Der erste Internationale Chemnitzer Citylauf ist Geschichte. Nachdem wie hier auf Larasch.de schon einige Eindrücke von den Rennen, sowohl in Text- als auch in Bildform, gewinnen konnten, möchte ich nun noch ein etwas anderes Fazit ziehen. Denn hinter einer Sportveranstaltung steckt natürlich auch immer ein hoher Organisationsaufwand, der gerade dann nicht zu unterschätzen ist, wenn ein solches Event zum ersten Mal stattfindet. Da das Team von Larasch.de hier selbst mit involviert war, stellt sich nun die Frage: Hat alles reibungslos geklappt? Oder was kann man beim nächsten Mal noch besser machen?
Man könnte es schon fast eine hinterhältige Taktik von Alex Pohle nennen, mich ausgerechnet am Tage meiner Operation zu fragen, ob ich denn einen Start beim Internationalen Chemnitz Citylauf für möglich halten würde.
Ob es nun Kalkül oder schicksalhafter Zufall war: Der Larasch-Mitbegründer, der auch als wichtiger Organisator der Chemnitzer Citylauf-Premiere fungierte, bekam just am selben Nachmittag einen Rückruf von einer vielleicht noch etwas benommenen aber deshalb umso heiterer gestimmten Franzi, nachdem sie aus ihrer OP-Narkose erwacht war. Anlass dieses launigen Gesprächs war meine euphorische Zusage für das Rennen.
Ja, kann schon sein, dass ich gerade noch im Krankenbett lag. Ja, kann schon sein, dass ich die nächsten Wochen erst mal auf Krücken durch die Gegend humpeln würde. Aber war ja alles halb so schlimm. Eigentlich fühlte ich mich schon jetzt wie neugeboren! Ich wäre am liebsten gleich aufgesprungen und losgerannt.
Es heißt ja immer, man soll nicht alle Versprechen, die Leute im Rausch geben, für bare Münze nehmen. Aber in diesem Fall habe ich meine Zusage auch noch ernst gemeint als ich wieder einigermaßen bei klarem Verstand war. Denn an Chemnitz hatte ich im Vorjahr mein kleines Läuferinnen-Herz verloren.
Und das nicht nur, weil ich dort mein letztes richtig gutes Rennen laufen durfte, bevor mein nun zum 101mal erwähnte/besungene/beklagte/verfluchte Verletzungs-Marathon begann. Sondern auch, weil mir das, damals noch unter dem Namen Chemnitz Marathon geführte Event, wirklich sehr viel Freude gemacht hatte:
Zusammen mit meinem Vereinskollegen Philipp Pflieger, ein paar weiteren EM-Startern und dem, mit diesem Rennen endgültig aus dem Wettkampf-Zirkus ausscheidenden, Andre Pollmächer stand ich bei strahlendem Sonnenschein an der Startlinie. Nach dem Startsignal ging es auf die 10km-Strecke, die eine Mischung aus Kopfsteinpflaster, Stadt-Asphalt und Park-Schotter war und immer gut begleitet von aufmunternden Rufen der überall verteilt stehenden Zuschauer. Außerdem gesellte sich irgendwann ein spontaner Pacemaker zu mir, der auf den letzten Kilometern sehr motivierend auf mich einzureden versuchte, während ich ihm versicherte, dass ich wegen meines EM-Starts in ein paar Wochen nicht komplett auf Anschlag laufen dürfte. Im Nachhinein war ich trotzdem sehr froh, dass er mich bis zum Zieleinlauf nicht allein lassen wollte, denn er erwies sich als sehr große Orientierungshilfe und bewahrte mich nicht zuletzt auch davor, von einer S-Bahn überfahren zu werden.
Ja, richtig gehört…
Denn so ist es nun mal mit jeder großen Veranstaltung. Es gibt eine Menge zu koordinieren, organisieren, managen, aufbauen. Und ganz egal wie akribisch man vorgeht: Es bleibt doch meistens noch irgendeine Sache, die doch schiefläuft. Und nun hatte man in Chemnitz eben nicht alle S-Bahn-Fahrer darüber informiert, dass an diesem Tag ein paar mehr verrückte Langstreckenläufer durch die Stadt jagen würden, die möglicherweise den sonst üblichen Rechts-links-rechts-Blick vernachlässigen.
Alles halb so schlimm. Einschließlich meiner Wenigkeit sind ja alle Läufer unfallfrei geblieben und wie gesagt: Pannen gehören auch bei Events, die schon lange Tradition und die Veranstalter eine dementsprechende Routine haben, immer mit dazu. Man denke an Situationen mit zu wenig Finisher-Medaillen im Ziel, fehlerhafter Zeitmessung oder falscher Rundenzählung. Alles nichts Neues. Alles schon passiert.
Aber wie sieht es dann bei Erstveranstaltungen aus? Bei Premieren? Wenn sich alles erst noch einspielen muss und alles noch nicht nach Automatismen abläuft?
Das war nämlich beim Internationalen Chemnitz Citylauf am vergangenen Wochenende der Fall und ich muss sagen: Dafür ist wirklich das Allermeiste richtig gut gelaufen!
Man hatte sich gegen den alten Marathon-Rundkurs entschieden und eine komplett neue Strecke entworfen. Sie ist eben, flach und bis auf einen ganz speziellen Punkt, auf den wir noch zu sprechen kommen, gefahrenfrei, auch was mögliche S-Bahn-Kollisionen betrifft und das Wichtigste: Sie macht viel Spaß. Denn es handelt sich nun wirklich um einen Straßen-Lauf durch die City, ganz ohne Parkgelände und Schotterstrecke, die natürlich auch ihre Reize hat, aber eben ein nicht ganz so flottes Tempo erlaubt.
Außerdem war gleich zum Auftakt des neuen Laufs ein wahrhaft illustres Feld an Laufprominenz am Start. Woran man das erkennen kann? Ganz einfach: Kurz vorher hatte sich doch tatsächlich die NADA angekündigt und ausgewählte Sportler des Rennens zur Dopingkontrollen aufgefordert. Das sportliche Niveau muss also dementsprechend hoch gelegen haben. Und darauf kann man bei der Premiere eines Sportevents doch mehr als stolz sein.
Auf diesen Lorbeeren bzw. denen der antretenden Athleten sollte man sich allerdings nicht ausruhen. Denn es kommt ja nicht nur auf eine elitäre Gruppe in erster Front an, sondern auch um ein breites Teilnehmerfeld dahinter.
Ich möchte vielleicht vor den folgenden kritischen Punkten anmerken, dass ich rein aus meiner Sportlerinnen-Perspektive spreche und lediglich die Eindrücke als „Mitläuferin“ in einer der Teamstaffeln schildere. Aber das ist für die Ausrichter schließlich das Wichtigste: Wie sie bei den Leuten, die mitmachen, ankommen.
Apropos ankommen: Das war ich Chemnitz leider so eine Sache. Denn das Wetter spielte am letzten Samstag leider den ganzen Tag über nicht so wirklich mit. Ständig Regenschauer, Wind, dunkle Wolken und herbstliche Temperaturen – nicht unbedingt läuferfreundliches Wetter.
Und trotzdem verwunderte es ein wenig, dass zwei Stunden vor Beginn der Wettkämpfe auf dem Veranstaltungsareal noch relativ wenig los war. Ein paar Stände waren aufgebaut, ebenso die Bühne sowie Start- und Zielbereich, aber richtige Wettkampfatmosphäre wollte nicht aufkommen.
Während der Athletenpräsentation schauten wir Sportler leider von unserem Podest in ein paar vereinzelte Zuschauergesichter. Die meisten hielten sich aber entweder in irgendeinem Cafe auf, um nicht nass zu werden oder waren gar nicht erst vor Ort.
In den nächsten Jahren kann man sicher noch daran arbeiten, Umkleidemöglichkeiten, eine trockene Indoor-Alternative für das Rahmenprogramm und außerdem ein paar Stände und Attraktionen mehr zu schaffen. Musik, vielleicht sogar Live-Acts helfen ebenfalls, ein bisschen mehr Stimmung zu erzeugen.
Denn die Leute sollen ja in die City geholt werden. Sie sollen für den Laufsport begeistert werden. Ob nun als Aktive oder als Zuschauer. Denn an der Strecke war leider auch während der Rennen ebenfalls noch nicht ganz so viel los. Da kann trockenes Wetter und ein paar Grad mehr auf dem Thermometer aber sicher auch noch wahre Wunder wirken.
Sicherheitstechnisch war dieses Mal allerdings wirklich alles top geregelt, selbst für Spezialisten wie mich, die Unfälle irgendwie magisch anziehen: Die Polizei fuhr den Startern voraus und war an neuralgischen Punkten mit Straßensperrungen im Einsatz. Außerdem waren die orangefarbenen Warnwesten der Streckenposten selbst nach Einbruch der Dunkelheit noch gut zu sehen. Einzig ein regelrecht monumentaler Schriftzug mit den Lettern „ZUHAUSE“, der irgendwann wie aus dem Nichts mitten auf der Strecke auftauchte, hätte zur Gefahr für Läufer in einem großen Pulk werden können. Dass tatsächlich etwas passiert sei, kam mir allerdings nicht zu Ohren – und wenn dem so wäre, wäre ich vermutlich eh die Erste, die involviert gewesen sein müsste. Wir denken an meine Orientierung und die S-Bahn…
Aus dieser Perspektive waren beim Citylauf also alle Teilnehmer gut umsorgt. Das ging sogar so weit, dass die Führungsradler manchmal deutlich verwirrter wirkten als die Läufer: Nachdem sich während meinem Lauf ein junger Mann auf zwei Rädern zu mir gesellt hatte, der sich durch sein Schild als „Führungsradler für die dritte Frau“ zu erkennen gab, versuchte ich, ihm zu erklären, dass ich leider erstens eine Staffel-Läuferin war (durch die rote Startnummer eigentlich gut zu erkennen) und zweitens auch nicht die insgesamt dritte weibliche Läuferin im Feld.
Aber vielleicht lag’s ja am dämmerigen Licht während des Citylaufs. Das ist eben doch ungewohnt, wenn man all die Jahre die Vormittags-Helligkeit des Chemnitz Marathons gewöhnt ist.
Und letzten Endes kamen wir ja alle gesund ins Ziel. Größtenteils waren wir glücklich, zufrieden und hätten uns dafür gerne auch bei der Siegerehrung gebührend feiern lassen. Leider ließ diese aber so lange auf sich warten, dass wieder ein ähnliches Szenario entstand wie wenige Stunden vor dem Rennen: Applaus für die Leute auf dem Podest gab es nur von ganz wenigen Händen und teilweise waren die zu Ehrenden selbst schon nicht mehr vor Ort.
Das dürfte also die wichtigste Aufgabe für die kommenden Jahre sein: Dafür zu sorgen, dass das ja wirklich international stark besetzte Rennen in der Region sowie in ganz Deutschland noch mehr Aufmerksamkeit bekommt und man in Scharen nach Chemnitz zum Citylauf strömt.
Dort wartet nämlich ein junges Event, dass die Laufszene in der vorherbstlichen Marathon-Zeit wirklich bereichert! Die Volldistanz des ehemaligen Chemnitz-Marathons mit 42,195 Kilometern machte hier irgendwann einfach nicht mehr so viel Sinn, da die Strahlkraft der großen Städtemarathons innerhalb Deutschlands eben überwiegt. Aber ein flotter 10er als Standortbestimmung im Training daraufhin, oder so wie Philipp Reinhardt ein erstes kleines Tempo-Rennen nach einer Trainingspause, macht doch allen viel Spaß und ist garantiert eine Reise wert.
Wem die drei Runden durch die City immer noch ein bisschen zu lange sind, kann entweder auf die kürzere 3,3km-Strecke ausweichen, oder aber wie ich mit einer Staffel an den Start gehen. Auch der Teamgedanke kommt in Chemnitz also nicht zu kurz.
Ich will die nächsten Jahre auf jeden Fall wieder dabei sein und miterleben, wie eine liebevolle Veranstaltung mit sehr viel Herzblut und Begeisterung für den Sport allmählich aus den Kinderschuhen wächst!
… Und das sage ich lieber jetzt gleich. Also nüchtern und nicht unter Einwirkung jeglicher hospitaler Narkotika und Opiate. Denn im Rausch verspricht man ja vieles 🙂