindernisse. Und so war es dann auch, ich bin froh über die Entscheidung und habe es nicht bereut.
Larasch: 2014 wurdest du schon einmal Deutscher Meister über die Hindernisse, damals allerdings in der U20 über die 2000m. Mit deinem Endspurt gegen den zu früh jubelnden Patrick Karl hast du es sogar in die Bild-Zeitung geschafft, die sich sonst eigentlich wenig für die Leichtathletik interessiert. Hast du das überhaupt mitbekommen und haben dich danach Leute darauf angesprochen?
Karl Bebendorf: Es gab in dieser Zeit einen ziemlich großen Hype um uns. Ich fand es cool, aber konnte es damals noch garnicht so richtig realisieren. Mit dem späteren Fernsehauftritt bei „Kaum zu Glauben“ waren wir beide ziemlich überrascht, was das für Auswirkungen hatte. Wir waren schon oft im Gespräch, da sowas nicht jeden Tag passiert.
Larasch: Dein letzter Start über die Hindernisse war dann 2016, bis zu deinem Titel jetzt in Berlin. Hast du dich in der Zwischenzeit nur auf die 800m und 1500m fokussiert, oder nebenher auch Hindernis-Technik und den Wassergraben trainiert?
Karl Bebendorf: Ich habe jede Woche Hürdendrills mit ins Training gebaut, sowie meine Intervall-Läufe teils mit Hürden gemacht. Klar waren die Geschwindigkeiten schneller wie ich sie bei 3000m Hindernis brauche, aber es geht ja um das Rhythmusgefühl und um die Technik, die wir weiterhin aufrecht erhalten und verbessern wollten.
Larasch: In den letzten Jahren konntest du dich über die 1500m von 3:45min auf 3:39min steigern, gegenüber dem Sportbuzzer hast du dich geäußert, dass du eine weitere Verbesserung in diesem Jahr in Richtung der WM-Norm (3:36,00min) nicht siehst. Blicken wir in Richtung Tokio 2020, traust du dir bis dahin einen weiteren Schritt über die 1500m zu, oder spekulierst du auch dort mit einem Hindernis-Start?
Karl Bebendorf: Auf jeden Fall will ich auf den 1500m weiter voran kommen. Auch wenn ich jetzt über die Hindernissen erfolgreicher bin, möchte ich die Mittelstrecke nicht gleich abschreiben. Auch vom Training her hab ich im Vergleich keine großen Veränderung machen müssen. Ich denke, dass ich auf 1500m noch Potential habe, auch wenn es vielleicht für keine 3:30er Zeit reicht, traue ich mir in den kommenden Jahren eine Zeit unter 3:35min zu.
Larasch: Blicken wir auf dein Rennen vorletzte Woche in Pfungstadt, wo du in 8:27,52min die Norm (8:29,00min) für Doha unterbieten konntest. Mit welchem Gefühl bist du an die Startlinie gegangen, warst du noch voller Selbstbewusstsein durch dein starkes Rennen in Berlin?
Karl Bebendorf: Nachdem ich feststellen musste, dass es für keine 3:36min über 1500m langt, bin ich schon zu den Deutschen Meisterschaften mit der WM-Norm im Hinterkopf angereist. Dass es da nicht gereicht hat, war erst einmal nicht weiter schlimm, weil ich optimistisch war, dass da noch mehr drin ist. Ich musste schnell vergessen, Deutscher Meister zu sein, das macht einen nur selbstsicher und überheblich. Aus Erfahrung wusste ich damit umzugehen und konnte das Rennen in Pfungstadt mit freiem Kopf und voller Konzentration angehen.
Larasch: Bis zur WM in Doha sind es jetzt noch knapp vier Wochen. Auf Instagram sah man dich letzte Woche mit deiner Freundin im gemeinsamen Urlaub auf Rhodos. Kurze Pause für deine Beine nach der Normjagd, oder Vorbereitung auf die Hitze in der Wüste?
Karl Bebendorf: Sowohl als auch, egal wie das Rennen in Pfungstadt ausgegangen wäre, brauchte ich mal eine Auszeit. Da meine Saison Anfang Juni begonnen hat, wollte ich meinem Körper sowie meinen Kopf nach drei harten Monaten eine Pause gönnen. Natürlich stand täglich was auf dem Trainingsplan, aber das diente mehr der Erhaltung. Im Nachhinein tat es mir sehr gut und ich bin wieder frisch für die bevorstehenden Wochen.
Larasch: Du bist auf Instagram sehr aktiv und postet regelmäßig in deiner Story. Verfolgst du dahinter eine bestimmte Strategie und gibt es „Instagramer“ die du besonders inspirierend findest?
Karl Bebendorf: Eine direkte Strategie verfolge ich nicht dahinter. Ich versuche, meine Follower, zum Teil auch schon kleine Fans, einen Eindruck von meinem Leben zu geben bzw. als Vorbild oder auch als Motivator für sie zu fungieren. Es macht mir einfach Spaß, da Fotografieren sowie das Erstellen von Videos Hobbys von mir sind.
Larasch: Weiter zu deinen sportlichen Zielen und Wünsche für die Weltmeisterschaft: Du bist bekannt für deinen harten Endspurt, siehst du Chancen auf eine Finalteilnahme, bei einem taktischen Rennen im Vorlauf?
Karl Bebendorf: Auf jeden Fall sehe ich den Endspurt als eine Stärke von mir, wobei mir ein langsamer Rennverlauf in die Karten spielen könnte. Ich habe noch keine Startliste gesehen, aber wenn alles so funktioniert wie ich es mir vorstelle, ist einiges möglich.
Larasch: Nach der WM ist vor Olympia. Wir haben ja bereits nach deiner Streckenpräferenz für Tokio gefragt, aber wie sieht es allgemein mit deinem Training in den Wintermonaten aus? Weißt du schon, wo du deine Trainingslager verbringen wirst?
Karl Bebendorf: Ich weiß, dass es im Februar in ein Höhentrainingslager geben wird, aber wohin ist noch offen. Ich möchte auch gern eine kurze Hallensaison mitnehmen, am besten die Hallen-WM in Nanjing. Das wäre für mich eine große Motivation für das darauffolgende Trainingslager mit Blick auf die EM.
Larasch: Du hast es eben angesprochen: Nach Olympia ist vor der EM in Paris! Für viele Läuferinnen und Läufer ist ja schon die Teilnahme bei Olympia ein Lebenstraum, aber Hand aufs Herz: Was wäre für dich wertvoller, ein Start bei Olympia oder eine Top-Platzierung bei den Europameisterschaften?
Karl Bebendorf: Wir alle wissen, dass ein materieller Gegenwert einen größeren Wert als eine hintere Platzierung hat. Für mich hätte somit eine Top-3 Platzierung bei einer EM einen höheren Wert als eine Top 15 Platzierung bei einer Olympiade. Da ich nächstes Jahr erst 24 Jahre jung bin, habe ich in den kommenden Jahren immer noch Zeit, mich in die Weltspitze hochzuarbeiten. Ich denke, mit der Hallen EM im vergangenen Winter, sowie der kommenden WM sollte ich genug rein geschnuppert haben, um im nächsten Jahr den nächsten Schritt gehen zu können. Das sind alles nur Wunschvorstellung, die aber bei einem gesunden und problemlosen Training nicht unmöglich sind.
Larasch: Das glauben wir auch und wünschen dir für die WM in Doha sowie die Vorbereitung für 2020 alles erdenklich Gute!
Markus Herkert ist für larasch als Fotograf, Live-Berichterstatter sowie Redakteur im Einsatz. Als begeisterter Leichtathlet beobachtet er insbesondere die Laufszene schon seit vielen Jahren. Wenn er nicht gerade bei einem Sportevent fotografiert, schnürt er auch selbst gerne die Laufschuhe für eine kleine Runde im Frankfurter Stadtwald.
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