Nicht verwunderlich, dass mir Simon Boch (LG Telis Finanz Regensburg) auf die Frage „Was bisher sein größter Erfolg war?“ antwortet:
Das waren definitiv die Deutschen Meisterschaften über 10.000m in Bautzen dieses Jahr.
Denn… Wer den Livestream bis zum Ende mit verfolgt hat und sich nicht von dem etwas ominösen Remix im Hintergrund hat beirren lassen, der hat auch Simons Endspurt mitbekommen. Wie er mit starkem Schritt den bis dato führenden Amanal Petros (SV Brackwede) plötzlich auflief und sich den Titel mit stolzen 29;13,60min sicherte.
Ein unfassbar spannendes und ergreifendes Rennen:
Ich wusste, dass ich gut drauf bin und habe eine Medaille angepeilt. Doch durch das starke Teilnehmerfeld war alles möglich.
Das Tempo war zwar von Anfang an hoch, aber besonders in den letzten drei Runden drehten die Zylinder noch einmal auf.
Auf den letzten 200m war mir bewusst, dass ich dieses Rennen sogar gewinnen kann!
Also legte Simon noch einen drauf und stürmte mit deutlichem Abstand vor Amanal ins Ziel.
Dort wurde er dann von den Emotionen völlig überrant:
Ich hatte sogar ‚Pipi in den Augen‘ 😉 Als Kurt mir entgegengerannt kam (ich wusste gar nicht, dass Kurt so schnell rennen kann 😀 ) und mich umarmt hat, mich gar nicht mehr loslassen wollte, habe ich es erst realisiert, dass ich deutscher Meister geworden bin. Ich war total geflasht.
Die tiefe Umarmung spricht für das innige Verhältnis mit seinem Trainer Kurt Ring und seinem Verein, der LG Teils-Finanz Regensburg.
Der spielt für mich eine sehr große Rolle. Ohne den Verein hätte ich es nicht geschafft.
Gezeichnet von vielen Verletzungen war Simon 2014 noch kurz davor, das Laufen aufzugeben. Bis er plötzlich Kurt Ring am Telefon hatte, der ihm vorschlug, nach Regensburg zu kommen und zu schauen, ob es ihm vielleicht dort zusagt.
Es hat mir so gut gefallen, dass ich nochmal einen Versuch starten wollte. Entscheidend ist hier, dass ich ein starkes Team habe, welches das Training immer wieder erleichtert. Wir unterstützen und pushen uns gegenseitig. Aber auch, dass ich im Athletenhaus wohnen kann, ist eine tolle Möglichkeit, mit der uns der Verein sehr entgegenkommt.
Was hat sich im Training geändert? Worauf legst du heute mehr Wert?
Durch meine vielen Verletzungen in der Vergangenheit lege ich Wert auf Schotter- und Feldwege bei den Dauerläufen.
Aber auch, mehr auf seinen Körper zu hören. Darauf weist ihn sein Trainer Kurt Ring immer wieder hin.
Durch die Verletzungen der letzten Jahre fehlen mir halt viele Kilometer und somit auch die Substanz für das harte Training.
Bedeutet, manchmal muss man sich etwas zurücknehmen und darf seinen Körper nicht überstrapazieren, sondern muss die Signale des Körpers ernst nehmen. Übereifriger Ehrgeiz kann sonst nämlich auch nach hinten los gehen. Und wer wie Simon Siegeshungrig ist, der will zuweilen stur mit dem Kopf durch die Wand.
Ja, das ist tatsächlich eine Schwäche: mein Dickkopf!
Zu seinen Stärken allerdings gehören ganz klar der Endspurt. Der Führungsmann ist noch nicht save, solange Simon im Nacken lauert. Und Bautzen hat gezeigt, dass die Entbeschleunigung länger als nur für wenige Meter reicht.
Sobald das Laufen jedoch wortwörtlich mal nur neben herläuft, ist Simon eigentlich die Ruhe und Gelassenheit in Person. Ausgeglichen und bodenständig.
Wobei sich diese Ausgeglichenheit auch im Training zeigt und letztlich auch sein Erfolgsrezept ausmacht:
Es ist die Balance zwischen Training und Regeneration.
Spätestens im Wettkampf aber zündet er dann alles, was vielleicht die Nerven unterschwellig strapaziert hat. Aber bevor der Startschuss fällt, gilt auch weiterhin die Devise:
Viel Ruhe und am besten Ablenkung!
Vielleicht gibt es ja genügend Störfeuer, dass dann bei der nächsten Gelegenheit über 1.500m gezündet werden kann und seine anvisierte Zeit von 3:45min ermöglicht.
Langfristig gesehen möchte sich Simon schrittweise in der europäischen Spitze etablieren.
Und das ist es auch, was Simon motiviert:
Meine Leistungen weiter zu steigern.
Ergänzt durch sein Motto: „Sieger zweifeln nicht, Zweifler siegen nicht“
Mit dieser Einstellung im Kopf, wie gestaltet sich dann ein typischer Tag bei dir?
Morgens stehe ich früh auf, um die erste Trainingseinheit zu starten. Danach freue ich mich auf ein ausgiebiges Frühstück an einem arbeitsfreien Tag. Am Nachmittag darf ein Power-Nap nicht fehlen, ehe es dann zur zweiten Trainingseinheit geht. Am Abend kochen wir gemeinsam im Athletenhaus und der Tag wird mit meinem Mitbewohner Moritz Beinlich an der Konsole abgerundet 😉
An dieser Stelle einen kurzen Schwenk ins Abseits: Was machst du neben dem Sport?
Anfang des Jahres habe ich meine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann in einem Lauf- und Berggeschäft abgeschlossen und arbeite nun dort auf Teilzeitebene. In meiner Freizeit hingegen bin ich gerne mit meiner Freundin unterwegs, schaue Filme und gehe in die Stadt zum Shoppen und Kaffeetrinken.
Klingt ausgeglichen! Auf dass Du auch weiterhin deine gesunde Mitte findest und die Balance hältst, damit du uneingeschränkt an deiner Form feilen und dein Potenzial zu gegebener Zeit abrufen kannst!
Viel Erfolg weiterhin, Simon!