Ich möchte vorab darauf hinweisen, dass ich keine bezahlte Partnerschaft mit einem der genannten Hersteller habe. Ich gebe in diesem Artikel meine persönlichen Erfahrungen als Marathonläufer und Coach weiter.
Viele Marathonläufer oder solche die vorhaben einer zu werden, kennen die Schauergeschichten vom „Mann mit dem Hammer“, der sie bei 30, spätestens 35km erwarten soll.
Aber wer soll das sein? Vom Mann mit dem Hammer spricht man im Allgemeinen, wenn den Läufer beim Marathon auf dem genannten Streckenabschnitt unvermittelt alle Kräfte verlassen und man mehr oder weniger nur noch taumelnd vorwärts kommt, so als hätte man umgangssprachlich „eins mit dem Hammer übergebraten“ bekommen.
Aber was steckt dahinter? Verantwortlich für die schlagartige Kraftlosigkeit sind die erschöpften Glycogenreserven des Körpers, denn dieser speichert nur begrenzt Energie aus Kohlehydraten als Glycogen in der Muskulatur und Leber. In den Glycogenspeichern können etwa 600gr einlagert werden, was ca. 2400kcal entspricht.
Das Phänomen vom „Mann mit dem Hammer“ kommt zum Tragen, sobald die Glycogenspeicher vollständig entleert sind, d.h. die Kohlehydratreserven zur schnellen Energiebereitstellung während des Laufs aufgebraucht sind. Der Körper kann dann nämlich ausschließlich auf den deutlich langsameren Fettstoffwechsel zurückgreifen. Das bedeutet, die Energieflussrate ist geringer, es steht daher weniger Energie pro Zeiteinheit zur Verfügung, weshalb das Lauftempo gedrosselt werden muss bzw. ein plötzlicher Leistungseinbruch zustande kommt.
Wer bei internationalen Marathons wie dem Berlin Marathon genau hinsieht, wird feststellen, dass die schnellsten Männer häufig lange Zeit in einer großen Gruppe von bis zu 20 Läufern zusammen in der Führungsgruppe laufen. Ab Kilometer 30 beginnt die Gruppe dann, sich relativ schnell zu lichten und spätestens bei 35km sind selten mehr als drei Läufer an der Spitze übrig. Das liegt zum einen natürlich daran, dass i.d.R. einige aus der Gruppe als Pacemaker für 30-35km verpflichtet wurden und das Rennen planmäßig verlassen, bei den übrigen Athleten sind aber überwiegend energetische Defizite dafür ursächlich. Die Glycogenspeicher sind bei „Volllast“ nach etwa 90 Minuten erschöpft und das ist eben genau der Zeitpunkt kurz nachdem Weltklasseathleten die 30km-Marke passiert haben. „Volllast“ heißt hier nahe der anaeroben Schwelle, also so schnell, dass die muskuläre Energiebereitstellung gerade noch aerob stattfindet. Dabei werden die eingelagerten Kohlehydrate unter Sauerstoffverbrauch vollständig ohne Laktatakkumulation verbrannt.
Wie Abhilfe schaffen? Nun zur guten Nachricht: Während man bis in den Anfang der 2000er Jahre hinein mangels besserem Wissen oder hochentwickelter Wettkampfverpflegung darauf setzte mit langen, langsamen Nüchtern-Läufen den Fettstoffwechsel zu optimieren und den Körper so für den „Mann mit dem Hammer“ zu wappnen, ist man heute in Theorie und Praxis ein ganzes Stück weiter.
Dem Prozess der vollständigen Glycogenspeicherentleerung kann man entgegenwirken, indem man während des Rennens frühzeitig schnell verfügbare Kohlehydrate (z.B. in Form von Gels) zuführt und so die Reserven schont. Frühzeitig heißt, von Beginn an alle 5km und nicht erst, wenn man „Hunger bekommt“, denn das wäre bereits zu spät. Ein weiterer großer Vorteil der frühzeitigen Nahrungsaufnahme ist, dass der Magen noch entspannt und aufnahmefähiger ist, als zu einem späteren Zeitpunkt im Rennen, wenn der Anstrengungsgrad bereits fortgeschritten ist.
Die Energieaufnahme ist nämlich vorrangig durch die Belastbarkeit des Magens auf 60-90gr KH/h beschränkt, darüber hinaus kommt es i.d.R. zu Magen-Darm-Beschwerden aller Art (GI-distress). Manche Läufer vertragen sogar weniger bis keine Kohlehydrate während des Rennens, was ein klarer Wettbewerbsnachteil ist. Ich persönlich habe bis letztes Jahr immer auf Ultra Sports Gels zurückgegriffen, je eines in 250ml Wasser gelöst und diese Mixtur dann alle 5km getrunken. Damit bin ich, was den Magen betrifft immer beschwerdefrei durchgekommen. Welchen Hersteller man am besten verträgt, ist aber sehr individuell und sollte bereits bei den Longruns im Training mehrmals ausprobiert werden.
Bei Freizeitläufern kommt erschwerend hinzu, dass sie nicht wie die Eliteläufer alle 5km ihre eigene Flasche gereicht bekommen, sondern ihre Gels selbst mittragen müssen, was natürlich das Schlucken der zähen Masse ungemein erschwert. Da bleibt nur noch das Nachspülen mit Wasser an der Getränkestation, also sollte man immer einplanen, schon etwa 500m vorher das Gel zu leeren.
Bei vielen Veranstaltungen im Ausland werden aufgrund minderer Wasserqualität aus dem Hahn inzwischen kleine Fläschchen gereicht, was eine deutliche Erleichterung ist, aber in Deutschland ist der klassische Becher nach wie vor die verbreitetere Variante. Man muss als Freizeitläufer also ein Stückweit mit dem zurechtkommen, was geboten wird. Es sei denn man plant den Wettkampf akribisch durch und positioniert seine eigenen persönlichen Betreuer an entsprechenden Stellen zur optimalen Versorgung. Das kann natürlich nicht jeder der 40.000 Starter beim Berlin Marathon machen, wollen aber auch die Wenigsten, weshalb ich es jedem meiner Läufer empfehle. Schließlich investiert man so viel Zeit, Energie und Herzblut in die Vorbereitung, dass es doch schade wäre den Erfolg wegen unzureichender Energieversorgung aufs Spiel zu setzen. Die besten Marathonläufer der Welt und auch nationale Spitzenläufer, die wie ich die Möglichkeit haben, eigene Flaschen gereicht zu bekommen greifen inzwischen auf ein neues High-End-Produkt zurück. Die Firma Maurten hat mit ihrem „DRINK MIX“ eine bisher einzigartige Alginat-Hydrogel Technologie entwickelt, mit der Magenprobleme der Vergangenheit angehören sollen. Sobald die Flüssigkeit mit der Magensäure in Kontakt kommt, werden die KH eingekapselt und gelangen so ohne Probleme direkt in den Darm, wo sie zusammen mit Flüssigkeit und Salz umgehend absorbiert werden und schon kurze Zeit später zur Verfügung stehen. Im Selbstversuch kann ich bestätigen, dass ich den Energieschub bereits nach zwei Minuten spüre.
Zu schön um wahr zu sein? Dank dieser neuartigen und in der Praxis auf Herz und Nieren (u.a. von Arne Gabius und allen Siegern der 2016/17 Marathons in Berlin, Chicago, NY, Tokyo, Boston, London) erprobten Technologie kann nicht nur beschwerdefrei Energie aufgenommen werden, sondern dies auch noch in einer signifikant höheren Menge als bisher. Das Produkt gibt es nämlich in zwei Varianten: Der klassische „MIX 160“ liefert die bisher üblichen 40g KH/500ml und in der stärkeren Variante MIX 320 eben sogar 80g KH/500ml, d.h. je nach getrunkener Flüssigkeitsmenge bis zu 120g KH/h. Hätte ich es nicht selbst erfolgreich ausprobiert, würde ich es kaum glauben.
Inzwischen sind etliche ambitionierte Marathonläufer mit Maurten unterwegs und das Produkt längst kein Geheimtipp mehr.
Der Haken an der Sache ist allerdings, dass der MIX mit einem Pulver direkt im Wasser angerührt werden muss und es bisher noch keine Gel-Variante gibt. Damit bleibt die Technologie für die breite Masse vorerst impraktikabel, es sei denn man hat eben sein privates Betreuerteam vor Ort. Für Triathleten ist diese Neuerung aber zumindest auf dem Rad bereits anwendbar.
Natürlich spielt während des Rennens auch die Regulierung des Flüssigkeitshaushalts eine große Rolle. Eine zu starke Dehydrierung ist ebenfalls stark leistungsmindernd. Ausschlaggebend ist dabei zudem, den der Elektrolyt- und Salzverlust auszugleichen. Am einfachsten lässt sich der individuelle Flüssigkeitsbedarf ermitteln, indem man sich im Training vor und nach dem Longrun wiegt und die währenddessen aufgenommene Flüssigkeitsmenge davon abzieht. Es wird empfohlen, pro Liter Schweißverlust mindestens 0,8g NaCl (0,32g Natrium; 0,48g Chlorid) zu substituieren. Alle weiteren Infos und Details zum Thema Training bei Hitze hat mein Teamkollege und Arzt der Sportmedizin Charité Berlin, Dr. Paul Schmidt, bereits in einem Blogbeitrag zusammengefasst.
Ich persönliche greife auf Salztabletten von saltsick zurück, da diese als einziger mir bekannter Hersteller der Zusammensetzung von Schweiß entsprechen. Aufgrund eines erhöhten Salzbedarfs löse ich eine ganze Tablette pro 250ml auf.
Auf jeden Fall sollte man, wie bereits erwähnt, das Trinken während des Laufens beim Longrun üben und, falls notwendig, verschiedene Getränkemischungen testen. Ich möchte in diesem Zusammenhang nochmals darauf hinweisen, dass es ratsam ist schon früh im Rennen zu trinken und gegebenenfalls auch über dem empfundenen Durst hinaus.
Je nach individueller Schweißrate und Witterung sollte man beim Marathon von Beginn an alle 5km ca. 150-250ml Wasser mit mindestens 30gr KH und der individuell benötigten Menge Salz zu sich nehmen.
Wer diese Ratschläge beherzigt, wird dem „Mann mit den Hammer“ mit Sicherheit eher entkommen, oder ihm – was wünschenswert wäre – vielleicht sogar niemals begegnen. Natürlich kommt es in erster Linie aber auf das richtige Training an, sodass einem erfolgreichen Marathon nichts mehr im Wege steht. Hierzu könnt ihr mich als Coach buchen und ich stehe euch mit all meinem Wissen zur Verfügung!
Die alte Theorie vom ewigen Fettstoffwechseltraining ist meiner Meinung nach überholt, da über die gesamte Renndauer ausreichend Kohlehydrate zur Verfügung gestellt werden können und somit eine hohe Energieflussrate aufrechterhalten werden kann. Die aktuell geläufige Praxis und damit einhergehende Entwicklung der Marathonzeiten bestätigt meine Ansicht.
Wer zu den hier beschriebenen Mechanismen Genaueres wissen möchte, dem empfehle ich die Lektüre folgender wissenschaftlicher Artikel mit Praxisbezug, die auch ich als Quelle verwendet habe.
https://www.tandfonline.com/doi/pdf/10.1080/17461390801918971
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22450589
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23011657
https://journals.lww.com/acsm-csmr/Citation/2018/04000/Sports_Drinks_on_the_Edge_of_a_New_Era.4.aspx