In wenigen Tagen wird dem Bodengranulat wieder ordentlich eingeheizt. Genau dann nämlich, wenn sich unsere Spitzenläuferinnen und -läufer bei den Deutschen Meisterschaften in Leipzig untereinander messen. Entweder laufen sie gleich mehrere Runden (3000m, Männer am Samstag, 18. Februar um 17:45 Uhr / Frauen am Sonntag um 17 Uhr) oder fackeln lediglich die Geraden ab (60m, Vorläufe beginnen Samstag ab 14:35 Uhr).
Darunter der „schnellste Wolf“ alias Sven Knipphals (31), der für den VfL Wolfsburg startet. Zuletzt beim Indoor Meeting in Erfurt am 28. Januar, wo er überraschend eine neue persönliche Bestzeit aufstellte und sich gleichzeitig den Sieg sicherte.
Und das, obwohl er nach den Olympischen Spiele lange gebraucht hat, „um wieder in Tritt zu kommen.“ Aber es läuft anscheinend wieder!
„Ja, erstaunlich gut. Das war wirklich überraschend. Bisher habe ich noch nie ein Meeting wie in Erfurt gewinnen können. Aber es hat mir gezeigt, dass ich doch die richtigen Trainingsmittel ausgewählt habe.“
Die Jahre haben ihn gelehrt, „keinen Unsinn mehr zu trainieren. Irgendwo trainiere ich ja sehr gerne und habe oft versucht, persönliche Bestzeiten im Training abzuliefern oder zu wiederholen.“
Dadurch ist die Luft aber irgendwann bereits im Training raus und wenn es am Tag X drauf ankommt, lässt die Leistung oft zu Wünschen übrig.
„Ich versuche daher im Training, nur wo es nötig ist, an die Leistungsgrenze zu gehen, aber nicht sinnlos darüber hinaus. Also nicht an falscher Stelle 110% abzufeuern, nur für die Selbstbestätigung.“
Diese gab es dann schließlich in Erfurt und stärkt natürlich das Selbstvertrauen, worauf Sven nun gut aufbauen kann.
Für die DM ist zunächst einmal das Ziel, ins Finale zu laufen. „Das habe ich über 60m bislang nämlich noch nicht geschafft. Die Leistungsdichte ist hoch. Du musst eine tiefe Siebziger Zeit rennen (also 6 Sekunden und 7 Hundertstel), um es ins Finale zu schaffen.“
Die 60m sind ja eigentlich nicht Svens Stärke, bzw. sein stärkster Teil des Rennens wird bei den 60m quasi rausgenommen.
„Ab 30/40m bekommt man normalerweise Top-Speed und versucht das dann so lange wie möglich aufrecht zu erhalten. Hier ist ja aber schon nach 60m Schluss. Ich selbst unterscheide mich explizit von anderen, dass ich diesen Speed eigentlich auch nach 60m gut halten kann, was mir in der Halle dann ja leider nichts bringt.“
Über 60m ist daher die Beschleunigung wichtiger.
„Einen guten Pickup, also früh und schnell auf Top-Speed kommen, was ich eben nicht so gut drauf habe.“
Genauso wichtig ist eine gute Reaktionszeit. Diese liegt im Normalfall bei ca. 15/Hundertstel. „Wenn du aber schon nach 11/100tel reagierst, bist du gleich 40cm vor dem Feld und das kann am Ende entscheidend sein.“
Bei 100m kannst du diese Reaktionszeit immer noch wett machen. Bei 60m allerdings hast du dafür keine „Zeit“.
Apropos… jetzt bleibt noch knapp eine Woche. Wie gehst du den Endspurt an?
„Ich habe die Norddeutschen Meisterschaften abgesagt und hab den Fokus erst einmal auf das ISTAF Indoor in Berlin (10.Februar) gesetzt, nachdem meine Achilles etwas gestreikt hat. Deshalb gönne ich mir eine kleine Pause und renne nicht sofort zum nächsten Wettkampf.“
Ansonsten passiert vor Leipzig nicht mehr so viel.
„Immer mal ein bisschen anticken, bisschen submaximale Kastensprünge. Das Feeling bekommen, seine Spikes anziehen, in den Block setzen. Kurzzeitig Spannung erzeugen und auf Betriebsgeschwindigkeit kommen, aber auch nicht mehr. Man sollte sich jetzt auch nicht nerval ausblasen.“
Also immer mit der Ruhe. Ziel ist es, am Tag X möglichst topfit zu sein.
2017 ist für Sven aber in gewisser Weise ein Übergangsjahr, denn 2018 steht die Leichtathletik EM im eigenen Land an.
„Das ist für uns natürlich etwas ganz ganz besonderes. 2017 ist die WM in London natürlich auch eine tolle Sache, aber der Blick ist trotzdem mehr auf Berlin gerichtet.“
Langfristig ist der Fokus gesetzt, kurzfristig staut sich jetzt aber erst einmal das Adrenalin für Leipzig. Wir sind gespannt, ob Sven sich tatsächlich zügeln kann, um am kommenden Samstag die gestaute Energie zu 110% abzufeuern. Dir schon einmal ganz viel Erfolg Sven!