Dienstag Abend erreichten wir – Hendrik und ich – gegen 21:15 Uhr das Wohn-Terrain der Familie Lange – sprich in jenen vier Wänden hausiert der uns bekannte Dirk. Dort durften wir die Nacht über das Zimmer im Dachboden beziehen, ehe es am nächsten Morgen weiter nach Dresden zum Larasch-Workshop ging.
Eine Etage höher entdeckten wir eine kleine Luke und folgten bei Pizza, Glutenfreien Baumkuchen und selbst gegorenen Apfelsaft auf dem Dach sitzend Dirks sympathischen Wortschwall. Bei den gefühlt tausend Sternen über Jena blieb die normalerweise sprudelnde Reporterin zur Abwechslung mal Wort-rar.
Morgens ging es dann früh los. Aber noch nie hat sich einer die Mühe gemacht (trotz süßem Kinderwirbel um sich herum), uns mit Frühstück zu wecken: gesund und frisch (wie es die Ramona gern hat – also ein Müsli und Obst) bzw. pragmatisch sättigend (wie es der Hendrik vorzieht – also zwei helle Brötchen mit bissl was drauf).
Wer Hendrik Pfeiffer kennt, der weiß nämlich, dass man ihm mit Superfood und ernährungstechnische Must-Dos nicht unbedingt penetrieren sollte. „Brot, Käse, Wurscht. Damit hat’s sich!“
Ich hätte ja nicht geahnt, dass sich meine geplante Homestory – Hendrik wollte mich nämlich bis zur DM am Sonntag (11. September) besuchen – zum großen Teil genau um dieses Thema dreht.
Während er sich beim Workshop in der Mittagspause noch die Pizzabrötchen bestellte und mit Kräuterbutter verputzte, genoss er die Autofahrt nach Hamburg wie er selber sagte als „meine letzten fünf Stunden in Freiheit!“
Denn – wer hätte gedacht – die rasende Reporterin durfte den Hendrik an die Hand nehmen und durch die Gemüse- und Obsttheke führen, über ominöse Erfindungen wie Quinoa oder Chiasamen aufklären und auf den Geschmack von Kurkuma, Amaranth und Zartbitter bringen.
Aber leichter gesagt, als getan! Ohne Witz jetzt, der Marathoni weiß rein gar nichts! Teilweise machte sich schmunzelnde Verzweiflung breit, als er den Unterschied zwischen kernigen und zarten Haferflocken nicht wusste.
Bei dem Wort „Soja-Hälften“ und „gepuffter Amaranth“ folgten nur fragende Blicke, aber positiv überrascht wurde ich, als ihm „Kohlrabi“ ein Begriff war, denn beispielsweise frische Rote Bete war es nicht.
In den nächsten Tagen war er MEINE professionelle Radbegleitung in den letzten Einheiten vor der DM und ich SEIN Ernährungscoach.
Im Crashkurs versuchte ich ihm also zu erklären, dass gesund nicht immer – im Sinne von Fastfood – schnell gehen kann und er sich für eine bewusstere Ernährung auch Zeit nehmen muss. Mit geschickten Handgriffen – wie beispielsweise gefrorene Beeren fürs Müsli zu verwenden, um so das aufwändige Obstschnippeln zu umgehen – versuchte ich es ihm dennoch so einfach wie möglich zu machen.
Mir lag ja auch was daran, den Herrn bei seiner Einsicht, sich zukünftig vielleicht etwas gesünder ernähren zu müssen, zu unterstützen.
Dass ich mir dabei gleichzeitig nicht gerade selten an den Kopf fassen musste, gehört wohl dazu, um das Know-nothing zu einem Know-How umzupolen.
Dazu gehörte beispielsweise unser Crashkurs im REWE, Lidl, Budni (ähnlich wie DM) und Alnatura. Hendrik lachte nur, als wir mit der Ware an der Kasse standen: „Was kaufen wir da ein? So gesund habe ich mich in einem ganzen Jahr noch nicht ernährt…“
Auch seine vorzeitige Skepsis, was das Frühstück betrifft, konnte ich mit meinem selbst gemischten Müslis wett machen.
Seine eintönigen Geschmacksnerven wurden geschult, indem ich auf sein: „Was ist denn da drin?“ nur ein: „Schmecke es raus!“ erwiderte. Zu meiner Freude klappte das ganz gut. Vor allem aber, es schmeckte ihm.
Wichtig war mir, dass Hendrik versteht, dass Fett nicht gleich schlecht ist, gesund auch satt machen kann und er sinnvoller Kohlenhydrate bunkert, als aus Weizenbrot und Pizza. Dass Brot nicht schimmeln muss, wenn man gleich eine Hälfte einfriert oder dass man aus Angst vor Fruchtfliegen nicht gleich ganz auf Obst verzichten muss.
Wichtig war mir auch, dass gesund essen nicht gleich ein „auf Diät sein“ bedeutet und dass es nicht um Kalorien-Einsparungen geht, sondern abwechslungsreicher Energiezuführung. Die Basis soll einfach stimmen, sodass am Ende auch die Pizza oder selbst die ganze Tafel Schokolade eine erlaubte Abwechslung sind. Denn Frustration bremsen die Beine genau so wie eine Nährstoffarme Ernährung.
Aber auch gesund kann schmecken 😉 Hendriks Highlight bislang: Kokossplitter im Müsli oder einen Löffel Caotina Kakao untermischen, der eine herbe Süße gibt und nicht wie es für Fertig-Müslis üblich ist, von sich aus bereits dreifach überzuckert ist.
Damit Hendrik die nächsten Wochen auch ohne mich klar kommt, habe ich ihm zusätzlich einen Ernährungsplan samt Rezepte geschrieben. So einfach wie nur möglich, damit der faule Koch nicht wieder seiner Bequemlichkeit verfällt.
Irgendwann wage ich mich dann dran, ihn auch mit Couscous, Bulgur und Zucchini-Nudeln zu konfrontieren. Aber zunächst will ich ihn kulinarisch nicht überfordern. Er soll einfach am Ball bleiben und sich auch die Zeit nehmen – seinem Körper zu Liebe – zehn Minuten länger in der Küche zu werkeln.
Ziemlich affektierter Quatsch!