Besseres Schuhwerk oder leichtere Kleidung machen zwar nur einen kleinen Teil aus, begünstigen aber ohne Zweifel schnellere Zeiten. Trotzdem vertrete ich den Standpunkt, dass erfolgreiche Athleten in erster Linie durch hartes Training geformt werden. Wie fortschrittliche Technologie einen Läufer tatsächlich voranbringen kann, erfahre ich aber erst jetzt so richtig am eigenen Leib. Paradoxerweise während ich verletzt bin.
Leider bringt in meinem Fall eine Achillessehnenoperation eine längere Zwangspause mit sich, in der an Laufen im herkömmlichen Sinne monatelang nicht zu denken ist. Die unangenehmen Aussichten kennt jeder Sportler: Aquajoggen, Radfahren auf der Rolle und eventuell Schwimmen. Das gefällt uns Läufern gar nicht. Vor allem, wenn es nicht um Wochen, sondern um Monate geht! Klar, dass ich in diesen Zeiten besonders empfänglich für Auswege aus dieser Lage bin. Meine Rettung war das Alter Gravity-Laufband (AlterG).
Was hat es damit auf sich? Um möglichst frühzeitig nach einer Operation wieder in die gewohnten Bewegungsabläufe zu kommen, lässt sich das Laufband auf einen prozentualen Anteil des Körpergewichts herunterregeln. Dafür befindet man sich hüftabwärts in einer luftdichten Kammer, in der sich der Luftdruck verändern lässt. So lässt sich ziemlich genau einstellen, mit welcher Belastung man sich wieder ans Gehen oder Laufen herantasten möchte. Außerdem ist das AlterG für stark übergewichtige Menschen eine echte Option. Und ich muss sagen: Mit 20 Prozent des eigenen Körpergewichts zu laufen, fühlt sich verdammt cool an! Neil Armstrong wäre neidisch gewesen. Oder auch nicht: Die Technologie geht auf die NASA zurück, mit der Astronauten auf die Zeit im Weltall vorbereitet werden sollten – kein Scherz!
Glücklicherweise verfügen sowohl das RehaMed in Herxheim, in dem ich die ersten Wochen nach der Operation verbracht habe, als auch die mit meinem Verein kooperierende Ruhr Sport Reha in Bochum über diese modernen Laufbänder. Kaum zu glauben: Nach zwei Wochen war ich schon wieder mit zehn Stundenkilometern unterwegs und das, obwohl ich im Alltag noch Krücken tragen musste. Natürlich war und ist auch jetzt noch große Vorsicht geboten. Denn das gute Gefühl auf dem Band verführt schnell dazu, die Geschwindigkeit zu überziehen. Fast ausgeschlossen ist hingegen, dass man die Gewichtsbelastung unabsichtlich erhöht. Allein bei einer Erhöhung des Gewichts um 20 Prozent während der selben Einheit, habe ich mich gefühlt, als wären plötzlich Steine an meinen Beinen befestigt worden.
Das AlterG-Laufband bietet mir während der immer noch andauernden Reha eine tolle Abwechslung zum äußerst monotonen Aquajoggen oder dem noch zäheren Radfahren auf der Rolle und macht richtig Spaß. Mittlerweile bin ich schon regelmäßig mit 60 Prozent des Körpergewichts unterwegs und kann dabei problemlos Geschwindigkeiten von 19 km/h erreichen. Auch wenn die Anstrengung dabei natürlich nicht so hoch ist, wie bei einem normalen Dauerlauf in diesem Tempo, sollte man die entstehende Motivation durch das ähnlich gute Laufgefühl wie man es draußen hat nicht unterschätzen.
Ich werde vor allem im Marathontraining auch nach der Verletzung weiter mit dieser Technologie arbeiten. Die Idee, 40 von 200 Wochenkilometern auf das AlterG zu verlegen, um Verletzungen vorzubeugen, macht Sinn. Reizvoll ist vor allem, dass man im gesunden Zustand mit 60 bis 80 Prozent als Spitzenathlet problemlos die Höchstgeschwindigkeit von 19,2 km/h eine Stunde lang laufen kann und damit ungefähr den selben Effekt auf das Herz-Kreislauf-System haben müsste, wie bei einem normalen Dauerlauf. Doch der Körper kann sich gelenkschonend an einen viel schnelleren Schritt anpassen. Auch Topathleten wie Mo Farah und Galen Rupp trainieren regelmäßig auf dem Anti-Schwerkraft-Laufband und sind damit erfolgreich. Für mich ein weiterer Grund, das auch nach meiner Verletzung auszuprobieren.
Ich möchte alle Leser, die auch schon mit dem AlterG gearbeitet haben, ermutigen, ihre Erfahrungen in den Kommentaren zu teilen.