Hallo ihr Lieben,
ich möchte mich zu allererst entschuldigen, dass es wieder etwas länger gedauert hat, aber der Stress mit der Uni und den Wettkämpfen in den letzten Monaten haben es leider nicht früher zugelassen.
Es ist wirklich viel passiert in letzter Zeit.
Beginnen möchte ich mit dem Wettkampf in Darmstadt.
Darmstadt:
Es war der 20.11.2016 und ich war heiß darauf, endlich mit der Cross-Saison zu starten. Ich habe viel trainiert, da ich eine Teilnahme bei der Cross-EM in Chia im Auge hatte.
Es war ein sonniger aber kalter Sonntag und ich war, wie IMMER vor den Rennen, extrem nervös. Verbunden ist dies immer mit leichter Übelkeit und dem ständigen Einreden, dass man selbst nicht fit ist. Meine Freunde und meine Familie, welche mich bei diesem Lauf begleitet haben, wissen jedoch genau, wie sie in solchen Momenten mit mir umzugehen haben. Durch striktes Motivieren und kleinen Ansprachen, machte ich mich wie gewöhnlich 45 min vor dem Start warm. (Nicht wundern, ich bin immer so spät dran. Ich warte heute noch auf den Tag, an dem ich den Start wirklich mal wegen meiner Trödlerei verpasse). Bei mir ist es so, dass ich beim Einlaufen meist schon versuche einzuschätzen, wie ich mich fühle und was heute geht (meistens liege ich aber mit der Einschätzung wirklich weit daneben). Ich fühlte mich gut nach meiner Einschätzung und so stand ich wenige Minuten später an der Startlinie und es ging los. Ich war mutig und selbstbewusst vorne mitgelaufen, da das Tempo meiner Einschätzung nach ok war. Nach der Hälfte jedoch merkte ich, dass ich definitiv nicht in den Schritt komme. Es lief einfach nicht. Jeder leichte Berg wurde zur Qual und nachdem ich wirklich von vielen Leuten eingesammelt wurde und mein Kältegefühl (ich hatte die ganze Zeit einen eiskalten Schauer auf dem Rücken) nicht wegging, stieg ich aus dem Rennen aus.
Es gibt nichts Schlimmeres, als bei einem Rennen auszusteigen. Ich war enttäuscht, zum Einen wegen dem geplatzten Traum der Cross EM und zum Anderen konnte ich es mir nicht erklären, wieso ich an dem Tag nicht fit war. Ich habe mich gut regeneriert und mich vor dem Start fit gefühlt.
Es hat einfach nicht sollen sein. Ich bedanke mich an der Stelle bei all meinen Begleitern,die immer Wunder vollbringen und mich nach solchen Niederlagen stützen und motivieren.
Tilburg
Ich habe lange überlegt und wollte Tilburg einfach nicht laufen. Der Zug für die Cross EM war abgefahren und meine Form war (anscheinend) auch im Keller. Ich hatte einen Tag vor dem Wettkampf noch Uni und wollte mich danach eigentlich nicht ins Auto quälen und 4h nach Tilburg fahren. Aber ich hatte auch ein Problem damit, vor dieser Herausforderung davon zu laufen (im wahrsten Sinne des Wortes). So fuhr ich doch noch nachmittags am 26.11 nach Tilburg, um mir dort mit meinen guten Freunden Tom Gröschel und Hendrik Pfeiffer ein Zimmer zu teilen. Es war wie immer sehr lustig mit den Jungs und ich vergaß für kurze Zeit den wichtigen Lauf morgen (der Lauf war insofern wichtig, da dort alle Interessenten für die Cross EM teilnehmen mussten, es waren inoffizielle Deutsche Meisterschaften also). Am nächsten Tag wuchs die Anspannung jedoch dramatisch. Je näher der Wettkampf kam, desto mehr realisierte ich, wie unglaublich stark dieser Lauf besetzt war. Neben den ganzen deutschen Top Läufern, waren viele internationale Läufer am Start, die sich auch für die Cross EM qualifizieren wollten und zusätzlich noch 10 Olympia-Teilnehmer. Das Einlaufen war, um es kurz zu fassen, beschissen. Ich fühlte mich schlapp und ich habe wirklich 20 min vor dem Start gedacht, dass ich nicht starten werde. Ich wollte mich nicht blamieren in dem Feld. Da ich mich aber geärgert hätte, 4 h nach Tilburg zu fahren, um dann 20 min vor Start einen Rückzieher zu machen, bin ich schließlich doch gelaufen.
Der Lauf war wie erwartet sau schnell und es ging gut ab im Feld. Aber ich fand dieses Mal schnell meinen Flow und es lief einfach unglaublich. Bei Kilometer 8 hatte ich sogar direkt Richard Ringer (der hat letztes Jahr den Lauf gewonnen) vor mir. Im Ziel hatte ich zwar dann 12 Sekunden Rückstand, aber mit einer Zeit von 30:50 auf 10 km Cross war ich sehr zufrieden. Mit einem 3. Platz bei der U23 und dem gesamt 26. Platz konnte ich überglücklich heimfahren.
Es war für mich mental so wichtig, diesen Erfolg zu haben, da es einem immer wieder zeigt, dass man es doch noch kann und nichts falsch gemacht hat. Nur ist es immer schwer, sich solch einer Herausforderung zu stellen und man hat auch einfach Angst davor.
Da ich bei diesem Lauf einen ordentlichen Vorsprung auf meine Konkurrenten in der U23 hatte, konnte ich mich überraschend doch für die Cross EM in Sardinien qualifizieren. Es war somit mein vierter internationaler Einsatz.
Sardinien-Chia:
Die eine Woche bis zum großen Rennen verging wie im Flug. Ich war überglücklich, meine Teamkollegen nochmal zu sehen (vor allem Amanal Petros). Die Stimmung war einfach unbeschreiblich mit den Jungs. Wir waren alle fokussiert und motiviert in Sardinien richtig einen rauszulassen (nicht nur bei der Abschluss-Party 😉 ). Der Abend vor dem Lauf war für mich einfach wieder die Hölle. Ich bekam Kopfweh und war wieder nur am jammern. Unglaublich, wie Aman das mit mir ausgehalten hat. Am nächsten Tag war es dann aber endlich so weit. Alle Schmerzen waren vergessen und ich war nur noch bei dem Lauf. Um 11:50 Uhr fiel der Startschuss und ab dann bin ich nur noch gelaufen. Ich habe auf das Publikum gehört und die ganze Zeit nur versucht, so viele Plätze wie möglich nach vorne zu kommen. Ich kam wieder in den Flow und das Rennen verging für mich wie im Flug. Man bekommt während dem Lauf fast nichts mit. Man ist ganz bei sich und komplett im Tunnel (es ist für mich die schönste Sucht, die es gibt). Das schönste Gefühl kam nach dem Rennen im Finisher-Zelt. Man sieht all die Menschen, wie sie komplett zerstört am Boden liegen oder sich in den Armen liegen. Es wird sich gratuliert und alle Nationen sind zusammen. Ich war mittendrin und einer von denen. Mit einem 21. Platz und einer sehr guten Zeit von 23:40 über 8 km war ich sehr zufrieden. Nach dem Lauf bin ich ans Meer, um die Eindrücke und Emotionen einfach sacken zu lassen. Da wird einem dann erst mal bewusst, was man da wirklich gerade erlebt und geleistet hat. Es sind Emotionen und Erlebnisse ,die unbeschreiblich sind. Und da wurde mir wieder klar, wieso ich diesen Sport so liebe und auch selbst betreibe. Da ist mir am Ende egal ,ob ich gewonnen habe oder 21. bin, Hauptsache ich bin zufrieden damit und ich durfte all das erleben.
Und ich will noch mehr davon. Es ist wie eine Sucht, nochmal die Ehre haben zu dürfen, Deutschland bei so einem Event zu vertreten und Teil einer so großen internationalen Familie zu sein, bei der jeder GLEICH ist, egal woher er kommt, wie er läuft und was er macht. Und genau das war einer meiner schönsten sportlichen Momente in meinem Leben.
KEEP RUNNUNIG und hört niemals auf zu Kämpfen, es ist niemals zu spät.
Euer Tobi