5.Platz und bester Europäer
Bereits zum 35. Mal wurde heute der Engadiner Sommerlauf von Sils nach Samedan ausgetragen, für mich zum ersten Mal.
Da ich die letzten beiden Wochen größere Probleme mit meinem Schienbein hatte, welche aber im Hinblick auf den 25KM-Lauf besser wurden, war mein Ziel eine Pace von 3:25/km auf der Strecke zu laufen und dabei verletzungsfrei ins Ziel zu kommen. Es sollte bei einem Trainingswettkampf bleiben, weil die nächsten beiden Wochen, welche zugleich meinen Aufenthalt in St. Moritz beschließen, nochmal sehr wichtig für meinen Herbstmarathon sind!
Um 10:00Uhr erfolgte in Sils auf 1805m ü. M. der Startschuss von über 1000 Teilnehmern. Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite, es war wolkenlos bei leichtem Wind und 3°C, wobei es in der Sonne schon angenehm warm war. Das Starterfeld war sehr stark besetzt mit gleich 5 Afrikanern, wobei ein Läufer eine Bestzeit von 13:12min auf 5000m und 27:55min über 10.000m aufwies! Auch ein Italiener mit marokkanischen Wurzeln war mit dabei, HM-Bestzeit von 63:29min, welcher erst neulich einen neuen Weltrekord über 5000m in der AK 45 aufgestellt hatte. Auch gute einheimische Läufer waren am Start und ich hoffte auf einen gleichwertigen Laufpartner.
Den 1. Kilometer absolvierte ich in 3:10min, die ersten 6 Männer waren zu diesem Zeitpunkt schon weit enteilt (ca. 2:55min) und zwei kenianische Frauen waren auch direkt vor mir. Ich spekulierte darauf, dass 1-2 Kenianer aus der Spitzengruppe dem schnellen Tempo noch ihren Tribut zahlen müssen und ich eine Chance bekomme, bei der Siegerehrung der besten Sechs dabei zu sein. Auf befestigten Kieswegen verlief die Strecke nun am „Silvaplanersee“ in Richtung Surlej entlang und es mussten kleinere Anstiege absolviert werden. Ich konnte mich vom Schweizer Beat Ritter (2.Platzierter beim diesjährigen Swiss-Alpine Marathon über 78km) lösen und lief allein mein Rennen. Ich fühlte mich locker und dennoch mit der nötigen Anspannung!
Die ersten 5 Kilometer konnte ich nach 16:37min erreichen und sah, dass bereits 2 Läufer dem Tempo der Führungsgruppe nicht mehr folgen konnten und zurückfielen. Vorbei am „Champferersee“ ging es weiter in Richtung St. Moritz.
Der Anstieg zum Lej Marsch (1815m), mit seinen 18% Steigung, erklomm ich kurz hinter Tolossa, einem der zurückgefallenen Afrikaner und absolvierte die 10km in 33:31min. Direkt im Anschluss konnte ich einen Blick auf die Olympiaschanzen werfen und es folgte ein stärkeres Gefälle nach St. Moritz Bad (1770m). Ich lief an Tolossa vorbei und wollte mein eigenes Tempo rennen, er setzte sich in meinen Windschatten und lief noch 1,5KM mit mir mit. Ich forcierte noch einmal das Tempo am St. Moritzersee, Tolossa fiel zurück und ich konnte bereits einen weiteren Afrikanischen Läufer vor mir sehen, welcher schon stark mit dem Oberkörper schwankte. Die Laufstrecke zweigte nach rechts ab und nun galt es mehrere Serpentinen zu bewältigen, welche zum Stazersee, mit seinen höchsten Punkt auf 1848m, führten.
Durchgangszeit 15KM: 50:31min. Von nun an ging es auf einem Singletrail mit durchweichtem Boden, durch den Regen der letzten Tage, weiter in Richtung Pontresina und ich hatte viel Spaß über die Pfützen zu springen oder auch hindurch zu rennen 🙂
Ich ging am Kenianer Kiarie vorbei, welcher aber nicht locker ließ und immer auf meiner Augenhöhe knautschte. Ich rief zu ihm: „Work together“ und „go behind me and go slow“. Doch die Kenianer kennen oftmals keine Taktiken und wollen einen „Weißen“ nicht vorbeiziehen lassen, also machte ich genervt langsamer und ließ ihn vorne laufen. Doch er wurde deutlich langsamer, also zog ich neuerlich das Tempo an und er lief wieder direkt neben mir 😉 Kurz danach ein Schreckmoment, ein Autofahrer missachtete die Vorfahrt, übersah uns und wir mussten nach links wegspringen, um nicht von seiner Motorhaube erwischt zu werden! Ich schrie ihn an, gestikulierte, aber es war keine weitere Zeit dafür, also weiter über einen weiteren Singletrail in Richtung Celerina. Toll diese kurzen knappen Richtungsänderungen mit Wurzelpassagen, da fühlt man sich frei und lebendig!
Das Spiel mit dem Kenianer zog sich nun noch 2KM hin, aber geholfen hat mir diese unfreiwillige Zusammenarbeit nicht, er bremste mich eher ein und ich konnte nicht die Kurven so anlaufen, wie ich wollte. Irgendwann reichte es mir und ich setzte einen richtigen Antritt und weg war er.
Ich war beruhigt, weil ich mich nun wieder mehr auf mein Laufen konzentrieren konnte. Doch nun wurden die Nordic-Walker und Muragl Läufer (11KM), welche 10:15 Uhr von Pontresina starteten, eingeholt. Wie man oftmals beobachten kann, dass die Läufer allen Platz der Straße nutzen und nebeneinander laufen, damit schnellere Läufer von hinten nicht mehr vorbeikommen. Also rief ich mich durch die Läuferschlange und bedankte mich höflich fürs Platz machen, was bis ins Ziel so weiter ging. Zeit kostete das Slalomlaufen natürlich auch.
Von nun an führte die Strecke immer leicht bergab bis Celerina, wo ich den Halbmarathon in 71:15min überquerte. Vorbei an der schönen Burg von Celerina, als mir ein Rennradfahrer vor die Füße fuhr und mich fast zum Stürzen brachte. Ich musste alle Kraft aufbringen, um ihn wegzudrücken. Was ist denn nur immer mit den Leuten los, so möchte ich nicht für den Herbstmarathon ausfallen!! Die letzten 4KM verliefen unspektakulär bis Samedan, wo in der Promulins Arena der Zieleinlauf wartete.
Nach 25,2KM in 1:24:59h (Schnitt: 3:22min/km) durchlief ich als Gesamt Fünfter lockeren Schrittes das Ziel.
Sieger wurde Faisa Dame Tasama aus Kenia in 1:18:10h. Damit verbesserte er den Streckenrekord um über 3 Minuten, welcher auch schon sehr beachtlich war! Im letzten Jahr hätte ich mit meiner heutigen Zeit den 3.Platz belegt, das spricht von der Konkurrenz des heutigen Tages!
Bleibt festzuhalten, dass es eine tolle, anspruchsvolle, abwechslungsreiche, aber nicht extreme Strecke ist, gepaart mit einer traumhaften Landschaft und eine super Organisation.
Ein echter Tipp von mir, denn es war mein bisher schönster Landschaftslauf, um ehrlich zu sein 😉 Nur die letzten 7KM, wo man sich als schneller 25KM-Läufer an den Teilnehmern der anderen beiden Läufen vorbei kämpfen muss, hat mich gestört.
Für mich ein super Trainingswettkampf und eine gelungene Generalprobe für meinen Herbstmarathon.
Kommende Woche werde ich euch im Blog berichten, wo ich diesen absolvieren werde bzw. was meine Pläne für die Herbstsaison sind.
Es sei nur soviel gesagt, es wird eine enorme Belastung für meinen Körper werden und eine neue Erfahrung werden..
PS: Mein Schienbein hielt bis kurz vor Schluss gut durch und ich merke es jetzt nur leicht. Morgen geht es mit einem langen Lauf für mich weiter.
Viele Grüße aus dem Oberengadin!
Danke Alexander, ich gebe dir recht, die Strecke kann man mit seiner Gesamtsteigung mit der von Zürich vergleichen, natürlich nicht haargenau. Aber da sieht man, dass wir bei einer schweren Strecke nicht soweit vom Mittelfeld der Europäischen Marathonläufer entfernt liegen. Ich wäre gerne in Zürich gestartet und hätte gesehen, wo ich stehe und sicher einen guten Beitrag für die Mannschaft beigetragen.. Aber so kam es leider nicht. Die nächste EM ist 2018 in Berlin, da 2016 in Amsterdam leider kein Marathon wegen Olympia ausgetragen wird 🙁 Berlin ist dann sicher schnell und flach.
Olympia ist 2016 und da muss man sicher 2:12:30h laufen, dass ist momentan für mich noch zu weit weg und nicht realistisch.
Viele Grüße Marcel
Gibt die 2:12:30h dann der DLV vor oder kommt die von der IAAF?
Das legt der DLV fest und richtet sich dabei an die Zeiten der Weltspitze und auch auf die Vorgaben der IAAF. Andere Länder haben aber teilweise deutlich leichtere Normen, genau wie bei der EM.
Der IAAF Standard ist meist deutlich einfacher. Mit 2:17:00h hätte man z.B.: die internationale WM Norm für Moskau erfüllt. Letztendlich entscheidet Aber der Verband, wer nominiert wird. Die internationalen Standards weichen von denen des eigenen Verbanden weit ab. Bei der EM für Zürich gab es für den Marathon keine Standards die Vorgegeben waren. Deswegen konnten auch viele „sehr“ langsame Athleten teilnehmen.
Danke Alexander, ich gebe dir recht, die Strecke kann man mit seiner Gesamtsteigung mit der von Zürich vergleichen, natürlich nicht haargenau. Aber da sieht man, dass wir bei einer schweren Strecke nicht soweit vom Mittelfeld der Europäischen Marathonläufer entfernt liegen. Ich wäre gerne in Zürich gestartet und hätte gesehen, wo ich stehe und sicher einen guten Beitrag für die Mannschaft beigetragen.. Aber so kam es leider nicht. Die nächste EM ist 2018 in Berlin, da 2016 in Amsterdam leider kein Marathon wegen Olympia ausgetragen wird 🙁 Berlin ist dann sicher schnell und flach.
Olympia ist 2016 und da muss man sicher 2:12:30h laufen, dass ist momentan für mich noch zu weit weg und nicht realistisch.
Viele Grüße Marcel
Gibt die 2:12:30h dann der DLV vor oder kommt die von der IAAF?
Das legt der DLV fest und richtet sich dabei an die Zeiten der Weltspitze und auch auf die Vorgaben der IAAF. Andere Länder haben aber teilweise deutlich leichtere Normen, genau wie bei der EM.
Der IAAF Standard ist meist deutlich einfacher. Mit 2:17:00h hätte man z.B.: die internationale WM Norm für Moskau erfüllt. Letztendlich entscheidet Aber der Verband, wer nominiert wird. Die internationalen Standards weichen von denen des eigenen Verbanden weit ab. Bei der EM für Zürich gab es für den Marathon keine Standards die Vorgegeben waren. Deswegen konnten auch viele „sehr“ langsame Athleten teilnehmen.
Starke Leistung!
18%-Steigung klingen aber echt übel…
Da scheint das Trainingslager doch wirklich produktiv zu sein 🙂
Starke Leistung!
18%-Steigung klingen aber echt übel…
Da scheint das Trainingslager doch wirklich produktiv zu sein 🙂
Das gesetzte Ziel, trotz der beschriebenen Umstände erreicht, spricht für einen sehr, sehr guten Trainingszustand. Das sollte Motivation und Antrieb für die nächsten Wochen geben.
Apropos Anftrieb. Wenn man bedenkt, welche Marathonzeiten heute bei der EM in Zürich, auf ähnlichen Streckenprofil wie bei euren Bestzeitenläufen in Kassel, erreicht wurden, dann sollte euch das sehr optimistisch stimmen. Gerade auch vor dem Hintergrund, da das Rennen recht wenig von Taktik geprägt war, da der Pole Chabowski bereits vor Kilometer 10 attackierte. ICh drücke euch auf jedenfall die Daumen für die kommenden Wochen und den Herbstmarathon. Mach weiter so und hoffentlich beschwerdefrei.
P.S. Kennt eigentlich jemand aus dem Forum der Streckencharakteristik der kommenden Großereignisse (WM,Olympia,EM)?
Das gesetzte Ziel, trotz der beschriebenen Umstände erreicht, spricht für einen sehr, sehr guten Trainingszustand. Das sollte Motivation und Antrieb für die nächsten Wochen geben.
Apropos Anftrieb. Wenn man bedenkt, welche Marathonzeiten heute bei der EM in Zürich, auf ähnlichen Streckenprofil wie bei euren Bestzeitenläufen in Kassel, erreicht wurden, dann sollte euch das sehr optimistisch stimmen. Gerade auch vor dem Hintergrund, da das Rennen recht wenig von Taktik geprägt war, da der Pole Chabowski bereits vor Kilometer 10 attackierte. ICh drücke euch auf jedenfall die Daumen für die kommenden Wochen und den Herbstmarathon. Mach weiter so und hoffentlich beschwerdefrei.
P.S. Kennt eigentlich jemand aus dem Forum der Streckencharakteristik der kommenden Großereignisse (WM,Olympia,EM)?