Wer Frühaufsteher ist und auch am Morgen den Fernseher laufen lässt, dem ist Sven Lorig sicher schon häufig über den Weg gelaufen. Der Moderator gehört quasi zum Inventar im ARD-Morgenmagazin. Doch Lorig flimmert nicht nur über die Mattscheibe, sondern ist auch einer von uns. Der 45-Jährige läuft und das gar nicht mal so langsam. Über seine Leidenschaft hat er in diesem Jahr ein Buch geschrieben. „Lässig laufen. Warum Fitness keine Folter braucht“, lautet der Titel, der seine ganz persönliche Botschaft beinhaltet: Laufen ja, durchaus auch ambitioniert, aber trotz allem soll der Spaß nicht zu kurz kommen.
Wer kennt ihn nicht? Den ehrgeizzerfressenen Läufer, der nur noch einen Blick für seine GPS-Uhr übrig hat und bei dem die Lust am Laufen einem krankhaften Zwang nach immer besserer Leistung gewichen ist. In seiner Jugend hat Lorig diverse Sportarten ausprobiert, doch wie es nun mal so ist, kam eine Phase, in der der Sport in den Hintergrund trat. Er lernte seine Frau kennen, gemeinsam kochten sie leidenschaftlich mit ordentlich Sahne und Butter – ziemlich lecker, aber kalorienreich eben. Die Waage bewegte sich auf die 100 Kilogramm zu. Irgendwann zog Lorig die Reißleine. Anstatt weiter eifrig den Kochlöffel zu schwingen, zog er die Laufschuhe an und lief los. Und startete damit in ein neues Leben.
Wie es bei vielen Läufern so ist, landete auch Lorig alsbald beim Marathon und kann immerhin eine Bestzeit von 3:13 Stunden vorweisen. Zufällig traf er auf Thomas Eickmann und meldete sich im Verein an, wurde sogar mal westdeutscher Meister mit der Mannschaft über zehn Kilometer. Mit Trainerguru Eickmann (Marathon-Bestzeit: 2:13 Stunden) hatte sich Lorig einen echt dicken Fisch geangelt. Von jenem Eickmann stammen auch die Trainerzitate in dem Buch. Beispiele gefällig? „Wie man sich fettet, so wiegt man.“ „Wer im Ziel nicht kotzt, hat nicht alles gegeben.“ „Wenn dir weniger als drei Körperteile wehtun, bist du quasi fit.“ Ganz ehrlich: Mich erinnern die Zitate an meinen früheren Trainer und haben mit lässig laufen nicht ansatzweise zu tun. Dies ist auch wirklich der einzige kleine Kritikpunkt an Lorigs Laufbuch. Lorig läuft in der Regel fünf bis sechsmal wöchentlich durch den Wald, kann sich ein Leben ohne seinen Lieblingssport nicht mehr vorstellen. „Laufen ist für mich wie ein Mini-Urlaub. Ein Schonwaschgang für Körper und Seele.“
In seinem Buch verrät er all seine Tipps und Tricks. Welche Ausstattung braucht man? Wie werde ich überflüssige Kilos los? Wie bleibe ich am Ball?
Lorig überzeugt mit seiner locker-flockigen Schreibe, seinen witzigen, unterhaltsamen Anekdoten rund um sein persönliches Läuferleben. Amüsant auch die lange Suche nach einem Titel, an der er uns teilhaben lässt. „Reden ist Silber, Laufen Gold“, „Und ewig lockt der Laufschuh“, „King of Waldweg“ oder „Lauf dir`n Wolf. Rotkäppchen hat`s auch nicht leicht“ waren vier Titelvorschläge aus einer Vielzahl von sicherlich nicht immer ganz ernst gemeinten Ideen.
Lorig ist Profi, das merkt man dem Buch an – ob als Moderator, Journalist oder Autor. Ich musste während des Lesens häufig schmunzeln, manchmal lauthals lachen und hin und wieder nahmen die Episoden Wendungen, mit denen ich nicht gerechnet hatte. Da ließ sich Sven Lorig doch glatt EPO andrehen, um endlich die magische Drei-Stunden-Grenze zu knacken. Dieser Sven Lorig, der so sympathische, eloquente Mann aus dem Fernsehen. Ehrlich: Ich war in diesem Moment entsetzt, bebte innerlich. Zum Glück löste Lorig die Situation schnell auf. Der Autor hatte kein Doping genommen, nein, er wollte einfach nur darstellen, wie leicht es doch ist, an Dopingmittel ranzukommen. Ich atmete tief durch und war froh, mich doch nicht getäuscht zu haben. Dass der Schritt zum Doping auch bei Freizeitläufern alles andere als groß ist, das zeigen zahlreiche Studien. Und davon ist auch Lorig überzeugt.
Dennoch hat er bis jetzt den Spaß am Laufen nicht verloren. Und auch ich werde den Glauben an das Gute im Menschen nicht verlieren.
Lorig, Sven: Lässig laufen. Warum Fitness keine Folter braucht. ISBN: 978-3-404-60871-3. Köln: Bastei Lübbe, 317 Seiten, 9,99 €